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Lichtblick

Osterzeit ist Hoch-Zeit

Sonntag, 08. April 2018, 07:00 Uhr
Nun endlich kommt der Frühling, ein Hoch auf die Sonne, die endlich die trüben Wolken wegschiebt und der Vegetation wieder Leben einhaucht. Wie sehr wir uns den Frühling herbeigesehnt haben, wird in den Vorgärten deutlich, die schon in der Karwoche weithin geschmückt waren und trotz fehlendem grünen Blattwerks bunt leuchteten...


Dass ist zumindest (m)eine Erklärung dafür, dass schon in der traditionellen Fasten- und Karzeit die Sträucher und Brunnen geschmückt werden. Endlich Farbe ins Leben. Endlich wird Frühling.

Soviel Verständnis ich dafür habe, es ist dennoch ein (Heimat)Kulturbruch – ob bewusst oder unbewusst, der sehr gut überlegt werden sollte. Wer von uns feiert seinen Geburtstag oder Silvester oder sonst ein Fest zweit Tage eher? Kaum ein vernünftiger Mensch. Wir wissen, dass jedes Ding seine Zeit hat und es beliebig wird, wenn wir die Zeiten nicht einhalten.

Schlimmer noch in der Landwirtschaft. Wird da zur Unzeit, d.h. zu früh der Samen ausgebracht, dann erfriert die Saat und es gibt Missernten, die früher zu schweren Hungernöten und verhungernder Bevölkerung (oder zur Flucht z.B. nach Amerika) führten. Das ist heute kein Problem mehr, weil wir einfach andernorts Lebensmittel nachkaufen können, weil die Menschen dort (lebens)klüger als wir sind und sich an die Zeiten halten.

Ich will niemand die Freude an Ostern und am Frühling nehmen, aber ich möchte dafür sensibilisieren, dass die Altvordern schon mit Fug und Recht nach bestimmten Regeln lebten, Bauernregeln über Jahrhunderte form(ulier)ten. Sie lebten mit der Natur, nicht gegen sie wie wir weithin. Sie aßen was zurzeit dran war oder machten es haltbar.

Die Ostereier wurden gefärbt, weil sie die Legewochen in der Fastenzeit anzeigten, in der keine Eier gegessen wurden (außer sonntags). So konnten die Familien dann gut erkennen, welche Eier zuerst gelegt worden waren und gegessen werden mussten, damit sie nicht „umkamen“. Da ging es nicht um Schönheit wie bei uns. Das waren (über)lebenswichtige Dinge, die wir nicht mehr kennen. GOTT sei Dank ist unser Leben nicht mehr so unwirtlich.

Müssen wir sie aber deshalb geringschätzen oder missachten? Kann nicht auch für uns ein Sinn darin liegen, 40 Tage bewusst auf selbst (aus)gewählte Dinge zu verzichten, zwei Tage (Karfreitag und -samstag) still zu sein und keine Hektik und Bambule zu machen? Kein Osterfeuer in der Karzeit, sondern erst am wirklichen Osterfreitag und -sonnabend, also dieses Wochenende? Warum sich diese Traditionen so unbedacht nehmen? Manch einer entdeckt die Traditionen wieder und ihre Sinnhaftigkeit, die den Gleichfluss des Lebens unterbricht und dem Leben eine Struktur zu geben vermag?

Immer wieder können wir hören, dass Menschen auf deutsche Traditionen hinweisen und diese behalten und bewahren möchten, sich gegen fremde Einflüsse wehren. Warum machen sie es dann nicht und informieren sich über die Bräuche und ihren Sinn und halten Sie in Ehren? Stattdessen werden die Dinge beliebig und substanzlos und die Argumentationsfähigkeit für ein „christliches Abendland“ wird immer stärker ausgehöhlt und damit inhaltsleer, bis nur noch Leere in den Köpfen herrscht. Wir können nur beschützen und bewahren, was wir kennen, lieben und einhalten.

Die Osterzeit hat liturgisch am Karsamstag um 18 Uhr begonnen (jeder Sonntag beginnt liturgisch 18 Uhr am Sonnabend, weshalb auch die Glocken allüberall die Woche zu dieser Zeit aus- und die neue einläuten) und währt bis Pfingsten (griechisch: Pentekoste, d.h. 50) mit der Zäsur der 40 Tage zu Himmelfahrt.
Nutzen wir diese Osterzeit einmal um sie bewusst in Dankbarkeit zu begehen. Endlich Frühling. Endlich Leben. Leben wir mit den Menschen, die uns umgeben, seien wir fröhlich, lassen unsere Herzen „aufbrechen“ wie die Blumen und seien wir uns zugewandt.

Am nächsten Wochenende haben wir für unsre vier Landkreise auf dem Kirchenkreisgebiet die Möglichkeit, die Geschicke der nächsten sechs Jahre für unsere Region mitzubestimmen. Nutzen wir sie und wählen einen Kandidaten/ eine Kandidatin, der/die sich mit offenen Herzen für die Menschen und ihre Region einsetzt, die Schritt und Schritt wieder lernen/lernt, dass Traditionen bewahren bedeutet, sie mit Leben zu füllen. Jeden Tag. Heute können wir damit beginnen.

Ein gesegnetes und nachdenkliches Wochenende wünsche ich Ihnen,
Superintendent Bálint
Autor: red

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