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OBERBÜRGERMEISTER DR. KLAUS ZEH:

Falsche Behauptungen sind unerträglich

Dienstag, 17. Mai 2016, 07:00 Uhr
Heute ein Interview etwas anderer Art, das Kurt Frank mit Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh führte. Es gibt auch einen Einblick in sein Privatleben...

Dr. Klaus Zeh im Büro im Rathaus (Foto: Kurt Frank) Dr. Klaus Zeh im Büro im Rathaus (Foto: Kurt Frank)
nnz: Ärger bleibt einem Oberbürgermeister nicht erspart. Wie betreiben Sie Stressabbau?

Dr. Klaus Zeh: Ich habe eine robuste Gesundheit und kann viel wegstecken. Körperliche Belastung wie Fahrradfahren, stramme Wanderungen oder im Garten rackern, das bringt Ausgleich. Noch besser sind ermutigende Gespräche mit vernünftigen Leuten. Die helfen am besten.

nnz: Hatten Sie in Erfurt als Minister weniger Stress?

Dr. Klaus Zeh: Das lässt sich nicht vergleichen. Die fachliche und zeitliche Belastung war in Erfurt stärker. Die Vielfalt der Probleme ist in Nordhausen deutlich größer. Ich bin hier faktisch für alles verantwortlich, besonders für das, was nicht so gut läuft. Leider nicht im gleichen Maße für alles, was gut läuft.

nnz: Wo urlauben Sie bevorzugt und wie verbringen Sie die freien Tage?

Dr. Klaus Zeh: Mich ziehen Berge besonders an, wie Harz, Thüringer Wald und Erzgebirge, aber auch die Hohe Tatra oder die Alpen. Wahrscheinlich, weil man auf den Bergen einen freieren Blick hat. Zum Gipfelanstieg muss man sich erst mal plagen. Der Lohn folgt unmittelbar. Das ist im wahren Leben leider seltener. Wir erkunden gern auch mal neue Radwege in Deutschland. Der Werra-Radweg ist ein Geheimtipp. Dort erfährt man viel über die deutsche Teilung.

nnz: Gehen Sie im Haushalt Ihrer Frau zur Hand?

Dr. Klaus Zeh: Ja, solange ich es ihr recht mache. Außerdem kann man sich beim Wäscheabnehmen, Klammerbeutel halten oder Geschirr trocknen ganz prima über Gott und die Welt und den Nordhäuser Stadttratsch unterhalten.

nnz: Was machen Sie denn Ihrer Frau nicht so recht?

Dr. Klaus Zeh: Manches mache ich zu genau. Und dann dauert es. Leider liegen meine Socken, meine Hausschuhe und anderes oft herum. Mir etwas nachzuräumen, das nervt meine Frau total. Mit Recht. Aber kleine Hakeleien beleben den Alltag.

nnz: Sind Sie ein guter Kostverwerter oder sollen es eher Lieblingsgerichte sein?

Dr. Klaus Zeh: Ich esse fast ausnahmslos alles, besonders Gemüse und Salat in allen Variationen. Meine Frau kocht nach meinem Geschmack sehr gut. Und mit Liebe gekocht schmeckt alles doppelt so gut. Allerdings habe ich ein Käsetrauma. Da bin ich wählerisch bis mäklig.

nnz: Und Sie mögen gern Schokolade?

Dr. Klaus Zeh: Ja. Und weil meine Frau nicht jede Sorte Schokolade gern isst und Marzipan gar nicht mag, bleiben Geschenke mit Marzipan und Mon Cheri-Kirschen für mich ganz allein.

nnz: Ist ein 8-Stunden-Tag für Sie mehr Realität oder Utopie?

Dr. Klaus Zeh: Das ist Utopie. Mein Arbeitstag hat meist 14 bis 16 Stunden. Mir hat mal ein Journalist gesagt: „Da machen Sie etwas falsch!“ Dem musste ich deutlich widersprechen. Politik findet in der Kommune überwiegend im Ehrenamt statt. Das heißt, ab 17 Uhr beginnen erst die Ausschüsse, die Arbeitskreise und Ratssitzungen. Veranstaltungen der Vereine, Verbände und Parteien sind auch an Nachmittagen bzw. in den Abendstunden, von Bürger -und Ortsteilversammlungen, Akteursgremien aller Art und Ausstellungseröffnungen ganz zu schweigen. An Wochenenden bin ich zusätzlich regelmäßig unterwegs.

nnz: Wie sieht denn dann ein durchschnittlicher Arbeitstag bis 17 Uhr aus?

Dr. Klaus Zeh: Ich beginne etwa 7 bis 7.30 Uhr mit dem Blick in die Presse oder die Briefpost. 8 Uhr ist die Wochen– oder Tagesplanung im engsten Kreis. Ab 9 Uhr sind meist Fachberatungen im Rathaus. Nachmittags sind Aufsichtsräte oder Gespräche in den Stadtwerken, Gemeinde– und Städtebund, Zweckverbänden usw. Dazwischen Telefonate, Post und Unterschriften. Zuarbeiten lesen bzw. Beratungen in Erfurt und anderswo kommt zwischendurch.

nnz: Bleibt Ihnen da noch Zeit für ein gutes Buch?

Dr. Klaus Zeh: Nein. Das verschiebe ich regelmäßig in den Urlaub. Aber selbst da lasse ich das Buch liegen, denn da will ich mit der Familie etwas unternehmen. Wir brauchen die gemeinsame Zeit.

nnz: Belastungen im Beruf, Kritiken, kaum Freiräume, wie geht Ihre Frau damit um?

Dr. Klaus Zeh: Sie steht absolut hinter mir. Ohne sie und ihr Verständnis für dieses Amt könnte ich das nicht machen. Wir reden viel über alles, auch über meinen Beruf. Dann haben wir einen guten Freundeskreis und sie hat einige Hobbys. Das fängt viel auf.

nnz: Worüber kann sich der Oberbürgermeister besonders freuen?

Dr. Klaus Zeh: Privat freue ich mich wie alle, wenn bei den Kindern oder Enkeln alles gut läuft. Dienstlich freue ich mich über vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit im Team. Da darf auch mal was schief gehen. Wenn alle ehrlich zusammenstehen, ist das mehr wert als alles andere.

nnz: Worüber können Sie sich ärgern?

Dr. Klaus Zeh: Mich nervt klein kariertes Gezänk. Wenn jemand betrügt und Vertrauen missbraucht, um sich Vorteile zu verschaffen, bin ich regelrecht sauer. Mich ärgern persönliche Anfeindungen in der politischen Auseinandersetzung. Das habe ich so in Erfurt nicht erlebt. Streit in der Sache ist wichtig und richtig, das ist das Wesen der Demokratie. Ehrverletzende persönliche Beschimpfungen und falsche Behauptungen sind unerträglich.

nnz: Meinen Sie die Attacken, die Landrat Matthias Jendricke gegen Sie öffentlich reitet?

Dr. Klaus Zeh: Ja. Sie sind außerdem falsch. Sie verstärken nur die Politikverdrossenheit, weil das wie unreifes Imponiergehabe wirkt. Die Menschen dürfen von uns zu Recht erwarten, das wir uns nicht mit uns selbst beschäftigen, sondern die Probleme der Region lösen. Wer mit politischen Niederlagen nicht zurechtkommt, sollte nicht ins politische Geschäft gehen.

nnz: Wie belastend ist es für Frau und Kinder, wenn sie als Schlagzeile lesen oder es hören: „Wer seine Meinung sagt, wird im Rathaus verfolgt“ oder das Sie gegen ihre Vorgängerin Barbara Rinke Material sammelten, um gegen sie einen Untersuchungsausschuss zu führen?

Dr. Klaus Zeh: Das war in der Tat sehr belastend. Meine Frau und die Kinder kennen mich aber besser und wissen, dass das nur die Unwahrheit sein konnte. Und „systematische Verfolgungen“ gab und gibt es nur in Diktaturen. Ein solches Sprachbild zu nutzen war eine Entgleisung. Das hätte der verantwortliche Redakteur nicht unkommentiert und unrecherchiert durchgehen lassen dürfen. Einen Untersuchungsausschuss haben damals alle Fraktionen mit der SPD gefordert und beschlossen. Den habe ich nicht geführt, sondern ein Mitglied des Stadtrates. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse gibt es auf Kommunalebene übrigens nicht. Der Ausschuss war lediglich wie ein zusätzlicher Bauausschuss, der alles zusammengetragen hat, was mit dem Bau des Bürgerhauses zusammen hing. Wir wollen für künftige Bauvorhaben dieser Dimension aus möglichen Fehlern lernen.

nnz: Wie gehen Sie nun mit den Attacken um?

Dr. Klaus Zeh: Ach, da stehe ich drüber. Die meisten Bürger kennen mich besser, als das sie dem Glauben schenken könnten. Und ich sage mit einem Augenzwingern: Die Hälfte meines Gehalts ist „Schmerzensgeld“.

nnz: Wenn Sie Bilanz Ihrer bisherigen Amtszeit ziehen, worauf würden Sie mit Freude verweisen?

Dr. Klaus Zeh: Die Altstadt entwickelt sich hervorragend. Die großen Bauprojekte im Zentrum sind gut abgeschlossen worden. Mit dem ersten Spatenstich beim Industriegebiet durfte ich starten. Es ist fast fertig gestellt. Die Stadt hat überall das schnelle Internet. Die Konsolidierung der Stadtfinanzen ist zwar unpopulär, aber das musste und muss weiter gemacht werden. Auch an der Umstrukturierung der Stadtwerke kamen wir nicht vorbei. Ich fühle mich oft wie der Arzt, der dem Patienten bittere Medizin verordnen muss, damit er gesund wird.

nnz: Was würden Sie in den noch verbleibenden Jahren gern noch anschieben oder zu Ende bringen wollen?

Dr. Klaus Zeh: Ich sagte es ja bereits: An der weiteren Konsolidierung der Finanzen kommen wir nicht herum. Und der Feuerwehrbau ist zwingend. Zum Stadionneubau und zur Theatersanierung würde ich gern eine verbindliche Lösung auf den Weg bringen. Eine große Investition im Industriegebiet wäre noch mein Wunsch. Mein sonniges Gemüt werde ich mir auf jeden Fall erhalten.

nnz: Herr Dr. Zeh, vielen Dank für das Gespräch

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Autor: nnz

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