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Kreisgebietsreform

Wer wird mit wem "verheiratet"?

Montag, 19. September 2016, 07:46 Uhr
Die Diskussion zur geplanten Gebietsreform kommt so langsam aber sicher auch in den kommunalen Gefilden der Politik an. Da sind einerseits die freiwilligen Zusammenschlüsse von Kommunen innerhalb eines Landkreises, andererseits wird auch über mögliche neue Kreisgrenzen nachgedacht. Auch in Nordhausen…

Von Urbach bis Arenshausen (Foto: Screenshot Google Maps) Von Urbach bis Arenshausen (Foto: Screenshot Google Maps)
Hier scheint alles klar zu sein. Fast könnte man den Eindruck bekommen, der Zusammenschluss zwischen Kyffhäuserkreis und Landkreis Nordhausen wäre als Pilotprojekt für Rot-Rot-Grün gedacht. Klar, da gibt es bereits Gemeinsamkeiten. Eine Rettungsleitstelle, mehrere Kooperationen auf Verwaltungsebene oder gemeinsame Engagement für Theater und Loh-Orchester.

Doch es gibt andere Stimmen, zum Beispiel aus dem Nordhäuser Rathaus. “Vorab: Es ist bekannt, dass ich kein Freund dieser Gebietsreform bin. Sie ist vom grünen Tisch aus den Menschen verordnet. Sie nimmt Identität. Sie spart kein Geld. Sie kostet Geld. Doch ich bin Realist: Sie wird über uns kommen. Und wir als Nordhausen werden sie im Sinne der Menschen mitgestalten müssen. Deshalb ist meine Position klar: Wenn schon eine Fusion unseres Landkreises, dann mit einem starken Partner. Deshalb bin ich klar für ein Zusammengehen mit dem robusten Eichsfeldkreis. Denn wenn man zwei finanzschwache Landkreise zusammenlegt, dann ergibt das noch längst keinen starken neuen Landkreis”, gibt Nordhausens Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh im Gespräch mit der nnz zu bedenken.

„Experten sagen: Gehen wir mit dem strukturschwachen Kyffhäuserkreis zusammen, müssen wir noch einmal 2 Millionen mehr an Kreisumlage zahlen: Statt der jetzt 13 Millionen Euro im Jahr, müsste man an einen Großkreis sogar bis zu 15 Millionen Euro zahlen. Ich brauche sicher nicht zu erklären, was man mit diesen zwei Millionen alles für die Bürger gestalten könnte. Darüber hinaus wäre unser aktueller und erfolgreicher Gesundungskurs der städtischen Finanzen nicht mehr realisierbar.“

„Auch für unseren finanziell stark angeschlagenen Landkreis Nordhausen - ohne 10 Millionen Euro Nothilfebedarf aus Erfurt wäre er nicht lebensfähig - könnte das Zusammengehen mit dem Eichsfeld nur Vorteile bringen.“

Zeh verweist eher auf eine Achse, die Nordhausen nicht mit Sondershausen, sondern mit dem Eichsfeld verbindet: Die A 38. Sie könnte beide Regionen wie eine wirtschaftliche Lebensader verbinden und die Vorteile, die eine moderne Infrastruktur wie die Autobahn bietet, zum Wohle beider Landkreise noch nutzbarer machen. “Die Wirtschaft als ein wichtiger Motor der gesellschaftlichen Entwicklung kümmert sich weder um Konfessionen noch um Kreisgrenzen, sie kümmert sich um optimale Ansiedlungs- und Verwertungsbedingungen. Und im Übrigen haben sowohl das Eichsfeld als auch die Nordhäuser Region nicht nur eine gemeinsame thüringische-, sondern auch eine starke verbindende preußische Geschichte”, so der Nordhäuser Oberbürgermeister.

Zeh steht mit seinen Überlegungen nicht allein. Mehr als charmant finden die auch seine Amtskollegen in Heiligenstadt und Leinefelde-Worbis, den größten Kommunen im benachbarten Eichsfeld.

„Bürgermeister Marko Grosa ist gegen eine Auflösung oder Teilung des Eichsfeldes. Der Eichsfeldkreis solle möglichst in seiner jetzigen Form erhalten bleiben, erweitert um die Eichsfelddörfer aus dem Unstrut-Hainich-Kreis oder auch um Teile des benachbarten Nordhäuser Landkreises, so wie der Landrat seine Gebietsreformkarte um Bleicherode erweitert hat. Sollte eine Angliederung eines Landkreises unausweichlich sein, dann erscheint Nordhausen als stärkster und bester Partner“, weiß der Nordhäuser Oberbürgermeister nach Gesprächen mit Kollegen im Nachbarlandkreis. Gespräche bestätigt auch Thomas Spielmann, der Bürgermeister in Heiligenstadt, allerdings: mehr will er dazu nicht sagen, das sei Sache des Landkreises und der Landesregierung. Auch die Bürgermeister im Landkreis Nordhausen, Frank Rostek und Stephan Klante favorisierten eine Fusion mit dem Eichsfeld-Kreis.

Gänzlich von der Hand zu weisen ist der Gedankengang nicht, wenn man mal in den östlichen Kyffhäuserkreis schaut. Kein Geheimnis ist, dass der Altkreis Artern im Kyffhäuserkreis auch nach mehr als 20 Jahren noch nicht richtig angekommen ist. Noch immer gibt es zahlreiche Verbände und Vereine, die keine gemeinsame Heimat in einem Kyffhäuserkreis gefunden haben. Und mal ehrlich - wie weit ist es denn bis Roßleben oder Wiehe von Ellrich oder Hohenstein aus?

Auch hier könne eine neue wichtige Achse eher als Verbindungsglied herhalten. Die A 71 von Sangerhausen nach Erfurt könne vielleicht ebenso wie eine Lebensader wirken in Richtung Sömmerda, Kölleda oder Erfurt. Schon seit langem ist bekannt, dass Kreistagsmitglieder aus dem östlichen Kyffhäuserkreis mit der Theater Nordhausen/Loh-Orchester Sondershausen GmbH nicht unbedingt glücklich sind. Ihr Argument ist: wir sind schneller in Weimar als in Nordhausen oder Sondershausen.

Es bleibt also noch spannend und man darf beim Hin und Her der Argumente nicht vergessen, dass hier Politiker unterschiedlicher Parteien unterwegs sind. In einem neuen Gebilde aus Kyffhäuserkreis und Landkreis Nordhausen erhoffen sich die Sozialdemokraten eine größere Chance den künftigen Landrat zu stellen, bei einer Konstellation Eichsfeld/Nordhausen sind es eher die Christdemokraten, die eine Wahl gewinnen dürften.
Peter-Stefan Greiner

Die nnz-Redaktion hat dazu auch eine Umfrage freigeschaltet
Autor: red

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