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Das Zweifeln einer Kammer

Dienstag, 10. April 2012, 14:28 Uhr
Seit dem 1. Januar 2012 gilt nunmehr das neue Thüringer Ladenöffnungsgesetz. Danach dürfen Arbeitnehmer an mindestens zwei Samstagen im Monat nicht beschäftigt werden. Ein von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten stellt jetzt fest, dass das Gesetz mit den einschlägigen Bestimmungen der Landesverfassung nicht im Einklang steht...


„Das Gutachten belegt eindeutig, dass der Landesgesetzgeber in den abgesteckten Bereich der Grundrechte eingriffen hat, mit der Folge, dass die systemwidrig geschaffene neue Rechtslage gegen die Landesverfassung verstößt“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Gerald Grusser.

Die 32-seitige Expertise wurde von Harald Graef, dem ehemaligen Präsidenten des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, im Auftrag der IHK erstellt. Nach seiner Auffassung sei der Landesgesetzgeber ohnehin nicht zu einer solchen Regelung befugt, weil sie in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gehöre, aber auch nur dann, wenn sich eine klare Lücke im Bundesrecht ergebe.

Darüber hinaus sei es auf der Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes ausschließlich den Tarifparteien vorbehalten, in einzelnen Tarifverträgen festzuhalten, in welchem Umfang sie die Beschäftigungsverhältnisse ausgestalten.

In diese gesetzlich begründete Tarifautonomie werde durch das generelle Beschäftigungsverbot an Samstagen ohne Rechtfertigung eingegriffen. „Für den Handel ist das Gutachten ein Lichtblick, das Gesetz wieder zu kippen. Viele Betriebe können sich gar nicht an die neuen Vorgaben halten, ohne Einschnitte im Service hinnehmen zu müssen“, so der IHK-Chef. Das Gesetz wäre auch nicht im Sinne der Mitarbeiter im Einzelhandel, denn es hätte die Reduzierung der Arbeitszeiten von Vollzeitbeschäftigten zur Folge und begünstige Teilzeitarbeit an den umsatzstarken Samstagen.

„Bereits vor Wochen wurde uns eine Rechtsverordnung von Seiten des Sozialministeriums zugesagt, die weitgehende Ausnahmen beinhalten sollte. Ein Vierteljahr ist inzwischen vergangen und bis heute liegt uns noch nicht einmal ein Entwurf vor“, kritisiert Grusser.

Die FDP-Landtagsfraktion will nun aufgrund der negativen Auswirkungen des Gesetzes auf den Einzelhandel und der deutlichen Gutachterposition eine Normenkontrollklage gegen das Thüringer Ladenöffnungsgesetz einleiten.
Autor: nnz

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