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Werkstatt Nummer 1

Mit Energie in die Zukunft

Donnerstag, 26. November 2015, 13:23 Uhr
Wie kann man Zukunft praktisch gestalten? Dieser Frage ging man gestern in der ersten Werkstatt zur "Zukunftsstadt" nach. In großer und kleinerer Runde sollten Ideen entwickelt werden, wie Aufgaben gemeinsam angepackt werden können, insbesondere die Energiewende...

Erste Werkstatt zur "Zukunftsstadt" Nordhausen (Foto: Angelo Glashagel) Erste Werkstatt zur "Zukunftsstadt" Nordhausen (Foto: Angelo Glashagel)

Der Ratssaal war gut gefüllt, rund 70 Personen waren zum ersten Werkstattstermin des Projekts "Zukunftsstadt" erschienen, deutlich mehr als noch zur Auftaktveranstaltung. Unter den Gästen fanden sich Studenten, Professoren, Vertreter der Stadt und umliegender Gemeinden, der Verkehrsbetriebe, der Wohnungsbaugesellschaften, Hausbesitzer, Architekten, Schüler und Senioren - eine bunt gemischte Truppe, sogar noch ein wenig bunter als zuletzt beim "ISEK", dem integriereten Stadtentwicklungskonzept.

Zwischen beiden Veranstaltungen bestehen gewisse Parallelen, es geht um die Zukunft und wie man sie Realität werden lassen kann wobei beide Verfahren auf möglichst breite Expertise aus der Gesellschaft und auf Bürgerbeteiligung setzen. Der ISEK Prozess hatte ein gutes Jahr gedauert und befasste sich vor allem mit Theorie, mit Wünschen und eventuellen Umsetzungmöglichkeiten. Tatsächliche Ergebnisse des ISEK wird man aber erst in Jahren spüren, wenn überhaupt. Momentan bleibt vor allem ein Leitsatz für die Stadt, der die Diskussionen soweit komprimiert, das er allgemein und beliebig klingt.

Die Theorielastigkeit war denn auch einer der Kritikpunkte am ISEK. Selbst Oberbürgermeister Zeh merkte an, dass das ISEK "trockener" gewesen sei, als es der gestrige Abend werden sollte. Das Versprechen war denn auch, sich mehr auf praktische Anwendungsmöglichkeiten zu konzentrieren. Einen konkreten Unterschied offenbarte schon der Ansatz - bei der "Zukunftsstadt" handelt es sich um einen Wettbewerb unter Kommunen, in dem es Nordhausen bereits in die zweite Runde geschafft hat und mit 51 anderen Gemeinden um das Weiterkommen ringt. Am Ende sollen acht Kommunen übrig bleiben, die für die Umsetzung ihrer Ideen in den Genuss reichhaltiger Fördermittel kommen könnten - angesichts der desolaten Finanzlage ein Silberstreif am Horizont für das gebeutelte Nordhausen. Mit im Boot sitzen neben der Stadtverwaltung und dem begleitendem Büro "StadtLabor" aus Leipzig auch die Hochschule Nordhausen und die IBA-Thüringen, die Internationale Bauausstellung.

Erste Werkstatt zur "Zukunftsstadt" Nordhausen (Foto: Angelo Glashagel) Erste Werkstatt zur "Zukunftsstadt" Nordhausen (Foto: Angelo Glashagel) Um weiter zu kommen, müssen aber Ideen her, speziell in den Bereichen energetischer Wandel und Stadtumbau sowie Mobilität zwischen urbanem und ländlichem Raum. Gestern Abend also sollte hier der erste Schritt getan werden. Doch zunächst sah alles ziemlich genau so aus, wie einst bei den Treffen zum Stadtentwicklungskonzept - ähnliches Publikum, Vorstellungsrunde, kleine bunte Zettelchen an Pinnwänden, einleitende Vorträge mit den eher nebulösen Titeln "Gemeinsam Investieren", "Gemeinsam Verhalten ändern" und "Gemeinsam motivieren", etc.

Das Ruder in Richtung Praxis rumzureißen gelang glücklicherweise schon während der erfreulich kurzen und prägnanten Vorträge. Das lag zum einen an der Auswahl der Gäste. Da war zum Beispiel Matthias Golle aus Weimar, der für seine BürgerEnergiegenossenschaft sprach. Die Vereinigung startete 2012 mit einer handvoll Mitglieder und vermietet heute Dachflächen für Solaranlagen, hat Lieferverträge mit der Stadt geschlossen und den Solarstrom auch in Ecken des Weimarer Landes gebracht, in denen die Kommunen diese Aufgabe nicht alleine schultern konnten.

Zum anderen waren es die Nordhäuser Teilnehmer, die über Initiativen berichteten, die es in Nordhausen schon gibt. Einige davon sind bekannter wie Park Hohenrode und der Stadtgründfonds, andere stehen weniger im Licht der Öffentlichkeit, wie das Repair Café im Weltladen, bei dem man vermeintlich kaputte Haushaltsgeräte wieder flott machen kann, das Nachbarschaftsauto, das in Salza angemietet werden kann, oder die Aktion für das Haus Altendorf 48, bei der man um stolze Dachziegelbesitzer wirbt.

Erste Werkstatt zur "Zukunftsstadt" Nordhausen (Foto: Angelo Glashagel) Erste Werkstatt zur "Zukunftsstadt" Nordhausen (Foto: Angelo Glashagel) Und auch in den Arbeitsgruppen ging es schnell zur Sache. Der Vortrag zum "gemeinsamen motivieren" trug noch klar künstlerisch-theoretische Züge und berichtete von einer Aktion in zwei Dörfern an der Deutsch-Polnischen Grenze, die aus einem initialen Anstoß heraus selber aktiv geworden waren. Die Botschaft war klar, der Bezug zu Nordhausen eher nicht. In der Arbeitsgruppe diskutierte man ohne dann ohne lang drum herum zu reden konkrete und wenig aufwendige Ideen, wie man Jung und Alt im Alltag mehr für den energetischen Wandel und nachhaltiges Verhalten interessieren könnte. Etwa durch kleine Stationen an Haltestellen oder ähnlichen Orten, an denen man selber Energie erzeugen kann oder auch einen öffentlichen Kühlschrank für Lebensmittel, die man selber nicht mehr verbraucht.

Ähnlich sah es auch in den anderen Gruppen aus, es herrschte arbeitsame Atmosphäre. Die Ähnlichkeiten zum ISEK lassen sich nicht verleugnen, der Verlauf des Abends lässt aber darauf hoffen, das die "Zukunftsstadt" wie angekündigt praktischere Ergebnisse zeitigen wird. Letztlich werden sich die Werkstätten, wie schon das ISEK, daran messen lassen müssen, wobei im Falle der gestrigen Veranstaltung noch das weiterkommen im Wettbewerb ein guter Indikator für Erfolg sein wird.

Der Prozess ist noch nicht am Ende, im neuen Jahr steht der nächste Werkstatt-Termin an. Am 18. Januar geht es dann um Mobilität zwischen Stadt und Land. Eingeladen sind wieder alle Interessierten, um vorherige Anmeldung wird gebeten, sie ist aber nicht zwingend erforderlich. Wer genaueres wissen will, erfährt alles rund um Nordhausen als "Zukunftsstadt" hier. Auf derselben Seite wird demnächst auch ein Videobeitrag zur gestrigen Werkstatt zu sehen sein.
Angelo Glashagel
Autor: red

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