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Regionales Management (7)

Freitag, 12. September 2014, 06:20 Uhr
Im Teil 6 wurden konkrete Chancen für unsere Region durch Einrichtung eines Biosphärenreservates aufgezeigt. Dennoch existieren bei vielen Menschen keine ausreichenden Kenntnisse hierüber was zu vielen Fragen führt. Auf die wichtigsten soll näher eingegangen werden...


Werden Arbeitsplätze geschaffen oder sogar verhindert?
Oft hört man das Argument, ein BR habe keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen. Dies ist aber nicht der Existenz eines BR anzulasten, da die Frage besteht, ob es OHNE ein BR überhaupt zur Schaffung dieser Arbeitsplätze gekommen wäre. Hierüber kann es letztlich keinen gesicherten Beweis geben. Das Instrument der Zonierung schließt Industrieansiedelungen nicht aus (allenfalls steuert es den Ort und die Bedingungen der Ansiedlung, genau wie Regionalpläne, Bebauungs- und Bewirtschaftungspläne einer Kommune oder gesetzliche, auch ohne ein BR vorhandene, Umweltbestimmungen).

Gibt es Betretungsverbote in einem BR?
Es gibt keine Betretungsverbote, die über andere, im Rahmen von bereits bestehenden Naturschutzverordnungen bestehende Regelungen hinausgehen.

Würden Ortschaften in einem BR liegen?
Kleinere Ortschaften würden in einem BR liegen. Grundsätzlich werden aber alle Siedlungs-, Industrie- und Gewerbeflächen in der Entwicklungszone liegen, in der es keine Nutzungsbeschränkungen geben würde, die nicht auch ohne ein BR bereits existieren.

Werden Verkehrsprojekte behindert?
Der Ausbau von Bahnstrecken wird befürwortet, ebenfalls eine Stärkung von Verbundsystemen und besserer Vertaktung. Der Ausbau vorhandener Straßen sollte möglichst dem Neubau vorgezogen werden. Das Radwegenetz kann gefördert werden. Der Bau von Umgehungsstraßen zur Minderung von innerörtlichen Belastungen wäre unter Umständen genehmigungsfähig (s.o.).

Werden Waldbesitzer in ihren Nutzungsmöglichkeiten quasi enteignet?
Nein. In vielen BR umfassen die Kernzonen ausschließlich bereits ausgewiesene NSG bzw. Staatsforst, auch wenn damit eventuell. übergangsweise eine naturnahe Bewirtschaftung erst noch etabliert werden muss. Private Waldflächen können dann ausschließlich den Pflegezonen zugeordnet werden.

In unserer Region wird die Mehrheit der privaten Forste bereits naturnah bewirtschaftet. Somit könnte ein Ansatz für das BR darin bestehen, sich auf gemeinsame "Standards" nach guter forstwirtschaftlicher Praxis zu verständigen. Ein Ziel könnte sein, gesunde Buchenwälder oder Laubmischwälder zu regenerieren oder zu erhalten, mit bodenschonender bzw. einzelstammweiser Gewinnung von Holz. Dieses Holz könnte FSC-zertifiziert und entsprechend vermarktet werden.

Müssen Bauern Einschränkungen befürchten, die sich negativ auf die Ertragslage auswirken?
Kein Bauer wird durch ein BR zu einer bestimmten Wirtschaftsweise verpflichtet. Die Chancen für neue Wirtschaftsformen steigen jedoch durch Wissenstransfer, Werbung, Vermarktungskonzepte und Fördergelder. Bei den Kernzonen handelt es sich ohne hin nicht um landwirtschaftliche Fächen. Die Pflegezonen umfassen in der Regel auch NSG oder LSG, deren Verordnungen weiter gelten, zudem sind betreffende Gebiete als FFH-Gebiet gemeldet und müssen daher auch ohne ein BR geschützt werden. In den Entwicklungszonen gibt es keine Einschränkungen der landwirtschaftlichen Nutzung.

Es sollen jedoch in BR wirtschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine weitestmögliche Reduktion von Dünge- oder Pflanzenschutzmitteln ermöglichen oder der Extensivierung bisher intensiv genutzter Flächen Vorrang vor der Stillegung eingeräumt werden. In verschiedenen BR ist die Nutzung von mineralischem Dünger, Pflanzenschutz- oder Schädlingsbekämpfungsmittel NICHT generell untersagt sondern sehr differenziert geregelt.

Wird durch ein BR mehr Bürokratie geschaffen?
Bestehende gesetzliche Regelungen haben weiter Bestand und werden durch ein BR nicht verändert. Die Verwaltung eines BR soll (nicht muss) der oberen Naturschutzbehörde zugeordnet werden. Für die Prüfung von Nutzungskonzepten ist auch ein abgestuftes Modell möglich (z.B. Änderungen an den Kernzonen als Zuständigkeit der Oberen Naturschutzbehörde, Änderungen der Pflegezone als Zuständigkeit der Unteren Naturschutzbehörde). Diese Behörden besitzen auch ohne ein BR bereits großen Einfluss auf die Landschaftspflege. Generell bestehen (nachprüfbar bei anderen BR) zahlreiche Gestaltungsspielräume über Zonierungen, Zielstellungen, Gebote, Verbote, Bestandsschutz, Härtefallregelungen und Einzelfallentscheidungen.
(Quelle: Fragen und Antworten zum geplanten Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz, GFB e.V., ergänzt)

Schlussbemerkung

In dieser Serie wurden zahlreiche Probleme des bisherigen regionalen Managements und der regionalen Entwicklung aufgezeigt. Ein Biosphärenreservat wäre keinesfalls ein "Allheilmittel", aber eine Chance für nachhaltiges regionales Management in unserer Region. Ansonsten läuft eben alles weiter wie bisher...

Die Fördertöpfe sind übrigens die gleichen, aber die Koordinierung des Einsatzes der Mittel wäre sicher besser. Externe Evaluierung auf Nachhaltigkeit ist ein Standortvorteil im Wettbewerb von Regionen um Fördermittel! Und vielleicht kann man manche Dinge sogar besser machen als in anderen BR.
Ins Leben rufen und finanzieren muss es das Land. Mit Leben erfüllen müßten wir es, damit es kein "Luftschloss" bleibt. Es interessiert nicht, wer irgendwann einmal welche Meinung in der Vergangenheit vertreten hat. Es geht um die Zukunft. Es könnte gelingen, wenn wir alle, wirklich alle, in der Region ins Boot holen.
Dr. Christian Marx
Autor: red

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