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Rot, gelb, blau, grün: was die Farben der Rezeptformulare bedeuten

Rezept ist nicht gleich Rezept

Sonnabend, 14. Mai 2016, 16:33 Uhr
Medikamente werden vom Arzt stets auf Rezeptformularen verordnet. Doch welche Farbe der Vordruck jeweils hat, ist weder Zufall noch reine Geschmacksfrage. Denn ob rot, gelb, blau oder grün: die vier Verordnungsweisen unterscheiden sich zum Beispiel hinsichtlich der Gültigkeitsdauer und der Kosten für den Patienten...


Ein ärztliches Rezept hat stets zwei Funktionen: es ist therapeutische Anweisung und Berechtigungsschein. „Der Arzt hält darauf fest, welches Medikament bzw. welchen Wirkstoff der Patient in welcher Dosis einnehmen soll. Dem Apotheker zeigt es, dass er dem Patienten die entsprechenden Präparate aushändigen bzw. dass dieser sie erwerben darf“, erklärt Apothekerin Andrea Seifert.

Ärzte nutzen dafür standardisierte Formulare, die es in vier verschiedenen Farben gibt. „So erkennt das Apothekenpersonal mit einen Blick, um welche Art von Verordnung es sich handelt“, ergänzt die Apothekerin.

Rosa: Sollen gesetzlich Krankenversicherte ein Arzneimittel zu Lasten ihrer Krankenkasse erhalten, nutzt der Arzt ein rosafarbenes Formular, das sogenannte Kassenrezept. Wird es innerhalb eines Monats ab Ausstellungsdatum eingelöst, übernimmt die Krankenkasse die Kosten für das Medikament bis zu einer zuvor festgelegten Höchstgrenze, dem sogenannten Festbetrag.

Ist das Präparat teurer muss der Patient für die Differenz aufkommen. Unabhängig davon fällt für jeden volljährigen Versicherten (sei denn er wurde von den Zuzahlungen befreit) pro verordnetem Präparat eine Zuzahlung zwischen 5 und 10 Euro an, die Höhe richtet sich nach dem Preis des Medikaments. Erfolgt die Einlösung des Rezeptes später als vier Wochen nach Ausstellung, muss der Patient den kompletten Preis selbst bezahlen.

Welche Angaben ein gültiges Kassenrezept enthalten muss, ist gesetzlich geregelt. Neben Name, Anschrift, Geburtsdatum und Angaben zur Krankenversicherung des Patienten sind auch Name, Vorname, Fachgebiet und Adresse sowie die Telefonnummer des verordnenden Arztes zu nennen. Bis zu drei Mittel können pro Rezept verschrieben werden. „Mitunter nennt der Arzt aber kein fertiges Präparat, sondern nur Wirkstoff und Darreichungsform“, berichtet Apothekerin Seifert. Nicht zuletzt kann der Arzt auch Besonderheiten notieren: wenn etwa die gesetzliche Zuzahlung oder die Notdienstgebühr für den Patienten wegfallen soll. Oder dass das Mittel auch bei Wirkstoffgleichheit nicht gegen ein anderes ausgetauscht werden darf.

Gelb: Fallen Medikamente unter das Betäubungsmittelgesetz, nutzt der Arzt für die Verordnung ein gelbes Formular. Das ist z. B. bei starken Schmerzmitteln, Medikinet bzw. Ritalin oder Drogenersatzstoffen wie Methadon der Fall. Um Missbrauch zu verhindern, sind die gesetzlichen Regelungen und Fristen hier besonders streng, wie Seifert erläutert: „Das gelbe Rezept ist nur sieben Tage lang gültig und umfasst drei Teile: das Original geht an die Krankenkasse, jeweils ein Durchschlag verbleibt beim Arzt und in der Apotheke.“

Blau ist die zwar nicht vorgeschriebene, mittlerweile aber häufigste Formularfarbe für Privatrezepte, manchmal werden auch andersfarbige verwendet. Privat Krankenversicherte zahlen die darauf verordneten Medikamente zunächst selbst und können das Rezept zur Kostenerstattung bei ihrer Krankenkasse einreichen. Auch gesetzlich Versicherte erhalten vom Arzt mitunter ein Privatrezept: wenn nämlich ein Arzneimittel zwar verschreibungspflichtig ist, aber nicht von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bezahlt wird. „Das können hormonelle Mittel zur Empfängnisverhütung, Schlafmittel oder auch Lifestyle-Arzneimittel wie Potenzmittel, Mittel gegen Haarausfall etc. sein“, nennt Seifert einige Beispiele. Ein Privatrezept ist bis drei Monate nach Ausstellungsdatum einlösbar.

Grün: Das grüne Formular ist kein Rezept im klassischen Sinn. Der Arzt spricht darauf lediglich eine Empfehlung aus, welche rezeptfrei erhältlichen Medikamente aus seiner Sicht medizinisch notwendig oder sinnvoll sind. Das können beliebig viele sein, allerdings nur solche, deren Kosten seit der Gesundheitsreform von 2004 im Regelfall nicht mehr von den GKV erstattet werden.

Der Arzt darf sie nicht auf einem rosafarbenen Rezept verordnen und der Patient muss sie komplett selbst bezahlen. Dennoch, so Seifert, macht die Empfehlung des Arztes Sinn: „Sie garantiert, dass der Patient nachgewiesenermaßen wirksame Medikamente anwendet, die auch zur Behandlung des jeweiligen Krankheitsbildes geeignet sind. Der Apotheker kann zudem gezielt zu Neben- und Wechselwirkungen beraten.“

Grüne Rezepte sind unbegrenzt gültig und sollten auch nach der Einlösung aufbewahrt werden: Sie sind eine wichtige Merkhilfe bezüglich Name, Wirkstoff, Darreichungsform und Dosierung der eingenommenen Medikamente. Und von der Apotheke abgestempelt, gelten sie bei der Steuererklärung als Nachweis für außergewöhnliche Belastungen.

Warum heißen Rezepte eigentlich Rezepte? Die Namensgleichheit zum Kochrezept hat geschichtliche Gründe, wie Apothekerin Seifert weiß: „Bevor es Fertigarzneimittel gab, stellten die Apotheker alle Medikamente selbst her. Die schriftliche Anweisung des Arztes hierzu begann stets mit der lateinischen Aufforderung ‚recipe‘, zu Deutsch ‚nimm!‘. Hatte der Apotheker alle Zutaten beisammen und die Mixtur fertig gestellt, bestätigte er dies auf der Verordnung mit ‚receptum‘, also ‚genommen‘.“ Daraus entwickelte sich die bis heute übliche Bezeichnung Rezept.
Autor: red

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