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Kreismusikschule Nordhausen

Klavierunterricht in Gefahr

Dienstag, 20. Juni 2017, 17:44 Uhr
Während sich die Mitglieder des Nordhäuser Kreistages mit ihrer heutigen Sitzung auch auf das anschließende Sommerfest in Neustadt vorbereiten können, treibt Eltern aus dem Landkreis eine Sorge um...


An den Kreistag des Landkreises Nordhausen

Sehr geehrte Damen und Herren Kreistagsmitglieder,

die instrumentale musikalische Grundversorgung im Landkreis Nordhausen ist in akuter Gefahr. Durch das Ausscheiden einer langjährigen sehr verdienstvollen Lehrerin (in Festanstellung) an der Musikschule Nordhausen im Sommer 2017 wird es nur noch eine einzige fest angestellte Lehrerin für Klavier für den gesamten Landkreis Nordhausen geben.

Die Stelle von Frau Will wird gestrichen, statt dessen Honorarkräfte ausgeschrieben unter derart schlechten Konditionen (15 € pro geleistete Unterrichtsstunde brutto, keinerlei sonstige Vergütung), dass keine langfristigen Bewerbungen mit entsprechender Qualifikation eines abgeschlossenen Studiums und einer entsprechenden Perspektive für die Schüler eingehen werden. Jeder Bewerbungskandidat wird sich unter diesen Bedingungen umgehend um attraktivere Alternativen bemühen, wie im Fach Blockflöte bereits erfolgt. Die Pianistenausbildung umfaßt ein 5-jähriges Hochschulstudium, das „Angebot“ des Landkreises Nordhausen liegt, berechnet man die Vor- und Nachbereitungszeiten des Unterrichts mit ein, auf Mindestlohnniveau oder darunter.

Die Folge ist:
1. Direkt oder unmittelbar werden etwa 30 Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die bislang von Frau Will unterrichtet wurden, ab dem Sommer keinen zuverlässigen langfristig planbaren Klavierunterricht mehr bekommen können, viele andere interessierte Kinder können den Klavierunterricht wahrscheinlich nicht beginnen, weil es kein entsprechendes Angebot an der Kreismusikschule mehr gibt.

2. Die musikalische Ausbildung im Förderzentrum St. Martin, von der auch die Tochter des 1. Beigeordneten jahrelang profitierte, wird nur bis zum 31.12.2017 begrenzt verlängert, somit ist dieses Inklusionsprojekt ab 2018 ebenfalls akut gefährdet bzw. gestorben.

3. Es wird keine qualifizierte pianistische Korrepetition für andere Instrumente mehr geben, was die Ausbildung nahezu aller anderer Instrumente drastisch einschränkt, die musikalische Qualität der Ausbildung an der Kreismusikschule sinkt dadurch erheblich.

4. Mit dem unnötigen Wegfall der regulären Stelle für Klavierunterricht wird der drohenden Schließung der Kreismusikschule durch die Gebietsreform Vorschub geleistet und ohne Not ein wesentlicher weicher Standortfaktor für Nordhausen aufgegeben bzw. massiv angegriffen.

5. Gleichzeitig werden in der Verwaltung des Landkreises allerdings reine Verwaltungsstellen aufgebaut.

6. Wohlhabendere Eltern können sich einen privaten qualifizierten Klavierunterricht leisten, viele andere Eltern allerdings nicht, das ist ungerecht, unsozial und läuft den Grundaufgaben eines Landkreises zuwider.

Bitte ändern Sie diese Zustände, verweigern Sie Ihre Zustimmung zu diesem Plan, diskutieren Sie den Zustand der Kreismusikschule, des aktuellen Stellenplans und der aktuellen Finanzierung Festangestellter und insbesondere der Finanzierung der Honorarlehrer im Kreistag in Relation zu anderen Stellenplänen mit entsprechenden Qualifikationen und Ausgaben des Landkreises.

Retten Sie die instrumentale musikalische Basisausbildung im Landkreis Nordhausen! Sie ist in akuter Gefahr!

Brief der Lehrer der Kreismusikschule (Foto: privat) Brief der Lehrer der Kreismusikschule (Foto: privat)
Brief der Lehrer der Kreismusikschule

Im Rahmen der Einwohnerfragestunde zur heutigen Kreistagssitzung wurden dazu folgende Fragen gestellt:

1. Wie soll eine langfristige zukunftsorientierte musikalische Ausbildung der Kinder und Jugendlichen möglich sein mit zunehmend schlechteren Konditionen der Lehrer und zunehmend kurzfristigen Honorarverträgen bei immer weniger Festanstellungen?

2. Wie soll das Kernfach Klavier künftig unterrichtet werden bei nur noch einer einzigen festangestellten Klavierlehrerin für den gesamten Landkreis Nordhausen?

3. Wieso liegen die finanziellen Vertragskonditionen für Honorarkräfte mit Hochschulabschluss an der Kreismusikschule Nordhausen bei etwa 50% der Vergütung beispielsweise des Landkreises Dahme/Spreewald an der polnischen Grenze? Ist hier zeitnah eine Revision zugunsten der Honorarkräfte vorgesehen?

4. Ist durch den zu erwartenden Schülerschwund der Kreismusikschule infolge
a. Senkung der fachlichen Qualität der Lehrer
b. Reduzierung des Angebots in den Kernfächern Klavier und Geige
c. Der kontinuierlichen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Lehrer
d. Der diskontinuierlichen Lehre infolge kurzfristiger Verträge und häufiger Personalwechsel bei schlechten Vertragskonditionen

eine Schließung der Kreismusikschule, beispielsweise im Rahmen der Kreisgebietsreform, möglich oder geplant mit nachfolgender Bildung einer Außenstelle der Musikschule Sondershausen mit nochmals reduziertem Angebot? Kann diese Befürchtung ausgeschlossen werden?

5. Gibt es an der Kreismusikschule eine Vergütungsregelung der Honorarkräfte entsprechend der Qualifikation der Lehrerschaft (abgeschlossenes Studium), falls nein, warum nicht (im Gegensatz zu den meisten anderen Musikschulen in Thüringen und Deutschland). Ist hier eine Revision geplant, um die Qualität der musikalischen Ausbildung zu heben bzw. die Qualifikation der Lehrer anzuerkennen?

6. Wer hat konkret die Streichung der vollen Planstelle von Frau Will angewiesen, der Landrat Jendricke, der erste Beigeordnete Nüßle, der Landkreistag oder der Kreismusikschuldirektor Niebhagen? Welche Begründung liegt dieser Streichung zugrunde?

7. Wie soll ab 2018 das über mehr als 4 Jahre vorbereitete bzw. erfolgreich laufende Inklusionsprojekt der Vermittlung von instrumentaler Musik für Menschen mit Behinderung fortgeführt werden, wenn die hierfür extra qualifizierte Frau Schwandner als Fachgruppenleiterin für Instrumente für Menschen mit Behinderung nur noch eine Vertragsverlängerung bis 12/17 bekommen hat? Wird das Projekt fortgeführt? Wenn ja, wie, wenn es hierfür keine Stelle mehr gibt?

Was wird aus dem Projekt „Jedem Kind ein Instrument“ ohne Personalstelle? Hiervon sind über 50 Kinder, Jugendliche und Erwachsene vorrangig vom Haus St. Martin betroffen.
Autor: red

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