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Weg von Wiese und Acker, rein in die Stadt

Freitag, 03. April 2015, 10:18 Uhr
Für die einen war der Anblick des zwischen dem einstigen Penny-Markt und der Straße der Genossenschaften eine Wildnis, für andere eine Oase der Natur. Jetzt ist die Fläche von rund 12 000 Quadratmetern beräumt. Im Frühjahr ein Verstoß gegen den Naturschutz. Die Beobachtung veranlasste Kurt Frank die Stadt einmal mit den Augen eines bauwilligen Investors zu erkunden...

Es muss nicht immer der Acker sein, Kurt Frank hat sich nach Bauland in der Stadt umgesehen (Foto: Kurt Frank) Es muss nicht immer der Acker sein, Kurt Frank hat sich nach Bauland in der Stadt umgesehen (Foto: Kurt Frank)

Spurensuche

Nordhausen. Ein Investor, weiß Mike Szybalski, Leiter Bauordnungsamt, plant hier eine Wohnbebauung.

Die Stadt will das nicht. Wichtiger ist ihr, betont Martin Juckeland, Amtsleiter Stadtentwicklung und Zukunftsfragen, die Freiflächen in der Altstadt und im innerstädtischen Bereich zu entwickeln, zu bebauen oder Baulücken zu schließen. Wo gibt es sie, diese Möglichkeiten innerstädtischer Bebauung? Die nnz begab sich auf Spurensuche.

Sonnenwinkel

Auf der gegenüberliegenden Seite, im Sonnenwinkel, wurde gebaut, weil seit Langem Baurecht besteht. Dennoch ist der Lückenschluss nicht beseitigt. Interessenten können noch Bauland erwerben, worauf unter anderem ein Werbeschild schließen lässt. Überhaupt sehen manche erschlossenen Wohngebiete aus wie eine Rasur, bei der der Friseur zwischenzeitlich verschwand.

Hoffen lässt die Bautätigkeit zwischen ehemaliger Rosenmühle und Altentor. Gelingt das Werk, wird die Altstadt attraktiver. (Foto: Kurt Frank) Hoffen lässt die Bautätigkeit zwischen ehemaliger Rosenmühle und Altentor. Gelingt das Werk, wird die Altstadt attraktiver. (Foto: Kurt Frank)

Hoffen lässt die Bautätigkeit zwischen ehemaliger Rosenmühle und Altentor. Gelingt das Werk, wird die Altstadt attraktiver.

Geseniusstraße/Altentor

Wie in der Geseniusstraße. Da wächst und gedeiht (unser Bild) neben dem schmucken Heim das Unkraut auf noch zu vergebenden freien Flächen. Das ehemals hoffnungsvolle Bauvorhaben zeitigt heute noch etliche Lücken. Hoffen lässt dagegen das Geschehen zwischen ehemaliger Rosenmühle und Altentor. Die Bebauung der Fläche, wenn sie gelingt, wertet diesen Bereich der Altstadt ungemein auf. Dazu zählt die Schärfgasse, wo sich die Städtische Wohnungsbaugesellschaft zu schaffen macht.

Weidenstraße

 Das Terrain zwischen Neuer Weg und Weidenstraße sei für eine Bebauung vorgesehen, ist aus dem Rathaus zu hören. (Foto: Kurt Frank) Das Terrain zwischen Neuer Weg und Weidenstraße sei für eine Bebauung vorgesehen, ist aus dem Rathaus zu hören. (Foto: Kurt Frank) Areal zwischen Weidenstraße und Neuer Weg

Für eine Bebauung vorgesehen ist in der Altstadt auch das Areal zwischen Neuer Weg und Weidenstraße. Die Freifläche, verlautete seinerzeit aus dem Rathaus, werde vorübergehend als Parkplatz hergerichtet, als Ersatz für den in der Wolfsstraße, der dem Bau der Marktpassage weichen musste. Das Glanzstück Passage erfreut sich mittlerweile seit über einem Jahr seines Daseins, bestückt mit einer Tiefgarage. Eine Parallelbebauung zur Weidenstraße würde das Bild abrunden, der Stadt gut zu Gesicht stehen.

An der Bleiche

Das wäre auch An der Bleiche so, wo eine Bebauung Richtung Zorgeufer schon einmal im Gespräch war. Die zur Verfügung stehende Freifläche (siehe Bild) lässt Raum für Reihenhäuser und Eigenheime, die sich gegenüber schon seit Jahrzehnten befinden. Wie sich das Terrain heute präsentiert, sollte den Stadtplanern zu denken geben.

Bäckerstraße

Gebaut werden könnte auch im Bereich der Bäckerstraße. Bereits vor acht Jahren fiel eine riesige Informationstafel ins Auge, auf der vielversprechend zu lesen war: „Hier entsteht eine Wohnanlage für Senioren.“ Daraus wurde nichts. Inzwischen sind die unterirdischen Kellergewölbe erforscht, weshalb die Absicht, dort etwas entstehen zu lassen, nicht auf Eis liegt. Was es werden könnte, weiß man im Rathaus noch nicht.

Projekt „IFA-Industriepark“

Von einer ehemals kleinen Wohnsiedlung nordöstlich von Drei Streif künden nur noch Hausruinen von einstigem Glanz. (Foto: Kurt Frank) Von einer ehemals kleinen Wohnsiedlung nordöstlich von Drei Streif künden nur noch Hausruinen von einstigem Glanz. (Foto: Kurt Frank) Von einer ehemals kleinen Wohnsiedlung nordöstlich von Drei Streif künden nur noch Hausruinen von einstigem Glanz.

Bis zur Wende herrschte in der kleinen Wohnsiedlung am Hüpedenweg unweit der alten Kaffeerösterei noch reges Leben. Kein Mensch tritt heute mehr aus den Geisterhäusern in einer Wildnis, welche die Kulisse für eine Räuberpistole bieten könnte. Die Hausruinen sollen abgerissen werden, verlautet aus dem Rathaus. Aber erst, wenn fällt, was von dem einst Vorzeigebetrieb Drei Streif übrig geblieben ist. Dafür, klärt Juckeland auf, fehle das Geld. Ob dem Vorhaben, das auch Wohnbauten beinhaltet, Leben eingehaucht werden kann, werden wohl erst unsere Enkelkinder erleben. Wenn überhaupt.

Bereich Harzer Stielwerke

Das Umfeld der ehemaligen Harzer Stielwerke in der Freiherr-vom-Stein-Straße macht jetzt – endlich! – einen ordentlicheren Eindruck. Es ist beräumt, das Buschwerk beseitigt, die Fläche eingezäunt und planiert. Noch in diesem Jahr fällt die Entscheidung, was hier gebaut wird.

„Wohnen an der Zorge“ schwebt der Landkreisverwaltung vor. Bei der Idee ist es bislang leider geblieben. (Foto: Kurt Frank) „Wohnen an der Zorge“ schwebt der Landkreisverwaltung vor. Bei der Idee ist es bislang leider geblieben. (Foto: Kurt Frank)
„Wohnen an der Zorge“ schwebt der Landkreisverwaltung vor. Bei der Idee ist es bislang leider geblieben.

Wohnen an der Zorge


„Wohnen an der Zorge“ kann man sich im Landratsamt vorstellen. Und zwar zwischen dem Fluss und dem einstigen Gaswerk. Allerdings blieb es bislang bei der Vorstellung. „Mit dem ehemaligen Gaswerkgelände beschäftigt sich die Verwaltung bereits wieder intensiv seit Juli 2012“, schrieb die Pressestelle auf Anfrage am 24. Januar 2013. Man prüfe, hieß es, welche sanierungsbedürftigen Gebäude im Bestand des Landkreises hergerichtet werden können. Die Sanierung des Geländes wolle man vorantreiben.

Landkreis prüft immer noch

Ein Jahr später, ist einer Antwort vom 13. Februar 2014 zu entnehmen, hält der Landkreis das Gaswerksgelände im Zentrum der Stadt „nach wie vor für eine attraktive Fläche in der Rolandstadt“ – nämlich für besagtes „Wohnen an der Zorge“. Der Boden, habe eine Untersuchung ergeben, sei aber immer noch belastet. Auf der Suche nach Investoren und dem Kaufpreis müsse das berücksichtigt werden. Mögliche Förderprogramme zur Sanierung von Altlastenstandorten habe die Kreisverwaltung geprüft, leider griffen keine der aktuellen Förderprogramme.

Ein Denkmal für den Landrat?

Prioritär kümmerte sich der Landkreis vor einem Jahr um diese Zeit „verwaltungsintern um die Fortschreibung der Schulnetzplanung und damit die konzeptionelle Nutzung und Weiterentwicklung der Schulgebäude.“ Sollte das mittlerweile erledigt sein, könnte sich der Landkreis erneut seiner – guten! – Idee widmen. Vielleicht ist es ihm nach drei Jahren zudem gelungen, festzustellen, welche Gebäude hergerichtet werden können. Man stelle sich das „Wohnen an der Zorge“ im Einklang mit dem Senioren-Wohn-und Pflegezentrum in der Geseniusstraße in unmittelbarer Nähe vor, das in diesem Jahr seine Bewohner erwartet. Der künftige Landrat oder -rätin könnte sich ein Denkmal setzen. Oder Gunnar Reuter, Geschäftsführer der kreiseigenen Servicegesellschaft.

Ein Wunsch des OB

Bei dem eifrigen Baugeschehen vergangener Jahre am Rande der Stadt oder auf der Wiese, die da grünte, hatten Schandflecken und Baulücken innerhalb ihres Territoriums Schonzeit. Die Spurensuche ergab eindrucksvoll: Im innerstädtischen Bereich der Rolandstadt gibt es noch genügend Möglichkeiten nicht nur für den Wohnungsbau. Oberbürgermeister Klaus Zeh scheint das erkannt zu haben. Seit er im Rathaus regiert, ist eine Tendenz erkennbar: Mehr Beachtung der innerstädtischen Bebauung, den Lückenschließungen. Weg von Ackerland und Wiese. Die Frage ist nur, ob sich auch Investoren finden, suchen sie doch gern den bequemeren Weg, den auf Wiesen und Ackerland.

Konsequenzen

Aus der löblichen Erkenntnis der Stadt, keine neuen Wohngebiete außerhalb der innerstädtischen Bereiche haben zu wollen, sollte sich der Wille ergeben, Investoren oder Bauwillige strikt auf innerstädtische Bereiche zu verweisen. Auch den Investor, der in Ilfeld wohnen soll und der die Fläche gegenüber dem einstigen Penny-Markt einebnen ließ.
Kurt Frank
Autor: red

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