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Ehrenamtliche Naturschutzmaßnahmen

Taten statt Worte am Alten Stolberg

Mittwoch, 30. August 2017, 08:09 Uhr
Am Sonnabend und am Sonntag sowie am Dienstag führten Mitglieder und Freunde des BUND-Kreisverbandes Nordhausen weitere landschaftspflegerische Maßnahmen auf vier Teilflächen im Naturschutzgebiet Alter Stolberg durch. Sie hatten wie immer das Ziel, den Verlust bedrohter Pflanzengesellschaften und Pflanzen- und Tierarten zu bremsen bzw. zu verhindern...

Die Maßnahmen sind notwendig, weil die alljährlich über einige Tage praktizierte Rinderstandweide keine positiven Auswirkungen auf wichtige naturschutzrelevante, geschützte und bedrohte Arten sowie Pflanzengesellschaften hat.

Nur eine zeitnah durchgeführte Weidepflege kann unter dem Strich zu einer Förderung dieser Arten und Pflanzengesellschaften führen. Da diese im Zuge der vertraglich vereinbarten landwirtschaftlichen Bewirtschaftung über das KULAP-Programm nicht geschieht, müssen wie Ehrenamtliche ran. Behörden und Landschaftspflegeverband konnten hier trotz wiederholter Anfragen keine Verbesserung der Situation herbeiführen.

Vier Teilflächen wurden gemäht und das Mähgut bisher von zwei Projektflächen entfernt. Dabei ging es auf zwei Flächen vor allem um die Erhaltung der in Thüringen stark gefährdeten Orchidee Blasses Knabenkraut (Orchis pallens) und auf zwei weiteren Flächen um die Erhaltung der deutschlandweit stark gefährdeten und seltenen Zwerg-Steppenkresse (Hornungia petraea).

Der Strauch Schlehe soll eigentlich im Zuge der landwirtschaftlichen Pflege in den Naturschutzgebieten zurückgedrängt werden. Das Gegenteil ist auf wichtigen Flächen der Fall. Die Aufnahme entstand am vergangenen Sonnabend im NSG Alter Stolberg. (Foto: Bodo Schwarzberg) Der Strauch Schlehe soll eigentlich im Zuge der landwirtschaftlichen Pflege in den Naturschutzgebieten zurückgedrängt werden. Das Gegenteil ist auf wichtigen Flächen der Fall. Die Aufnahme entstand am vergangenen Sonnabend im NSG Alter Stolberg. (Foto: Bodo Schwarzberg)


Letztere erreichte 2017 als Ergebnis jahrelanger ehrenamtlicher Nachpflege mit mehreren tausend Exemplaren einen neuen Höchststand seit Beobachtungsbeginn vor rund zehn Jahren. Der Bestand des Blassen Knabenkrautes entwickelte sich im Zuge unserer Pflege nach Expertenmeinung zu einem den fünf individuenreichsten in Thüringen. Die Maßnahmen führen durch die mit ihnen verbundene kontinuierliche Entfernung aufkommender Gehölze weiterhin zu mittlerweile gut sichtbaren Lücken inmitten der teils explosionsartig zunehmenden Verbuschung auf rinderbeweideten Nachbarflächen durch Schlehe.

Dennoch fielen wieder recht große Mengen von Neutrieben der Schlehe an, die insgesamt zu einem immer massiveren Problem auf einigen Hotspot-Flächen wird.

Orchis pallens – das Blasse Knabenkraut. Thüringen trägt auf Grund des insgesamt kleinen weltweiten Areals der Art mit seinen relativ vielen Beständen der Orchidee eine große globale Verantwortung für ihre Erhaltung. Die Politik jedoch behandelt den Naturschutz tendenziell nach wie vor stiefmütterlich. Die Aufnahme entstand 2014. (Foto: Bodo Schwarzberg) Orchis pallens – das Blasse Knabenkraut. Thüringen trägt auf Grund des insgesamt kleinen weltweiten Areals der Art mit seinen relativ vielen Beständen der Orchidee eine große globale Verantwortung für ihre Erhaltung. Die Politik jedoch behandelt den Naturschutz tendenziell nach wie vor stiefmütterlich. Die Aufnahme entstand 2014. (Foto: Bodo Schwarzberg)


Am Wuchsort der Zwerg-Steppenkresse sorgte die kontinuierliche Mahd auch für die Erhaltung und Förderung eines Pfriemengras-Trockenrasens (in Thüringen stark gefährdet), pflanzensoziologisch ein Relikt aus der Nacheiszeit. Gefördert wird das Pfriemengras aber möglicherweise auch durch langanhaltene Trockenperioden im Zuge des Klimawandels.

Die Widersprüche zwischen den Naturschutzzielen in unseren Naturschutz- und FFH-Gebieten einerseits und der Realität auf besonders repräsentativen Flächen andererseits war auch ein Gesprächsthema mit dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Thüringer Landtag Dirk Adams, anlässlich seiner Teilnahme an einem BUND-Pflegeeinsatz am 12. August. Als Vorsitzenden des Landschaftspflegeverbandes Südharz-Kyffhäuser müsste dies aber gewiss auch Egon Primas von der CDU interessieren.

Insgesamt wurden seit 2003 durch den Autor des Beitrages und seit 2010 durch Mitglieder und Freunde des BUND-Kreisverbandes mehr als 500 Einzelmaßnahmen auf mehr als 20 Flächen mehrheitlich im Ehrenamt durchgeführt. Dadurch konnten rund 100 Vorkommen bedrohter und geschützter Pflanzenarten erhalten werden. Hinzu kommen viele Tier-, vor allem Insektenarten. Erwähnt seien hier nur Tagfalter, Wildbienen und Heuschrecken, die von starken Rückgängen betroffen sind.

Da wir gerade Wahlkampf haben, wird das Thema Landschaftspflege in den nächsten Tagen auch noch einmal öffentlich aufgegriffen werden müssen.
Bodo Schwarzberg
Autor: red

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