Di, 11:03 Uhr
29.04.2025
Schulversammlung in Klettenberg
Es geht hier nicht weiter
Eine Schulkonferenz in Klettenberg hat in der vergangenen Woche hohe Wellen in der Gemeinde Hohenstein geschlagen, es ging das Gerücht um, dass die Schule geschlossen werden soll. Eine von mehreren Optionen hieß es dazu aus dem Landratsamt, vor Ort sollte gestern Klarheit geschaffen werden, mit mäßigem Erfolg…
Wie geht es weiter mit der Grundschule Klettenberg? im Ort wurde dazu gestern lebhaft diskutiert (Foto: agl)
Wenn sich in der Gemeinde Hohenstein etwas tut, dann verbreitet sich der Buschfunk schnell. Wie zügig die Nachricht von der möglichen Schließung der Schule in der vergangenen Woche die Runde machte, überraschte die langjährige Dirketorin Cornelia Grützner-Radtke dann aber doch. Der Schulkonferenz in kleiner Runde folgte gestern eine größere Zusammenkunft.
Was eine Elternversammlung werden sollte geriet zum Bürgergespräch, in der Turnhalle wurden die Sitzplätze knapp. Neben den Einwohnern der neun Hohensteiner Ortsteile waren auch Kreistagsmitglieder und Landtagsabgeordnete gekommen.
Für Hohensteins Bürgermeister Jens Sauer ein gutes Zeichen, zeige der große Zulauf doch das Interesse an der Schule. An Sauer war es auch, mit der Gerüchteküche der vergangenen Woche aufzuräumen. Entgegen einiger Meinungen habe die Schulkonferenz keinerlei Beschlüsse gefasst und auch kein Votum zur Schulschließung abgegeben und auch gestern sollte das nicht passieren.
Die Ausgangslage
Zwei Optionen legte Landrat Matthias Jendricke dem versammelten Publikum vor: ein harter Schnitt in dem alle vier Klassen der Klettenberger Schule nach Ellrich wechseln. Genug Platz und Personal hätte man hier, wird später der dortige Schulleiter Klaus Hoche versichern. Variante zwei: die neue 1. Klasse wird in diesem Jahr nicht in Klettenberg eingeschult, im nächsten Jahrgang wird dann neu geprüft, wie es weitergehen kann. Derweil arbeitet Klettenberg als Filialschule und den verbleibenden Klassen mit den Ellricher Kollegen zusammen, wie es ohnehin bereits angedacht war und zwischen Niedersachswerfen und Ifleld bereits praktiziert wird.
Kern des Problems sind die sinkenden Schülerzahlen, nur noch acht Kinder der Gemeinde Hohenstein werden in diesem Jahr ihre Zuckertüten erhalten, vielleicht kommt noch ein Gastkschüler aus dem nahen Niedersachsen hinzu. Für eine ordentlich Klassengröße reicht das nicht. In Thüringen sollten Schulen nicht kleiner als 80 Kinder sein, in den ländlichen Gegenden liegt man im Freistaat schon heute oft eher bei 70 und drückt ein Auge zu. In Klettenberg nähert man sich derweil der Marke von 50 Kindern, führt Jendricke aus. Mit dem Schwund lasse sich gegenüber dem Land nur noch schwer argumentieren. Der Schulbetrieb an sich steht in Frage, für den vor ein paar Jahren angedachten Schulneubau bekäme man keine Fördermittel mehr.
Hier kommt die erste Prise Komplexität in die Debatte. Die Klettenberger Schüler lernen nicht in einem gewöhnlichen Schulbau, sondern in einer alten Kaserne, in die man umziehen musste nachdem die alte DDR Schule gesperrt und abgerissen wurde. Wie viele Schüler pro Raum unterrichtet werden dürfen liegt unter anderem am Votum der Unfallkasse Thüringen, wie viele Lehrer nach Klettenberg entsandt werden entscheidet man im Schulamt Worbis nach den Vorgaben die letztlich aus Erfurt kommen. Die Zukunft der Klettenberger Erstklässler hängt nun an einem Zusammenspiel all dieser Faktoren und der gängigen Rechtslage, an die sich der Landkreis als Schulträger zu halten hat.
Wir kommen hier nicht weiter
Auf Seiten des Landratsamtes war zur Schulkonferenz in der vergangene Woche scheinbar der Eindruck entstanden, dass man in Klettenberg einen harten Schnitt nicht im Grundsatz ablehnen würde, eine Einschätzung die sich gestern als Trugschluss herausstellte.
Die Emotionen schlugen hoch, nicht immer blieb man beim Thema. Hexenbesen, Flüchtlinge und Leopard Panzer haben auf der Sachebene wenig bis nichts mit der Grundschule zu tun, deren Schicksal an anderen Fäden, förderalen Fördertöpfen und rechtlichen Vorgaben hängt. Neben dem einen oder anderen eloquenten Zwischenruf durch die Zierde des aufgeklärten Bürgertums schien aber vor allem eines durch: die Sorge um die Zukunft der Gemeinde an sich. Erst geht die Schule, dann womöglich der Kindergarten und was bleibt dann noch? Was will man tun gegen den Schwund? Wer kommt noch nach Hohenstein, wenn nichts mehr da ist? Ein Gemeinderatsmitglied beschreibt die Lage bildhaft: Sie sind noch nicht am Arsch der Welt aber von hier aus können sie ihn sehen.
Vom Landkreis fühlt sich mancher hinters Licht geführt, die Versprechen vom Neubau seien nur heiße Luft gewesen. Der Landrat entgegnet, dass er sehr gerne eine Schule neu gebaut hätte, dem Land aber in der jetzigen Entwicklung nicht glaubhaft machen könne, das die dann auch mindestens 25 Jahre Bestand hat. Das Zahlenwerk, mit dem man damals gearbeitet hat, spiegelt die Realität der gegenwärtigen Lage nicht mehr wider.
Einen wunden Punkt trifft letztlich vielleicht die Landtagsabgeordnete Carolin Gerbothe, einst selber Klettenberger Schülerin: es hat an Kommunikation gemangelt. Die Geburtenzahlen der letzten Jahre kennt man genau und wenn nicht mehr Gastschüler nach Klettenberg kommen, sieht es auch für die nächsten Jahrgänge nicht rosig aus. Darauf ist man aber scheinbar erst gestoßen, seit man sich mit der neuen Schulnetzplanung befassen muss. Ein zeitiger Start der Diskussion hätte den Unmut vielleicht etwas gemildert, wenn das auch nichts an den Fakten ändern würde.
Im Laufe der Debatte kommt schließlich eine dritte Option zur Sprache, die man in der Vergangenheit schon gezogen hat: die Zusammenlegung der ersten und zweiten Klassen. Aber auch hier gerät man an die Grenze des rechtlich zulässigen: die zukünftige zweite Klasse ist ein Ausreißer im Trend und recht stark besetzt. Je nachdem wie die Würfel fallen kommt man auf 19 bis 22 Kinder, erklärt die Schulleiterin. Kommen neun Erstklässler hinzu landet man wahrscheinlich bei einer Klassengröße von 31 Kindern und das ist wieder zu groß für die Räumlichkeiten und die Vorgaben der Unfallkasse. Eine Containerlösung zur Umgehung dieser Hürde wurde geprüft und verworfen, heißt es aus dem Landratsamt.
Derweil steht auch der harte Schnitt mit der Ellricher Lösung auf wackeligen Füßen. Für Grundschüler darf der Schulweg nicht länger als 35 Minuten betragen, sagt der Gesetzgeber, ob man die Zeiten einhalten kann ist fraglich, aus den einzelnen Gemeindeteilen brauche man mit den Bus deutlich länger, heißt es aus dem Publikum.
Quo vadis Klettenberg?
Der Abend geht nach gut zweieinhalb Stunden bewegter Debatte und ohne klares Ergebnis zu Ende. Die war letztlich aber auch nicht das Ziel der Versammlung, die Bürgerschaft sollte ihre Sicht der Dinge kundtun und hat das in aller Deutlichkeit getan. Die Hohensteiner wollen ihre Grundschule erhalten.
Ob und wie man dem Wunsch entsprechen kann liegt nun an den Mitgliedern des Kreistages, die dazu in der nächsten Sitzung am 13. Mai eine Entscheidung fällen sollen. Eine weitere Diskussion zum Thema ist morgen im Schulausschuss geplant, der ab 16 Uhr in der Aula des Herder-Gymnasiums tagt. Die zu Grunde liegenden Probleme sind größer, betreffen nicht alleine das kleine Klettenberg und können wenn überhaupt in Erfurt angegangen werden.
Angelo Glashagel
Autor: red
Wenn sich in der Gemeinde Hohenstein etwas tut, dann verbreitet sich der Buschfunk schnell. Wie zügig die Nachricht von der möglichen Schließung der Schule in der vergangenen Woche die Runde machte, überraschte die langjährige Dirketorin Cornelia Grützner-Radtke dann aber doch. Der Schulkonferenz in kleiner Runde folgte gestern eine größere Zusammenkunft.
Was eine Elternversammlung werden sollte geriet zum Bürgergespräch, in der Turnhalle wurden die Sitzplätze knapp. Neben den Einwohnern der neun Hohensteiner Ortsteile waren auch Kreistagsmitglieder und Landtagsabgeordnete gekommen.
Für Hohensteins Bürgermeister Jens Sauer ein gutes Zeichen, zeige der große Zulauf doch das Interesse an der Schule. An Sauer war es auch, mit der Gerüchteküche der vergangenen Woche aufzuräumen. Entgegen einiger Meinungen habe die Schulkonferenz keinerlei Beschlüsse gefasst und auch kein Votum zur Schulschließung abgegeben und auch gestern sollte das nicht passieren.
Die Ausgangslage
Zwei Optionen legte Landrat Matthias Jendricke dem versammelten Publikum vor: ein harter Schnitt in dem alle vier Klassen der Klettenberger Schule nach Ellrich wechseln. Genug Platz und Personal hätte man hier, wird später der dortige Schulleiter Klaus Hoche versichern. Variante zwei: die neue 1. Klasse wird in diesem Jahr nicht in Klettenberg eingeschult, im nächsten Jahrgang wird dann neu geprüft, wie es weitergehen kann. Derweil arbeitet Klettenberg als Filialschule und den verbleibenden Klassen mit den Ellricher Kollegen zusammen, wie es ohnehin bereits angedacht war und zwischen Niedersachswerfen und Ifleld bereits praktiziert wird.
Kern des Problems sind die sinkenden Schülerzahlen, nur noch acht Kinder der Gemeinde Hohenstein werden in diesem Jahr ihre Zuckertüten erhalten, vielleicht kommt noch ein Gastkschüler aus dem nahen Niedersachsen hinzu. Für eine ordentlich Klassengröße reicht das nicht. In Thüringen sollten Schulen nicht kleiner als 80 Kinder sein, in den ländlichen Gegenden liegt man im Freistaat schon heute oft eher bei 70 und drückt ein Auge zu. In Klettenberg nähert man sich derweil der Marke von 50 Kindern, führt Jendricke aus. Mit dem Schwund lasse sich gegenüber dem Land nur noch schwer argumentieren. Der Schulbetrieb an sich steht in Frage, für den vor ein paar Jahren angedachten Schulneubau bekäme man keine Fördermittel mehr.
Hier kommt die erste Prise Komplexität in die Debatte. Die Klettenberger Schüler lernen nicht in einem gewöhnlichen Schulbau, sondern in einer alten Kaserne, in die man umziehen musste nachdem die alte DDR Schule gesperrt und abgerissen wurde. Wie viele Schüler pro Raum unterrichtet werden dürfen liegt unter anderem am Votum der Unfallkasse Thüringen, wie viele Lehrer nach Klettenberg entsandt werden entscheidet man im Schulamt Worbis nach den Vorgaben die letztlich aus Erfurt kommen. Die Zukunft der Klettenberger Erstklässler hängt nun an einem Zusammenspiel all dieser Faktoren und der gängigen Rechtslage, an die sich der Landkreis als Schulträger zu halten hat.
Wir kommen hier nicht weiter
Auf Seiten des Landratsamtes war zur Schulkonferenz in der vergangene Woche scheinbar der Eindruck entstanden, dass man in Klettenberg einen harten Schnitt nicht im Grundsatz ablehnen würde, eine Einschätzung die sich gestern als Trugschluss herausstellte.
Die Emotionen schlugen hoch, nicht immer blieb man beim Thema. Hexenbesen, Flüchtlinge und Leopard Panzer haben auf der Sachebene wenig bis nichts mit der Grundschule zu tun, deren Schicksal an anderen Fäden, förderalen Fördertöpfen und rechtlichen Vorgaben hängt. Neben dem einen oder anderen eloquenten Zwischenruf durch die Zierde des aufgeklärten Bürgertums schien aber vor allem eines durch: die Sorge um die Zukunft der Gemeinde an sich. Erst geht die Schule, dann womöglich der Kindergarten und was bleibt dann noch? Was will man tun gegen den Schwund? Wer kommt noch nach Hohenstein, wenn nichts mehr da ist? Ein Gemeinderatsmitglied beschreibt die Lage bildhaft: Sie sind noch nicht am Arsch der Welt aber von hier aus können sie ihn sehen.
Vom Landkreis fühlt sich mancher hinters Licht geführt, die Versprechen vom Neubau seien nur heiße Luft gewesen. Der Landrat entgegnet, dass er sehr gerne eine Schule neu gebaut hätte, dem Land aber in der jetzigen Entwicklung nicht glaubhaft machen könne, das die dann auch mindestens 25 Jahre Bestand hat. Das Zahlenwerk, mit dem man damals gearbeitet hat, spiegelt die Realität der gegenwärtigen Lage nicht mehr wider.
Einen wunden Punkt trifft letztlich vielleicht die Landtagsabgeordnete Carolin Gerbothe, einst selber Klettenberger Schülerin: es hat an Kommunikation gemangelt. Die Geburtenzahlen der letzten Jahre kennt man genau und wenn nicht mehr Gastschüler nach Klettenberg kommen, sieht es auch für die nächsten Jahrgänge nicht rosig aus. Darauf ist man aber scheinbar erst gestoßen, seit man sich mit der neuen Schulnetzplanung befassen muss. Ein zeitiger Start der Diskussion hätte den Unmut vielleicht etwas gemildert, wenn das auch nichts an den Fakten ändern würde.
Im Laufe der Debatte kommt schließlich eine dritte Option zur Sprache, die man in der Vergangenheit schon gezogen hat: die Zusammenlegung der ersten und zweiten Klassen. Aber auch hier gerät man an die Grenze des rechtlich zulässigen: die zukünftige zweite Klasse ist ein Ausreißer im Trend und recht stark besetzt. Je nachdem wie die Würfel fallen kommt man auf 19 bis 22 Kinder, erklärt die Schulleiterin. Kommen neun Erstklässler hinzu landet man wahrscheinlich bei einer Klassengröße von 31 Kindern und das ist wieder zu groß für die Räumlichkeiten und die Vorgaben der Unfallkasse. Eine Containerlösung zur Umgehung dieser Hürde wurde geprüft und verworfen, heißt es aus dem Landratsamt.
Derweil steht auch der harte Schnitt mit der Ellricher Lösung auf wackeligen Füßen. Für Grundschüler darf der Schulweg nicht länger als 35 Minuten betragen, sagt der Gesetzgeber, ob man die Zeiten einhalten kann ist fraglich, aus den einzelnen Gemeindeteilen brauche man mit den Bus deutlich länger, heißt es aus dem Publikum.
Quo vadis Klettenberg?
Der Abend geht nach gut zweieinhalb Stunden bewegter Debatte und ohne klares Ergebnis zu Ende. Die war letztlich aber auch nicht das Ziel der Versammlung, die Bürgerschaft sollte ihre Sicht der Dinge kundtun und hat das in aller Deutlichkeit getan. Die Hohensteiner wollen ihre Grundschule erhalten.
Ob und wie man dem Wunsch entsprechen kann liegt nun an den Mitgliedern des Kreistages, die dazu in der nächsten Sitzung am 13. Mai eine Entscheidung fällen sollen. Eine weitere Diskussion zum Thema ist morgen im Schulausschuss geplant, der ab 16 Uhr in der Aula des Herder-Gymnasiums tagt. Die zu Grunde liegenden Probleme sind größer, betreffen nicht alleine das kleine Klettenberg und können wenn überhaupt in Erfurt angegangen werden.
Angelo Glashagel