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Wird hier nach dem Bernsteinzimmer gebuddelt?

Montag, 12. Juni 2017, 09:00 Uhr
Irgendwo in der Nähe von Salza. Tiefe Spuren im Waldweg, verursacht von schwerem Gerät. Dann ein riesiges Loch, gegraben in die rotbraune Erde. Wird hier das legendäre Bernsteinzimmer vermutet? Wir haben uns auf die Spur gemacht...

Wurde hier nach dem Bernsteinzimmer gegraben? (Foto: privat) Wurde hier nach dem Bernsteinzimmer gegraben? (Foto: privat)

Seit 1945 ist das Bernsteinzimmer verschollen. Über seinen Verbleib gibt es eine kaum noch überschaubare Fülle an Behauptungen, Vermutungen und Spekulationen. In der einschlägigen Literatur werden allein mehrere hundert Orte benannt, wo es verborgen sein soll. Zahlreiche in- und ausländische Forscher haben bisher vergeblich nach dem Bernsteinzimmer gesucht. Fest steht lediglich, dass das Bernsteinzimmer letztmals in Königsberg gesehen worden ist.

Das allerdings glauben selbsternannte Schatzsucher nicht. Und sie forschen. Vor allem aber graben sie. Mal illegal, mal legal. Wie jüngst in der Nähe von Nordhausen. Steffen Iffland wurde von vielen Salzaern angesprochen, die Grabungen hinter den Hirschenteichen beobachtet hatten. Nicht das erste Mal übrigens, schon vor drei Jahren sollen Belgische Schatzsucher hier unterwegs gewesen seien.

Also machte sich Stadtrat Iffland in die Spur. Er telefonierte mit dem Thüringer Forst, mit dem Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege in Weimar. Und siehe da. Es habe einen Antrag über eine Anwaltskanzlei gegeben, dem beide Institutionen auch entsprochen hatten. Also alles ganz legal. Schatzsuche mit behördlichem Stempel.

Ja, man wolle das Bernsteinzimmer oder anderen Schätze suchen, die von den Nazis hier eventuell vergraben wurden. Die Lage in der Nähe zum ehemaligen Konzentrationslager macht verführerisch. Auch der Umstand, dass es im weiteren Umfeld des damaligen Lagers weitere kleine Stollen gegeben haben soll, die mit dem Kriegsende zugeschüttet wurden. Doch was steckt dahinter?

Auch Tim Schäfer erinnert sich: "Von offizieller Seite in Thüringen gilt das Gebiet, insbesondere am Kohnstein, als 'schatzfrei'. Denn gerade hier sei alles bekannt. Aber stimmt das denn? In unserer näheren Heimat hat sich seit 1945 eine spannende Schatzsuche abgespielt. Unterlagen, Apparate, Wehrtechnik sowie Wertgegenstände sind teils spektakulär geborgen worden. Dabei kam es auch zu Unfällen mit Sprengfallen, die einigen US-Soldaten sogar das Leben kosteten (Quelle: Manfred Bornemann, Hamburg). Es ging dabei um offenbar mehr als Wehrtechnik. So beschrieb vor Jahren ein ehemaliger Häftling des KZ Mittelbau-Dora auch eine Einlagerung von Kisten in einem gesonderten Stollenbereich ganz in der Nähe. Aufgrund der Vorortsituation konnte das bisher nicht näher untersucht werden."

Luftbild 1945 (Foto: Geoportal Thüringen) Luftbild 1945 (Foto: Geoportal Thüringen)

Als die nnz in der vergangenen Woche auf Erkundungstour ging, fielen zwei Wohnmobile auf, die an der Kleingartenanlage geparkt waren. Sie trugen belgische Kennzeichen, was für ein Zufall! Die beiden Männer konnten gut Deutsch, waren freundlich über alle Maßen. Sie seien auf Europatour - Ukraine, Polen, Weimar und jetzt Nordhausen, wollten noch die Gedenkstätte besuchen und dann weiterfahren. Von einem Schatz wussten Sie nichts und einen Bagger hätten sie auch nicht im Wohnmobil, nicht einmal Spaten und baten uns, sich selbst umzusehen.

Es war augenscheinlich ein Spiel, dem auch Steffen Iffland kaum Glauben schenken will. Ihn stört ein wenig, dass er erst mehrfach im vermutlich jetzt immer heimlich tagenden Hauptausschuss nachfragen musste, um eine Antwort der Stadtverwaltung zu bekommen. Ja, man wisse von den Grabungen. Mehr nicht.
Peter-Stefan Greiner
Autor: red

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