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Zoff um AKS-Übertragung: Was ist Fußball in Nordhausen wert?

Dienstag, 10. Juli 2018, 20:31 Uhr
Es hätte alles so schön sein können: Der Albert-Kuntz-Sportpark wird an den Landkreis übertragen. Das Rathaus und dessen Stadtrat sind ein lästiges Übel los und die Fußballvereine der Stadt können sich endlich über tolle Trainingsbedingungen freuen. Hätte, denn es gibt Zoff um eine Zahl...

Das Schachern um eine Zahl (Foto: nnz) Das Schachern um eine Zahl (Foto: nnz)
Eigentlich war es schon ein Erlebnis der besonderen Art, als in der zurückliegenden Sitzung des Nordhäuser Stadtrates beschlossen wurde, den AKS zu übertragen. Aber Politik ist nur in den seltensten Fällen geradlinig, sondern liebt die Umleitungen, mitunter auch die in Sackgassen.

Und solch eine Sackgasse könnte sich nun in der Zahl "71.000 Euro" auftun. Das ist die Summe, die der Stadtrat nach Übertragung und Umbau dem Landkreis als jährlichen Zuschuss zubilligte. Aufgelistet aus dem Haushalt 2017 sind da zu finden:
  • Betriebskosten: 33.076,780 Euro
  • Unterhaltung: 32.956,54 Euro
  • Versicherung: 2.949,83 Euro und
  • Bauhof: 2.078,58 Euro.
Macht zusammen 71.061,65 Euro. Und die Stadt lässt auf nnz-Anfrage mitteilen, dass im Rahmen der Kreisausschusssitzung (nicht Kreistagssitzung) die dort diskutierten jährlichen 200.000 Euro nicht nachvollzogen werden können. Vielleicht hätte das Rathaus etwas im eigenen Archiv "blättern" sollen, denn noch im Jahr 2013 lag die Summe der erbrachten Leistungen bei 235.945,00 Euro und es gab bislang keinerlei Information einer drastischen Kürzung der Unterhaltungskosten für den AKS.

Ausriss aus einem öffentlichen Dokument der Stadt vom Januar 2015 (Foto: Stadt Nordhausen) Ausriss aus einem öffentlichen Dokument der Stadt vom Januar 2015 (Foto: Stadt Nordhausen)
Und es wird noch undurchsichtiger, wenn man auf eine Pressemitteilung des Rathauses aus dem März 2016 zurückgreift, in der damalige Oberbürgermeister Dr. Klaus die Übertragung des AKS an Wacker Nordhausen ankündigt und festgestellt wird, ...dass in den letzten Jahren jährlich rund 100.000 Euro aus der Stadtkasse für Unterhaltung und Betrieb des AKS fließen. Da kann einem schon ordentlich schwindlig werden.

Zurück aber zur tagesaktuellen Antwort aus dem Rathaus. Darin wurde dem uninformierten Schreiberling erläutert, dass ja auch die Kreisumlage eine Rolle beim Blick in die Glaskugel gespielt haben könnte: Die Stadt Nordhausen finanziert über die Kreisumlage immer 54 Prozent der Aufgaben des Landkreises. Zum Beispiel finanziert die Stadt Nordhausen über die Kreisumlage die Betreibung des Hallenbads in Sollstedt (Betreibung erfolgt durch die Servicegesellschaft des Landkreises). Insofern würde dies für den AKS bedeuten, dass die Stadt zusätzlich zur Finanzierung der Betriebskosten des AKS über die Kreisumlage, auch die oben genannte Summe von 71.000 Euro gemäß Stadtratsbeschluss vom 28.06.2018 beisteuert. Die Übertragung des AKS soll nach dem Sportfördergesetz erfolgen. Damit werden Vermögenswerte in Höhe von 1,2 Millionen Euro der Allgemeinheit aller kreisangehörigen Kommunen des Landkreises Nordhausen zur Verfügung gestellt (in diesem Zusammenhang stellen die 71.000 Euro eine freiwillige Leistung der Stadt dar).

Bislang war aber die Unterstützung des Sports immer eine freiwillige Aufgabe einer Kommune. Wie dem auch sei, wir wollen uns der Aussage mit den Vermögenswerten kurz zuwenden. Da die Stadtverwaltung die Doppik anwendet, muss die Abschreibung auf Vermögenswerte durch Einnahmen erwirtschaftet werden. Bekannt ist, dass dies immer wieder zu "Unannehmlichkeiten" bei der Erstellung der Haushalte führte. Und so kann das Rathaus eigentlich in die fiskalischen Händchen klatschen, wenn künftig die Abschreibungen auf die 1,2 Millionen Euro entfallen.

Ein zweiter Blick auf ein anderes Vorhaben, der Sanierung des Theaters. Dem steht (außer der Höhe des Vorhabens) meinerseits nichts im Wege, denn Vermögenswerte müssen erhalten werden. Nur finanziert der Landkreis über seine GmbH-Anteile auch den laufenden Betrieb. Das sind bei 10 Prozent eben rund eine Million Euro. Zieht man nun die 54 Prozent der von Nordhausen zu leistenden Kreisumlage heran, dann bezuschusst die Stadt Nordhausen das Theater nicht nur mit rund drei Millionen Euro, sondern mit 3,5 Millionen Euro. Seit Jahren ist das kein Problem, warum wird es beim AKS aber genau dazu gemacht?

Die Antwort ist immer die gleiche "Leier": der Fußballsport hatte und hat nie eine wirkliche Lobby in der haupt- und in der ehrenamtlichen Nordhäuser Politik, obwohl - rein werbetechnisch betrachtet - die mit Abstand meiste Sendezeit im Heimatfernsehsender über den Wacker-Fußball gewidmet wurde, meist jedes Wochenende mindestens zweieinhalb Minuten. Das hat schon was.

Hier soll auf keinen Fall - wie mitunter behauptet wird - das Theater und seine Lobby gegen Wacker und dessen Lobby ausgespielt werden. Hier geht es lediglich um Gleichbehandlung, um Fairness. Wie bei einem Fußballspiel. Nur: warum für ein neues Stadion das Land 6,5 Millionen Euro ausgeben will und für ein "aufgepepptes" Theatergebäude, für das der Nutzer oder Mieter nicht einmal Miete zahlen muss, am Ende des Aufpeppens vermutlich 30 Millionen Euro zu zahlen sind, das erschließt sich mir nicht unbedingt, vor allem nicht mit dem Blick auf die demografische Entwicklung schlechthin.

Wichtig ist jetzt, dass es wegen dieser Zahl von "71.000" keine Verzögerung in den Verhandlungen zwischen Stadt und Landkreis und damit keine Fahrt in eine Sackgasse geben wird. Vermutlich wird bis Ende August ein Kompromiss, also eine Umleitung, gefunden. Schließlich befinden wir uns mitten in der Politik, in der die "Gerade als kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten" nur sehr selten vorkommt.
Peter-Stefan Greiner
Autor: red

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