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nnz-Forum: Gefahren für Bärlauchsammler

Sonntag, 01. April 2012, 07:31 Uhr
Im gestrigen Beitrag über das Bärlauchsammeln haben einem Leser der nnz warnende Hinweise gefehlt. Denn es besteht für "Wald-Anfänger" eine gefährliche Verwechslungsgefahr...

Bitte nicht verwechseln (Foto: B. Schwarzberg) Bitte nicht verwechseln (Foto: B. Schwarzberg)
Wenn sich die attraktiven Blüten der Herbst-Zeitlosen (Colchicum autumnale) auf unseren Wiesen öffnen, geht der Sommer seinem Ende entgegen. Die ausgesprochene Giftigkeit sieht man ihnen nicht an.Doch selbst das Vieh meidet meist die im Frühjahr erscheinenden Blätter der Art.

Der beliebte Bärlauch ist eine Art wasserzügiger, schattiger Laubwälder mit dem Schwerpunktvorkommen in Buchen-, Eschen- und Ulmen- bzw. Auwäldern aus eher basischem Untergrund. Gerade dort aber finden auch andere, giftige Frühjahrsgeophyten ihnen zusagende Lebensbedingungen, so das Maiglöckchen Convallaria majalis und der Aronstab Arum maculatum.

Diese können vor ihrer Blüte eventuell mit dem Bärlauch verwechselt werden. Erstere enthält in allen Pflanzenteilen ähnlich dem Fingerhut herzwirksame Glykoside, die bei Aufnahme von Pflanzenteilen selten zum Tod (bei Federvieh um so mehr), aber zu schweren Vergiftungserscheinungen führen können. Der Aronstab hingegen enthält cyanogene Glykoside, die nach Luftzutritt Blausäure freisetzen können sowie Oxalsäure-Salze, die zu starken und gefährlichen Reizungen der Schleimhäute führen können.

Diese Gefahren sind jedoch nichts gegen jene, die von der immer wieder auftretenden Verwechslung des Bärlauchs mit den Blättern der Herbst-Zeitlosen (Colchicum autumnale) zu benennen sind. Dieses Liliengewächs siedelt zwar auf nährstoffreichen, feuchten Wiesen und nicht in Wäldern, es kann aber in den Übergangszonen von Wald und Wiese u. U. durchaus gemeinsam mit dem Bärlauch auftreten, der gelegentlich aus dem Wald heraustritt.

Bekanntermaßen treibt die Herbst-Zeitlose im Frühjahr ihre großen, ungestielten längsgerillten Blätter (beides Unterschiede zum Bärlauch!) und blüht, der Name sagt es, im Herbst. Ein weiterer wichtiger Unterschied zum Bärlauch ist die zwischen den bei der Herbst-Zeitlosen rosettig angeordneten Blättern tief eingesenkt stehende grüne Samen-Kapsel. Achtung! Diese tritt nur bei Pflanzen auf, die im Jahr davor geblüht haben!

Ein Geruchstest beim Sammeln ist übrigens nicht zu empfehlen! Die Finger können den Bärlauchgeruch bereits angenommen haben und die Geruchlosigkeit der Herbst-Zeitlosen kaschieren! Die Tropolon-Alkaloide der Herbst-Zeitlosen (u.a. Colchicin) werden gegen Gicht verordnet, sind aber bereits in geringen Dosen (Samen bei Kindern 2 g) aber unter Umständen tödlich. Sie verursachen zum Beispiel schwerste blutige Durchfälle („vegetabilisches Arsenik“), Lähmungen sowie Koma. Der qualvolle Tod tritt nach ein bis drei Tagen ein.

Die Giftstoffe stören vor allem die Zellteilung. Auch bei überstandener Vergiftung bleiben Schädigungen zurück. Über erklärende Bilder verfüge ich leider nicht. Ich kann aber nur alle Bärlauchfreunde auffordern, sich VOR dem Sammeln auch mit den beschriebenen, giftigen Arten zu beschäftigen, damit die anschließende Mahlzeit nicht im schlimmsten Fall zur letzten wird. Quelle: TEUSCHER, E. & LINDEQUIST, U. (1988): Biogene Gifte. Akademie-Verlag Berlin.
Bodo Schwarzberg
Autor: nnz

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