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Große Hendrich-Werkschau

Freitag, 17. Oktober 2014, 18:12 Uhr
Mit einer umfangreichen Sonder-Ausstellung mit Werken des Malers Hermann Hendrich im Schloss in Heringen anlässlich seines 160. Geburtstages rückt ab 29. Oktober 2014 bis zum 31. März 2015 eine Künstlerpersönlichkeit ins Blickfeld, die am 31. Oktober 1854 in Heringen an der Helme geboren wurde...

Hendrich und seine Frau in Schreiberhau (Foto: Archiv Kneffel) Hendrich und seine Frau in Schreiberhau (Foto: Archiv Kneffel)

Eine Tafel am Geburtshaus, Straße der Einheit 22, erinnert daran. Sie wurde anlässlich seines 70. Geburtstages vom Magistrat der Stadt Heringen angebracht. Noch ein zweiter Ort im Landkreis Nordhausen ist mit Hermann Hendrich verbunden, Kleinfurra.

In die dortige Wippermühle verzog die Familie, als der Junge fünf Jahre war. Hier gab es prägende Erlebnisse, die der Künstler später eindrücklich beschrieben hat. Hendrich starb am 18. Juli 1931 in Schreiberhau in Niederschlesien am Riesengebirge, wo er zuletzt seinen Wohnsitz hatte, als ihn beim Überqueren der Bahngleise ein Zug erfasste. Ihn hatten die dortige Künstlerkolonie, die imposante Landschaft und die Sagen um Rübezahl angezogen und zum Schaffen angeregt. Die Sagenhalle, 1903 mit acht seiner Gemälden eröffnet, existiert nicht mehr.

Auf seine Initiative geht auch die 1913 zu Ehren Richard Wagners errichtete Nibelungenhalle in Königswinter zurück, ein Gesamtkunstwerk im späten Jugendstil mit zwölf großen Gemälden Hendrichs zum mehrteiligen Tondrama des Komponisten „Ring des Nibelungen“. Der Kuppelbau wurde in letzter Zeit mit Fördermitteln restauriert. Hendrich Nibelungenhalle Der Künstler wird in der Literatur als „Malerpoet“ bezeichnet. Er schuf zahlreiche Landschaften, deren Motive er vor allem im Harz, in Norwegen, auf der dänischen Insel Bornholm und im Riesengebirge fand.

Zu den reinen Landschaftsdarstellungen kommen Werke, in denen er Gestalten aus dem nordisch-germanischen Sagen- und Mythenkreis, aus mittelalterlichen Heldenepen, aus Märchen mit der Natur verwob. Auch die Darstellung von Stillleben findet sich in seinem Werkverzeichnis. Er drückte sich vor allem mit Ölfarbe, aber auch mit Tempera, mit Aquarellfarben und Pastellkreiden aus. Im Schloss Heringen werden ca. sechzig Werke von mehreren Leihgebern gezeigt.

Vielleicht gelingt es während der Ausstellungsdauer, eine Straße in dem Goldene-Aue-Städtchen nach ihm zu benennen. Immerhin hat er seinen Geburtsort in die Kunstwelt getragen und zu Lebzeiten große Aufmerksamkeit mit seinen Kunstwerken erregt. In Berlin, einem Ort, wo Hendrich studierte und viele Jahre wirkte, erinnert der Hendrichplatz an ihn, auf den die Heringer Straße mündet.
Hendrichs Witwe Clara, die er in Amsterdam kennengelernt hatte, vermachte vor ihrem Tod 1938 einen Teil des künstlerischen Nachlasses dem Harzstädtchen Thale, denn oberhalb der Kleinstadt hatte Hendrich auf dem Hexentanzplatz 1901 die Gelegenheit erhalten, für 5 seiner großen Ölgemälde, die Szenen aus der Walpurgisnacht des Goethedramas „Faust I“ vom Standpunkt eines bildenden Künstlers zeigen, sein erstes Gebäude für seine Kunst zu bauen, die Walpurgishalle, die zur Zeit restauriert wird.

Ursprünglich wollte er sie auf dem Brocken errichten, aber der Fürst von Stolberg-Wernigerode gab keine Erlaubnis. Hendrich äußerte 1921 über diese Halle mit seinen Kunstwerken: „Der Höhepunkt meiner Lebens- und Schaffensfreudigkeit gipfelte wohl in der Einweihung und Eröffnung der Walpurgishalle durch Staatsminister von Bötticher ... Die phantastische Goethesche Walpurgis-Dichtung, welche ich schon als Junge auswendig kannte sowie die heimatliche Natur begeisterten mich zu dieser Bilderfolge.“

Hendrichs Ölgemälde bestechen in der Komposition und in der Farbe. Besonders letztere wirkt auf den Betrachter. In der Broschüre: „Unsere Landschaft in der deutschen Kunst ...“, 1923 von Wilhelm Kolbe in Bleicherode herausgegeben, heißt es: " ... so läßt Hendrich die deutsche Gebirgslandschaft unter seinem Pinsel in Farbenduft und Farbenfluten erglühen ... Es ist eine tiefe Liebe zur deutschen Heimat, die ihn hier mit feurigen Zungen reden heißt; er ist nicht umsonst in der einsamen Waldmühle bei Nordhausen, in Kleinfurra, aufgewachsen mit den Märchen und Sagen. ... Vor allen Dingen sind es die beiden Jahreszeiten, in denen die deutsche Landschaft ihre farbigsten Gewande antut, sind es Frühling und Herbst, die ihn immer wieder von Neuem anziehen ... Und zwischendurch zieht es ihn dann wieder über das Meer, nach Nordland, an die sagenumsponnene Insel Bornholm, deren klippenreiche Gestade und stillen Felsbuchten die grüne Meeresflut mit geheimnisvollen Glanz umspült."

Als Hermann Hendrich der Stadt Nordhausen 1927 zum 1000-jährigen Jubiläum gratulierte, erinnerte er sich an die umfängliche Ausstellung seiner Bilder 1911 im Stadthaus Nordhausen, wo damals der Nordhäuser Kunstverein in den Räumen, wo jetzt der Oberbürgermeister sein Domizil hat, beachtenswerte Kunstausstellungen veranstaltete. In einer Rezension aus dieser Zeit heißt es: „ Horch! Hören wir nicht bekannte Musik wie aus weiter Ferne …? Es ist Wagnermusik, die wir zu hören vermeinen, stehen wir vor den Bildern Hendrichs.. Die Stoffe aus den Musikdramen des Bayreuther Meisters behandelt er ganz eigenartig, mystisch; es sind nicht Illustrationen, sondern ganz freie Behandlungen des Themas ....“

Des Künstlers Bilder, die in Heringen gezeigt werden, tragen u. a. die Titel: „Hundings Hütte“, „Wotans Abschied von Brunhilde“, „Die schlafende Brunhilde“, „Walkürensturm“, „Begegnung Siegfrieds mit dem Drachen“, „Irrlichtertanz“ (Faust und Mephisto), „Gretchens Erscheinung“, „Das Märchen von der grünen Schlange“, „Karfreitagzauber“ (Parsifalzyklus), „Sterbender Tristan“, „Mondschein über dem Kyffhäuser“, „Herbstlandschaft in der Abendsonne“, „Aufziehendes Gewitter über der Roßtrappe“, „Blick auf den Brocken“, „Waldinneres“, „Flußlauf im herbstlichen Riesengebirge“, „Italienische Landschaft mit Tempel“.

In der Sonderausstellung im Schloss sind in mehreren Vitrinen zusätzliche Informationen zu erhalten, die aus dem Archiv der Stadt Thale, aus dem Kreisarchiv Nordhausen, aus dem Fundus des Vereins Nibelungenhort, aus dem Besitz der Interessengemeinschaft Heringen und von Privatpersonen stammen. Während der Ausstellungsdauer werden mehrere Vorträge zu Hermann Hendrich und seinem Werk angeboten.
Heidelore Kneffel
Autor: red

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