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Als es noch richtige Winter gab...

Freitag, 14. November 2014, 09:38 Uhr
Nach Geschichten über das Färben der Hauskatze, dem misslungenen Versuch den Hauskater zu einem „Jagdkater‘ auszubilden und dem Ritt auf einem Zirkuskamel – alles Erlebnisse aus seiner Kinderzeit in Niedersachswerfen, folgte nun die Fortsetzung in Form einer weiteren Lesung am Montag im „Asternhof“ Ellrich...

Dr. Wolfgang R. Pientka liest im Asternhof in Ellrich (Foto: privat) Dr. Wolfgang R. Pientka liest im Asternhof in Ellrich (Foto: privat)

Die im Frühjahr dieses Jahres vorgetragenen Erlebnisse, aufgeschrieben und gelesen durch Dr. Wolfgang R. Pientka, fanden bei den Heimbewohnern so viel Anklang, dass um einen weiteren Nachmittag gebeten wurde.

Gern kam das Ehepaar Dres. Pientka dieser Bitte nach, denn Geschichten gibt es genügend – alle ursprünglich aufgezeichnet für die vier Enkelkinder, damit diese auch einmal hören, wie man als Kind in den späten Fünfzigern und frühen Sechzigern des vorigen Jahrhunderts auf dem Dorf lebte und was man erleben konnte in einer Zeit, die keinen Fernseher und Play-Station kannte, in der man täglich – sommers wie winters – draußen spielte und in der es ab und an auch Ohrfeigen und mehr als einen Klaps auf den ‚Hintern‘ gab, wenn die Streiche Formen annahmen, die vielleicht damals Opa und Oma verziehen, die Eltern jedoch nicht hinnehmen konnten.

Auf Wunsch des Pflegeheimes sollten es Geschichten sein, die um die Weihnachtszeit spielten und auf den bevorstehenden Winter einstimmten. Und so lebten die Senioren förmlich auf bei den Beschreibungen der damaligen Winter mit den (heute) gefühlten Unmengen an Schnee, dem täglichen Schaufeln, einer Kälte mit ‚Kältefrei‘ in der Schule.

Viele fühlten sich förmlich zurück versetzt in ihre Vergangenheit, wo die Einfachfenster innen auf der unteren Hälfte mit einer Decke zugehangen wurde, wo man in die sich aufrankenden Eisblumen Löcher hinein hauchen konnte, wo nachts im Schlafzimmer die Tapete vom Eis glitzerte, wo nicht einmal die Katzen Lust hatten nach draußen zu gehen und lieber am warmen Ofen lagen. Die ‚Herzhäuschen‘ auf dem Hof und das morgendliche Hinauslaufen zu diesen Toiletten, noch im Schlafanzug und dies bei zuweilen 20 Grad Minus und darunter, ließen Erinnerungen hochkommen, die sich in Gesprächen unter den Senioren vertieften.

Und genau dies war der Zweck dieses Nachmittags – ein „Rücksturz“ in eine Zeit, in der man trotz schwerer Arbeit und auch gewisser Not und Einschränkungen mehr Zeit hatte für die Familie, den Nachbarn, für Bekannte und Freunde. Richtig lebhaft wurde das Mitgehen bei einer Geschichte, in der erzählt wurde, wie bei Pientkas damals in der Vorweihnachtszeit auch Wurst vom Pferdeschlächter aus Salza geholt wurde, denn das Geld war knapp und die Eltern hatten ihr Tun jeden Tag die Familie – und damals lebten Oma, die Eltern und die zwei Kinder noch in einer relativ beengt „unter einem Dach“ zusammen – satt zu bekommen.

So gehörten die dick geschnittenen Scheiben dieser Wurst auch gewissermaßen zu den Höhepunkten der Adventszeit und als Junge fuhr man gern allein nach Salza, nur weil der Schlachter eben sofort solch Scheibe über den Tresen reichte.

Zum Abschluss gab es reichlich Applaus und auf Bitte der Bewohner die Zusage im kommenden Frühjahr eine dritte Lesung folgen zu lassen. Stoff gibt es genug und so kann man sich bereits heute im „Asternhof“ auf eine weitere Lesung freuen.
Simone Burghardt, Senioren- und Pflegeheim“ Asternhof“ Ellrich
Autor: red

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