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nnz-Forum: Nichts in Politik verloren

Freitag, 12. September 2014, 18:55 Uhr
Ich möchte mich im Folgenden zu den, von Inge Klaan, getroffenen Aussagen äußern. In einem Facebook-O-Ton Ihrerseits hat sie einst gesagt: „Wirtschaft, Bildung, Infrastruktur Spitzenklasse.“ Da muss ein nnz-Leser doch leider zweifeln, ob die Staatssekretärin in den vergangenen Jahren auch in Thüringen anwesend war?


Die Wirtschaft Spitzenklasse? Sie befindet sich zugegebenermaßen im Aufschwung. Doch wahrliche Spitzenklasse ist die Thüringer Wirtschaft nicht. Das findet man in Brandenburg, das das größte Wirtschaftswachstum aller Bundesländer nachweisen kann. Besser als Bayern und auch besser als Thüringen. Übrigens ein rot-rot regiertes Bundesland.

Infrastruktur Spitzenklasse? Allein in unserem Landkreis finden sich viele Gegenbeispiele. Überall, sei es in der Gemeinde Harztor oder der Landgemeinde Heringen, wird seit vielen Jahren bereits um einen Ausbau des Radwanderweges gekämpft, nur von Landesebene kommt wenig.

Zwischen Uthleben und Heringen musste erst ein Mensch auf dem Fahrrad bei einem Verkehrsunfall sterben, bevor der lange zuvor geforderte Radweg gebaut wurde. Mindestens genauso gefährlich ist die Strecke zwischen Uthleben und Sundhausen, bei der ein Autofahrer, wenn er über die Autobahnbrücke fährt, die Strecke hinter dem Hügel nicht einsehen kann.

Dabei ist die Straße dort so eng, dass bei Gegenverkehr und einem vorausfahrenden Fahrrad nahezu keine Chance besteht, diesem noch auszuweichen. Das hier noch kein Unglück geschehen ist, grenzt an ein Weltwunder! Selbst ihre eigenen Parteimitglieder riefen zu einer Demonstration (Fahrrad-Demo) auf, um die eigene Landesregierung vielleicht so zum Umdenken zu bewegen.

Doch selbst als zuletzt CDU-Bauminister Carius in der Landgemeinde Heringen zu Gast war, verweigerte er ein klares Bekenntnis zu dem Ausbau des Radwegnetzes. Doch nicht nur an Radwegen hapert es im Landkreis. Auch viele Straßen sind marode und bereits seit Jahren dringend sanierungsbedürftig.

Die Karl-Marx-Straße in Uthleben ist dabei nur eines von vielen Beispielen, wo selbst der Landgemeinde Bürgermeister (übrigens ebenfalls in ihrer Partei) in der Zeitung zitiert wird, dass er nicht mehr reinen Gewissens behaupten kann, dass dies noch eine Straße sei. Das muss man sich einmal vorstellen! Eine der Hauptverkehrsstraßen der Landgemeinde Heringen wird vom eigenen Bürgermeister so bezeichnet und Frau Klaan stellt sich hin und sagt unsere Infrastruktur ist Spitzenklasse.

Bildung Spitzenklasse? Wo soll man da nur anfangen? In dem Koalitionsvertrag der Thüringer CDU und SPD von 2009 steht vereinbart, dass bis 2014 2500 neue Lehrer eingestellt werden sollen, sprich 500 pro Jahr. Eingestellt worden bis jetzt tatsächlich aber erst 1200, also nicht einmal die Hälfte von dem zuvor vereinbartem.

Die Schuld daran trägt nicht Kultusminister Matschie (SPD), sondern Finanzminister Voß (CDU), der in den ersten drei Jahren diese zuvor geschlossene Koalitionsvereinbarung blockierte, so dass in den ersten drei Regierungsjahren zusammen (!) gerade einmal 450 Lehrer neu eingestellt worden sind. Das ist eine bewusste Täuschung der Wähler und des Koalitionspartners! Und jetzt wollen sie 1000 Lehrer neu einstellen, um den akuten Lehrermangel entgegenzutreten? Das ist doch ein hausgemachtes Problem! Dazu war die letzten 25 Jahre Zeit!

Eine mir bekannte Lehrerin sagte zuletzt: „Als ich zur Wende an diese Schule kam, war ich die jüngste Lehrerin. Jetzt bin ich es immer noch.“ Doch nicht nur an Lehrern mangelt es in Thüringen, auch 8000 ErzieherInnen fehlen an den Kindergärten unseres Freistaates und den Universitäten und Fachhochschulen werden permanent die Gelder gekürzt, so dass Personal entlassen und Studienfächer gestrichen werden müssen.
Nicht finanzierbar? Doch! Durch die Auflösung des Landesverwaltungsamtes allein werden über 500 Millionen Euro eingespart! Steigert das die Arbeitslosenzahlen? Nein!

Denn 22000 Beschäftigte gehen in den kommenden Jahren bereits in Rente, daher gibt es keinen günstigeren Zeitpunkt mit der Abschaffung dieses Amtes zu beginnen. Positiver „Nebeneffekt“: Die Politik wird entbürokratisiert und direkter zwischen Kommunaler und Landesebene. Auch die Abschaffung des überflüssigen Landeselterngeldes und die Auflösung des Thüringer Verfassungsschutzes lassen sich die Einsparungen deutlich erhöhen, womit eine faire und sozialere Umverteilung machbar wird. Doch dagegen sträubt sich bisher lediglich die CDU.

Sehr geehrte Frau Klaan, wenn Sie das als Spitzenklasse ansehen, dann haben Sie in der Politik nichts verloren.
Tim Rosenstock
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Autor: red

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