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Herdenschutz statt Wolfsbejagung

Der Tag des Wolfes

Sonnabend, 28. April 2018, 10:24 Uhr
Der NABU Thüringen mahnt am 30.04., dem „Tag des Wolfes“, zur Besonnenheit beim Thema Wolf. CDU/CSU und FDP sollten nicht den Wolf zum Sündenbock machen, um auf billigen Stimmenfang nach Wählern zu gehen...

Die Naturschützer fordern vielmehr konstruktive Lösungen wie eine nachhaltige Unterstützung von Weidetierhaltern sowie die Ausweitung der Förderkulisse für Herdenschutzmaßnahmen auf ganz Thüringen.

Schäfer und Weidetierhalter wünschen sich für ihre tägliche Arbeit und beim Thema Wolf mehr Unterstützung. Diese Situation nutzen einige Politiker – vornehmlich von CDU/CSU und FDP – zur Verbreitung ideologisch gefärbter Märchenklischees, anstatt nach konstruktiven Lösungen zu suchen. Sie möchten den Wolf "regulieren", "scheu schießen", "bewirtschaften" oder einer "Schutzjagd" unterstellen. „Die Jagd auf den Wolf löst weder die realen, wirtschaftlichen Probleme von Schäfern und anderen Weidetierhaltern, noch kann sie einen wirkungsvollen Herdenschutz ersetzen“, sagt Martin Schmidt, der Vorsitzende des NABU Thüringen. „Wir halten diese von skurrilen Begrifflichkeiten geprägte Diskussion für weitgehend überflüssig. Der Freistaat hat bereits einen Managementplan für den Wolf in Thüringen, der ganz klar auch den Umgang mit auffälligen Wölfen regelt.“

Thüringer Wölfin bei Ohrdruf (Foto: Stefan Böttner) Thüringer Wölfin bei Ohrdruf (Foto: Stefan Böttner)

Thüringer Wölfin bei Ohrdruf. Foto: Stefan Böttner

Wer nach der Bejagung des Wolfes ruft, offenbart möglicherweise mehr Interesse an einer Trophäe über dem heimischen Sofa als den Willen den Betroffenen brauchbare Lösungen in Form von wirtschaftlichen Hilfen anzubieten. Schon einmal wurde der Wolf in Deutschland gejagt und ausgerottet. Schutzbemühungen haben dazu geführt, dass er sich wieder auf natürliche Weise ausbreiten kann. Von der Rückkehr der Wölfe sind Schäfer und Weidetierhalter tatsächlich betroffen. Aber viele Politiker, die jetzt laut nach einer Bejagung des Wolfes rufen, haben im Wesentlichen zu verantworten, dass Schäfer und Weidetierhalter in den letzten Jahrzehnten bei der Verteilung der nicht geringen Agrarförderungen immer weiter vernachlässigt oder übergangen worden sind und auch ohne Wolf am Rande der wirtschaftlichen Existenz stehen. Von den satten Förderprämien profitieren noch zu oft industriell strukturierte Agrargroßbetriebe mit teils fragwürdiger Massentierhaltung und dem Anbau von pestizidbelasteten Monokulturen, wie Mais und Raps. „Mit Natur- und Artenschutz hatte diese Förderpolitik bislang nicht viel zu tun. Schäfer und Weidetierhalter verstehen wir dagegen als unsere Partner im praktizierten Natur- und Artenschutz. Sie liefern uns beste Naturprodukte“ erklärt Martin Schmidt. „Landwirtschaftliche Leistungen für den Naturschutz müssen endlich honoriert werden. Bei den aktuellen Verhandlungen über die Zukunft der Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) nach 2020 müssen die Weichen in diese Richtung gestellt werden. Dann müssen Schäfer und Weidtierhalter auch nicht mehr um ihre Existenzen bangen.“

Unterstützung erhalten Schäfer momentan vom Umweltministerium durch die Thüringer Förderrichtlinie Wolf sowie die geplante Schaf- und Ziegen-Prämie mit der Schäfer zukünftig 25 Euro pro Muttertier und Jahr erhalten. „Wenn wir die Sorgen und Nöte der Menschen zum Thema Wolf ernst nehmen möchten, dann müssen wir über Lösungen diskutieren, die intelligent und sinnvoll sind. Aus unserer Sicht ist es deshalb wichtig, auch die Förderkulisse für Herdenschutzmaßnahmen auf ganz Thüringen auszweiten“, fordert Silvester Tamás, der Sprecher der Landesarbeitsgruppe Wolf im NABU Thüringen. „Dies ist durchaus sinnvoll, denn es ist jederzeit mit der Einwanderung von Wölfen aus den angrenzenden Bundesländern mit bereits etablierten Wolfsvorkommen zu rechnen. Der jüngste Wolfsnachweis aus dem Saale-Orla-Kreis zeigt dies deutlich und die Schäfer wünschen sich gerade jetzt beim Austrieb ihrer Weidetiere schnelle und unbürokratische Hilfe.“

Aus Sicht das NABU ist die Bejagung des Wolfes keine Lösung, denn die Herden müssen geschützt werden, egal ob ein Wolf oder mehrere Wölfe in einer betroffenen Region leben. Bund und Länder sind nun in der Pflicht, gemeinsam mit den Weidetierhaltern und Fachgremien solide und nachhaltige Lösungen zu erarbeiten, die ein konfliktarmes miteinander von Mensch, Wolf und Schaf ermöglichen. Der NABU Bundesverband fordert in diesem Zusammenhang auch die Einrichtung eines nationalen Herdenschutzzentrums.
Autor: red

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