nnz-online
Aufruhr bei Nordhäuser Einzelhändlern

Es könnte Kaufland sein...

Donnerstag, 10. Dezember 2015, 08:00 Uhr
Die Saller Bau GmbH ist international aufgestellt. Ihr Geschäft liegt in der Erschließung und Vermarktung von Gewerbeflächen. Auch in Nordhausen. Lange haben die Weimarer stillgehalten, jetzt erhöhen sie den Druck auf die Stadt...

Hier will sich Kaufland ansiedeln (Foto: nnz) Hier will sich Kaufland ansiedeln (Foto: nnz)
In Nordhausen gibt es laut Stadtverwaltung zwei zentrale Versorgungsbereiche: die Innenstadt und das Bahnhofsrevier. Dort, wo sich Galerie und Passage befinden. Weitere dezentrale Bereiche sind die Stadtteile Ost, Nord und Salza.

In dieser Aufzählung kommt der Bereich zwischen Lidl gegenüber der Arbeitsagentur und dem Roland-Tor, also das Terrain der ehemaligen Harzer Stielwerke nicht vor. Doch das könnte sich im kommenden Jahr ändern.

Immer wieder mal berichtete die nnz über die Avancen des Grundstücksbesitzers aus Weimar, die restliche Fläche ebenfalls zu bebauen. Mal waren ein Mediamarkt, mal ein Hotel, mal ein Altenheim im Gespräch. Auch Kaufland wurde ab und an mal in den Ring der Diskussionen geworfen. Nun aber könnte es konkret werden, denn Saller Bau hat offiziell eine Bauvoranfrage gestellt. "Ja, das können wir bestätigen und wir werden diese Anfrage entsprechend der gesetzlichen Fristen bearbeiten", sagt Amtsleiter Martin Juckeland auf Anfrage der nnz. Mehr nicht, denn: Das Thema ist heikel.

Zum einen habe es mit Saller seit langer Zeit entsprechende Gespräche gegeben. Die Beauftragten und Planer des Unternehmens sind nach Informationen der nnz immer wieder auf Bedenken und auf Wünsche der Stadtverwaltung eingegangen. Zum Beispiel mit einer Einzelhandelsansiedlung zu warten, bis die Markt-Passage eröffnet und sich etabliert. Dann sollte weiter gesprochen werden. Und das ist nun der Fall.

Kauf land auf 4.000 Quadratmeter (Foto: Kurt Frank) Kauf land auf 4.000 Quadratmeter (Foto: Kurt Frank) Noch liegt die Fläche des ehemaligen Harzer Stielwerkes brach. Das könnte sich 2016 ändern.

Zum anderen ist die Situation für das Unternehmen aus der Klassikerstadt wesentlich besser geworden. Es wartet mit einem unabhängigen Gutachten aus, das zu dem Ergebnis kommt, dass durch eine zusätzliche Ansiedlung die zentrumsnahe Versorgung nicht beeinträchtigt oder gar gefährdet sei und das die zu erwartenden Umsatzverluste der bisherigen Zentren unter zehn Prozent liegen würden. Ein solches Gutachten wiegt schwer, das wissen auch die Fachleute im Nordhäuser Rathaus.

Denn: die Stadt kann kein eigenes Gutachten aufweisen, ein beschlossenes Einzelhandelskonzept datiert aus dem Jahr 1993, ein zweites aus dem Jahr 2003 wurde nach Informationen der nnz nie beschlossen.

Nun muss die Stadtverwaltung - wenn es die Bauvoranfrage negativ bescheiden will - nachweisen, dass es in diesem Bereich der ehemaligen Stielwerke ein anderes Planungsziel verfolgt. Gewerbe ansiedeln? Wohnungsbau ansiedeln? Geht beides nicht und die Munition geht langsam aber sicher aus. Also wird es äußerst schwierig sein nachzuweisen, dass die zusätzlichen rund 4.000 Quadratmeter Kauffläche tatsächlich schädlich sind für Nordhausen.

Vor einem Verwaltungsgericht haben die Stadtverwalter dann sehr schlechte Karten. Auch eine taktische Verzögerung des Vorhabens würde sich nicht auszahlen. Im Gegenteil: Sollte der Prozess gegen die Kommune enden, dann würde der Gewinner Schadensersatz einklagen können. Bei einem geschätzten Jahresumsatz von zehn Millionen Euro und zwei Jahren Bauverzögerung kommen 20 Millionen Euro zusammen. Geld, das Nordhausen auf keinen Fall haben wird.

Von diesen Planungen haben mittlerweile auch die Einzelhändler "Wind bekommen" und befinden sich in heller Aufruhr. Vor allem die Verantwortlichen der Südharz-Galerie und der Marktpassage samt ihrer Werbegemeinschaften machen mobil. "Wir haben bereits mit 3 Quadratmeter je Einwohner doppelt soviel Verkaufsfläche wie der bundesdeutsche Durchschnitt. Vor allem hat die Stadt Nordhausen genügend Anbieter aus dem Lebensmittelgeschäft. Jetzt reicht es", so Wolfgang Linz, der Center-Manager der Südharz Galerie. Gabriele Morbach, die Chefin der dortigen Werbegemeinschaft, glaubt nicht an die in dem Gutachten vorgelegten Zahlen. "Es wird mehr als zehn Prozent Umsatzeinbuße in den bisherigen Zentren geben. An die kleinen Händler denkt hier niemand. Wir müssen uns zusammenschließen und gegen diese Ansiedlung protestieren", sagt Morbach.

Das Bauunternehmen, war vom Projektverantwortlichen aus Weimar zu vernehmen, sei bemüht, mit der Stadt eine einvernehmliche Lösung zu finden. Es müsse letztlich nicht unbedingt Kaufland sein, was sich dort ansiedelt. "Wir legen los, wenn eine Einigung vorliegt, die Stadt grünes Licht gibt", hört man aus Weimar. Auch von einem Wohn-und Pflegeheim für Senioren war einmal die Rede. Angesichts des modernen Komplexes an der Geseniusstraße wurde die Idee schnell wieder verworfen.

Letztlich aber obliegt die Entscheidung der Kommune und deren Spielraum ist in diesem Areal nicht unbedingt sehr groß.
Peter-Stefan Greiner/Kurt Frank
Autor: red

Drucken ...
Alle Texte, Bilder und Grafiken dieser Web-Site unterliegen dem Urherberrechtsschutz.
© 2021 nnz-online.de