nnz-online

Forum: TTIP & CETA wer oder was ist das?

Montag, 01. Dezember 2014, 18:20 Uhr
Zum Anfang möchte ein Leser der Nordthüringer Online-Zeitungen einen Ausspruch des Ministers für Wirtschaft und Energie (Sigmar Gabriel) zum Besten geben. Da heißt es: „Das Einkommen eines Bundestagsabgeordneten und Ministers würde nicht ausreichen, um die Klagen durchzustehen die ich zu erwarten hätte, wenn ich mich zu TTIP konkret äußern würde“...


Soviel zu der viel gerühmten Transparenz. Eine offizielle Europäische Bürgerinitiative (EBI)gegen TTIP & CETA wurde von der EU nicht genehmigt. Warum wohl? Es wurde trotz allem eine EBI gestartet, die mittlerweile fast eine Millionen Unterschriften eingebracht hat. Diese Entwicklung sehen viele EU-Politiker/Innen mit Sorge, aus welchem Lager die Damen und Herren kommen, muss man wohl nicht extra betonen?

Hierzulande wird man ja mittlerweile als antiamerikanisch abgestempelt, wenn man es auch nur wagt das sogenannte Freihandelsabkommen, welches uns die Amerikaner förmlich aufzwingen wollen, in verschiedenen Punkten kritisiert. Es würde mich auch nicht wundern, wenn man die TTIP & CETA Gegner als Terroristen einstufen würde.

Kommen wir zum Freihandelsabkommen TTIP oder CETA von denen uns die Politiker vorgaukeln wollen, dass es für Europa große Vorteile bringen wird. Ich habe das Ganze einmal von eine anderen Seite betrachtet. Dazu war ich in Erfurt, wo Stefan Körzell, Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstands des DGB, einen Vortrag über die Vor und Nachteile des Abkommens gehalten hat. Ich möchte hier Auszüge seines Vortrags wiedergeben.

Durch das Freihandelsabkommen neueren Typs, soll es enorme Senkungen beim Zoll geben. Allerdings liegen die Zölle jetzt schon sehr niedrig, sie liegen derzeitig bei 4% für Industriegüter. Fragen wir doch einmal, wer sind die Gewinner und wer sind die Verlierer, wenn so ein einseitig gestricktes Abkommen in Kraft tritt? Zu den Gewinnern zählen auf jeden Fall die mittleren und großen kapitalistischen Konzerne.

Das große Nachsehen haben wie immer die sogenannten Arbeitnehmer und der normale Bürger. Auf die positive Auswirkung von TTIP oder CETA muss ich nicht besonders eingehen, die werden ja zur Genüge von den regierungsfreundlichen Medien mit viel List und Tücke an den Mann gebracht. Auf ein Beispiel möchte ich dennoch eingehen, weil es der deutschen Pharmaindustrie nicht so recht in ihr Konzept passen wird. Es handelt sich um die Zulassungsbestimmungen für klinische Geräte und Medikamente.

Die Bestimmungen in den USA sind weitaus schärfer und das gefällt den hier ansässigen Pharmakonzernen nicht. Heutzutage werden viele amerikanische fragwürdige medizinische Neuerfindungen in Deutschland getestet, um den strengen Gesetz in den USA zu umgehen. Dieser Punkt zeigt schon sehr deutlich, wohin TTIP uns führt, nämlich in einen Raubtierkapitalismus.

Kommen wir zu den Punkten, von denen behauptet wird sie bringen uns nur Gutes, über die wir aber nicht konkret unterrichtet werden. Bei diesen Punkten zeigt sich wieder einmal, was unsere Regierenden so unter Transparenz verstehen. Da soll es die sogenannten Schiedsverfahren geben (Investor to State Dispute Settement, ISDS). Nach meinem Verständnis, können dann ein paar windige Anwälte, Staaten auf Schadensersatz verdonnern, ohne ein Gericht bemühen zu müssen. In den meisten Fällen werden es Anwälte der Konzerne sein. Wenn das kein riesiger Erfolg ist, fragt sich nur für wen?

Durch dieses Abkommen ist es gewissen Konzernen möglich die ILO-Kernarbeitsnormen zu umgehen. Die Amerikaner haben nämlich einen sehr niedrigen Standard, wenn es um Arbeitsrecht und Sozialrecht geht. Die einzigen Normen zu dem man sich bekennen musste, ist das Verbot von Kinderarbeit und Versklavung, ob man sich immer daran hält. Jeder weiß, dass in Amerika sowie in Deutschland Artikel verkauft werden, die durch Kinderhände hergestellt wurden.

Von dem großen Vorteil für die Wirtschaft ist die Rede. Eine Studie von der EU in Auftrag gegeben kommt zu dem Schluss, dass die EU-Wirtschaftsleistung selbst im günstigsten Fall durch TTIP nur um rund 0,5% zulegen würde und zwar innerhalb von rund 15 Jahren. Auch die Jobeffekte wären voraussichtlich netto nicht sehr groß. Das ifo-Institut hat hierzu zwei Studien erstellt (für das BWWI und für die Bertelsmann-Stiftung) das Ergebnis, langfristig gebe es eine Arbeitskräftesteigerung. Aufs Jahr berechnet sind das 0,03% für die USA und 0,05% für die EU. Das heißt, dass der Beschäftigungseffekt selbst unter außerordentlich günstigen Annahmen winzig ist.

Das Freihandelsabkommen ist gut, solange dadurch wirtschaftliche Bedingungen geregelt und vereinfacht werden. Es muss nicht sein, dass Autos mit verschieden großen Rückspiegeln ausgerüstet sind, oder dass ein Auto ein gelbes und ein anderes Auto ein rotes Blinklicht hat. Genau für so einen Schwachsinn ist das Abkommen gut, aber nicht für den Abbau von sozialen Standards, die man mit der Einführung von TTIP rechnen muss. Aus diesem Grund ist auch CETA abzulehnen. Haben wir erst CETA dann kommt TTIP durch die Hintertür über Canada.
Harald Buntfuß, Nordhausen
Anmerkung der Redaktion:
Die im Forum dargestellten Äußerungen und Meinungen sind nicht unbedingt mit denen der Redaktion identisch. Für den Inhalt ist der Verfasser verantwortlich. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor.
Autor: red

Drucken ...
Alle Texte, Bilder und Grafiken dieser Web-Site unterliegen dem Urherberrechtsschutz.
© 2021 nnz-online.de