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Stolperstein-App vorgestellt

Stolpern erwünscht!

Mittwoch, 09. Mai 2018, 14:00 Uhr
Es ist das größte dezentrale Denkmal in Europa - 61.000 Stolpersteine erinnern in Deutschland, Frankreich, Ungarn, Polen und vielen anderen Orten an die Opfer des Nationalsozialismus. 34 der Steine finden sich auch in Nordhausen. Wer sie finden will, kann das demnächst auch digital tun, eine Gruppe Schüler hat eine entsprechende App auf den Weg gebracht und sich auch mit der Frage auseinandergesetzt wie bekannt die Steine in Nordhausen eigentlich sind...

Stolperstein App vorgestellt (Foto: Angelo Glashagel) Stolperstein App vorgestellt (Foto: Angelo Glashagel)

Die kleinen Gedenksteine, in etwa so groß wie ein gewöhnlicher Pflasterstein, werden seit Mitte der 90er Jahre vom Künstler Günther Demnig vor den letzten freiwillig gewählten Wohnorten von Opfern des Nationalsozialismus in den Boden eingelassen.

In Nordhausen wurden über die Jahre immer mehr dieser kleinen Denkmäler gesetzt, 34 sind es inzwischen. Doch wissen die Nordhäuserinnen und Nordhäuser eigentlich was es mit den Steinen auf sich hat? Eine Gruppe Schüler des Herder-Gymnasiums befasste sich im Rahmen ihrer Seminarfacharbeit mit dieser Frage, den Steinen selbst und den Schicksalen, die hinter den Namen und Zahlen stehen.

In langen Stunden im Nordhäuser Stadtarchiv suchten die Schüler alte Dokumente, erstellten Biographien und sichteten Bildmaterial. Als Teil der Arbeit führten die Gymnasiasten auch eine kleine Umfrage unter der Nordhäuser Bürgerschaft durch und wollten wissen ob die Kunstaktion in der Stadt ein Begriff ist. Mit 62,3% Zustimmung zeigte sich, dass die Mehrheit der Nordhäuser weiß um was es sich bei den Stolpersteinen handelt, dass aber auch viele nicht wissen warum sich in der Stadt überall kleine, beschriftet Pflastersteine befinden. Die höchste Zustimmungsrate fand sich unter den 75 bis 90jährigen, berichtete die Gruppe gestern, die niedriegsten Werte fanden sich in der Gruppe der 15 bis 30jährigen.


Auf den Steinen selber steht nicht mehr als ein Name, ein Geburtsdatum und, soweit bekannt, der Ort des Todes. Hintergrundinformationen boten bisher Flyer oder auch eine Broschüre welche die Schicksale hinter den Daten zusammenfasste. Nur waren diese in dem Moment unvollständig, in denen neue Steine gesetzt wurden. Die Idee die im Archiv gewonnen Informationen in einer App aufzubereiten die man ständig aktualisieren und je nach Bedarf erweitern kann lag für die jungen Leute da nahe.

Das "Nebenprodukt" ihrer Facharbeit konnte die Gruppe mit tatkräftiger Unterstützung durch Vertreter der Stadt, wie Dr. Cornelia Klose, Experten in Sachen Geschichte wie Dr. Manfred Schröter, Designer Steffen Mund und Programmierer Sebastian Ziegler gestern im Ratssaal präsentieren: die App "Stolpersteine Südharz". Fast alle Nordhäuser Stolpersteine sind in der App auf einer Karte verzeichnet und mit einer kurzen Information versehen. Wer mehr wissen will, muss sich auf den Weg machen, nur vor Ort schaltet das Programm alle Informationen frei. Wer mindestens zwölf Stationen ansteuert, erhält als kleinen Bonus einen weiteren Einblick in die Nordhäuser Geschichte während des Nationalsozialismus.

Sie sei stolz das es Jugendliche gebe, die sich aktiv für die Vergangenheit interessierten und nach neuen Formen des Erinnerns suchten, sagte Heike Roeder, Lehrerin und Betreuerin der Seminarfachgruppe. Noch sind nicht alle Steine verzeichnet, erst jüngst wurden in Nordhausen fünf weitere Stolpersteine gesetzt. Die Seminarfachgruppe wird diese Informationen wohl nicht mehr nachtragen, das Ende der Schulzeit ist für das Quartett bereits in Sicht. Aber es haben sich bereits Nachfolger gefunden, die das Projekt weiter führen wollen und die nötigen Informationen bereits zusammengetragen haben. Freiwillig und ohne Noten-Anreiz.

Angedacht ist auch, die App auch für andere Orte des Südharzes nutzbar zu machen. Ab dem 1.7. soll die App "Stolpersteine Südharz" in den einschlägigen App-Stores für mindestens drei Jahre zu finden sein.
Angelo Glashagel
Autor: red

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