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Do, 12:00 Uhr
20.03.2025
Wenn Ideologie auf Realität trifft

Landrat Jendricke unzufrieden mit Haushaltsbeschlüssen

Wir hatten gestern hier über die Einigung der Thüringer „Brombeer-Koalition“ mit tatkräftiger Unterstützung der oppositionellen DIE LINKE zum Landeshaushalt berichtet. Bei aller Freude über die finanziellen Versprechungen an Kommunen und Kreise gibt es aber auch scharfe Kritik aus den eigenen Reihen …

Landrat Matthias Jendricke ist unzufrieden   (Foto: nnz Archiv) Landrat Matthias Jendricke ist unzufrieden (Foto: nnz Archiv)


Fassungslos nahm gestern Nordhausens SPD-Landrat Matthias Jendricke die Ergebnisse der Haushaltseinigungen in Erfurt zur Kenntnis, wonach Thüringen keinen der vorgesehenen 37 Abschiebeplätze für kriminell gewordene Asylantantragsteller erhalten wird.

„Hier haben die Linken ihre Maximalforderung durchgesetzt, keine neuen Abschiebeplätze einzurichten. Normalerweise bemüht man sich doch in Verhandlungen um Kompromisse und versucht, sich irgendwo in der Mitte zu treffen“, schimpfte Jendricke heute Morgen im Gespräch mit der nnz. Als wir gegen 9 Uhr mit ihm sprachen, hatte der Kommunalpolitiker schon zwei Stunden Telefonate mit Parteifunktionären hinter sich, die von seinen Auslassungen in den sozialen Medien in der Nacht nicht sonderlich begeistert waren.

„Wir können doch eine Haushaltseinigung nicht davon abhängig machen, dass eine Oppositionspartei ihre Forderung durchsetzt, keine Straftäter auszuweisen.“

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Erst wenn alle vorherigen Instrumente der Ausweisung nicht gegriffen haben, fällt der Beschluss zur Abschiebung eines Antragstellers, erläuterte der Landrat. Es sei ohnehin kompliziert eine Rückführung zu organisieren. Die Bundesregierung fliege zwar bspw. Afghanen nach Deutschland ein (über Pakistan), Direktflüge dorthin gäbe es aber nicht und Zwischenstopps der Flieger in anderen Ländern seien unmöglich. Hinzu kämen diverse andere Probleme und bürokratische Akte bei der Rückführung straffälliger Personen. Ihm sei das alles zunehmend unverständlich nach den Ereignissen im Jahre 2024. Wer sich willentlich nicht integrieren wolle und Straftaten begeht, der gehört ausgewiesen, fordert der Landrat. „Es kommen doch alle Politiker an den Pranger, wenn ein nicht Abgeschobener wieder eine schwere Straftat begeht. Von den lokalen Verantwortungsträger bis hin zum Innenminister des Bundeslandes. Da heißt es dann wieder:, Warum habt ihr das nicht verhindert und den rechtzeitig abgeschoben’. Schließlich profitiert davon politisch nur die AfD.“ Hinter vorgehaltener Hand würden ihm in persönlichen Gesprächen auch viele seiner eigenen Parteigenossen und selbst Linke zustimmen, sagte Jendricke. Doch in der Öffentlichkeit verstummten diese Stimmen wieder.


„Von den regierungstragenden Fraktionen hätte ich hierzu auch mehr STEHVERMÖGEN bei den Verhandlungen erwartet. Derzeit hat Thüringen einen einzigen Abschiebehaftplatz in Rheinland Pfalz - nochmal einen einzigen Platz!“

Matthias Jendricke hält diese Entscheidung gestern für absolut respektlos gegenüber Opfern und Familien der letzten Anschlagserien in Deutschland. Dabei stellt er seinen Standpunkt noch einmal ganz klar dar: „Jeder der sich hier in unserem Land eine Zukunft aufbauen und sich integrieren will, bekommt meine Unterstützung. Aber wer in dieses Land kommt und unsere Kultur und Lebensweise verhöhnt oder sogar Straftaten begeht, muss wieder gehen und wenn nicht freiwillig, dann eben durch zwangsweise Abschiebungen. Das durchzusetzen ist mein Job als zuständiger Behördenleiter einer Kreisverwaltung.“

Von der Ausweisung zu Abschiebung
Der Werdegang einer Ausweisung bis hin zur angeordneten Abschiebung eines ausländischen Straftäters ist ein langer und für die Behörden bürokratisch sehr steiniger. Er beginnt damit, dass die Person aufgefordert wird, Deutschland freiwillig zu verlassen. Dafür wird ein großzügiges Zeitfenster vorgegeben. Sollte der Betreffende geltend machen, den Rückflug nicht finanzieren zu können, würden ihm die Kosten für das Ticket erstattet.

Ist diese Frist verstrichen, wird dem Straftäter mitgeteilt, dass er zur Abschiebung vorgesehen ist. An dieser Stelle tauchen die Personen dann gerne bei anderen Asylanten über Nacht unter, um der Festnahme im Morgengrauen zu entgehen.

Ist ein solcher Zugriff fehlgeschlagen, wird eine Nachtauflage erteilt, die denjenigen verpflichtet, in der ihm angewiesenen Unterkunft zu übernachten. Das kann in der Regel von den Sicherheitskräften in Gemeinschaftsunterkünften überprüft werden; wohnen die Ausreisepflichtigen allein, wird auch hier der Zugriff vermutlich scheitern.

Natürlich muss für jeden Straftäter beim Gericht ein Abschiebehaftantrag gestellt werden, dessen Genehmigung bis zu sechs Monate dauern kann.

Sollte der Straftäter dann tatsächlich in Gewahrsam sein, wird er im konkreten Nordhäuser Fall auf einen Abschiebeplatz in Rheinland-Pfalz transportiert und eine vier- bis fünfstündige Autofahrt in einem Polizeiwagen beginnt. Sollte den Inhaftierten auf der Fahrt ein medizinisches Problem ereilen, wird die Fahrt abgebrochen und der Patient mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus verbracht. Sehr oft käme es dazu, dass der Betroffene im Wagen hyperventiliere, erzählte der Landrat. Ist er wieder „gesund“ wird er weiter überführt in Abschiebehaft.

Wenn sich in der medizinischen Untersuchung des Ausreisepflichtigen im Vorfeld herausstellt, dass er „suizidale Gedanken“ hege, dann wird aus gesundheitlichen Gründen von einer Abschiebung ohnehin abgesehen.

Desgleichen wenn der Häftling auf juristischem Wege mit Hilfe eines Anwalts gegen seine Abschiebung klagt. Auch hier dauert es einen längeren Zeitraum, in dem nichts unternommen werden kann, bis das Gericht ein Urteil gefällt hat.

Oftmals erleiden die Abzuschiebenden auch ihre gesundheitlichen Probleme auf dem Weg zum Flughafen am Ausreisetag, was jeweils zum Abbruch der Abschiebung führt.

Bis zur Wiederholung der Prozedur belegt der Mensch nun wieder einen der begehrten Abschiebeplätze. Andere antragstellende Behörden werden mit ihren Delinquenten zurückgestellt und müssen länger warten, bis sie zum Zuge kommen. Vom Nordhäuser Landratsamt wird täglich um 7 Uhr per Telefon nach freien Haftplätzen in der Anstalt in Rheinland-Pfalz gefragt, denn es gibt keine Warteliste oder Voranmeldungen. Wer zuerst anruft, kann möglicherweise seinen Ausreisepflichtigen zuerst überstellen.

Derzeit sind sieben mit Abschiebehaft bedrohte Asylanten im Kreis Nordhausen registriert, um deren Tarnsport sich die Behörde bemüht. Sollte es in den anderen 16 Landkreisen und fünf kreisfreien Städten ähnlich aussehen, käme schnell eine Zahl von etwa 150 Abschiebehäftlingen zusammen. Dafür hat das Land Thüringen aktuell einen einzigen Platz in einem anderen Bundesland nach oben beschriebenen Vorarbeiten zur Verfügung. Und das wird nach den gestrigen Beschlüssen der Koalition in Erfurt auch so bleiben. Eigene Abschiebeplätze würden immense Kosten in der Behörde, bei der Polizei und auch im Gesundheitswesen einsparen.

Olaf Schulze




Autor: red

Kommentare
BerndLuky
20.03.2025, 12.53 Uhr
Der Beitrag wurde gespeichert und die Freigabe beantragt.
nordhaeuser927
20.03.2025, 13.55 Uhr
Der Beitrag wurde gespeichert und die Freigabe beantragt.
Schniedel Castro
20.03.2025, 15.06 Uhr
Man muss nur Asyl und Suizid lallen und schon hat man ausgesorgt,
das ist in etwa die Essenz, dazu kommt noch das Prozedere bei der Abschiebung, dieses ganze Verfahren wäre doch prädestiniert für den viel versprochenen Bürokratieabbau.

euer Schniedel Castro
Bubo bubo
20.03.2025, 17.43 Uhr
Unglaublich!
Die hier geschilderten Abläufe sind doch einfach nur noch unglaublich und haben die Grenze zum politisch verordnetem Wahnsinn ganz klar überschritten.

Genau das ist Linke Politik in Reinkultur!

Wer sich für diesen kriminellen und für unser Land völlig inkomatiblen menschlichen Abschaum einsetzt, der völlig legitim außer Landes geschafft gehört, ist wahrlich kein Menschenfreund, sondern begeht aus ausschließlich niederträchtigen Beweggründen staatspolitische und gesellschaftliche Zersetzung!

Shame on you!

Dass CDU und SPD so einen Mist auch noch fröhlich durchwinken, lässt mich fassungslos zurück.

Wollt ihr alle nicht mal langsam anfangen Politik für die Menschen in Thüringen zu machen oder soll das dann irgendwann erst die AFD mit absoluter Mehrheit erledigen?
emmerssen
20.03.2025, 21.03 Uhr
Selbst der Landrat
Hat die "Schnauze voll". Sogar von den Linken und den Genossen in Erfurt.
Das will schon etwas heißen.
Setzen Sie doch ein Zeichen Herr Jendricke, Austritt aus der SPD und Eintritt in die AfD. Das wäre ein bundesweites Signal.
Ossiflüsterer
21.03.2025, 07.15 Uhr
Milchmädchen Jendricke
Da will aber einer blaue Wählerstimmen abgreifen! Nach all dem billigen Populismus dann am Ende eine Darstellung, die suggeriert, dass die Einrichtung von Abschiebehaftplätzen quasi eine wirtschaftliche Notwendigkeit sei?

Wie man der kleinen Anfrage des CDU-Abgeordneten Schard (Drucksache 7/9778) des Thüringer Landtags entnehmen kann, kostet unser Abschiebhaftplatz in RLP zwischen 280€ im Jahr 2019 und 443€ im Jahr 2022 PRO TAG!
Mit anderen Worten, allein ein einzelner (!) Tag Abschiebehaft kostet den Steuerzahler mehr, als der Abzuschiebende an monatlichem Taschengeld ausgezahlt bekommt. Da würde mich die Rechnung des Landrats schon mal interessieren, aber als Politiker muss man ja nicht mit Geld umgehen können.
RWE
21.03.2025, 10.08 Uhr
Ossiflüsterer: Wer ist denn da das Milchmädchen?
Das Anmieten in einem anderen Bundesland ist eben teuerer als ein Abschiebehaftplatz in Thüringen. Von den langen Wegen und dem offensichtlichen Mangel an Kapazitäten abgesehen. Das waren die Gründe für die Pläne in Arnstadt. Es waren übrigens die Linken, die meinten Abschiebehaftplätze in Arnstadt würden nicht ausgelastet werden...
Ossiflüsterer
21.03.2025, 12.21 Uhr
Au contraire,
lieber RWE. Im Bundesdurchschnitt kostet der Haftplatz in Deutschland 200 € pro Tag. Daraus zu schließen, dass die Mehrkosten durch Anmietung in einem fremden Bundesland resultieren, ist nicht korrekt. Zwar entfallen in einer Abschiebehaft kostenintensive Resozialisierungsmaßnahmen, jedoch werden diese Kosten wiederum durch die andere Haftart eingeholt. Der Abzuschiebende ist kein Strafgefangener. Er hat nichts "verbrochen" und wird bis zur Ausweisung nur verwahrt. Hieraus resultieren andere Rechte und Pflichten auch an die Betreuung des vermeintlich Ausreisepflichtigen. Er kann ja nicht einfach weggesperrt werden, da er sich nichts hat zuschulden kommen lassen.
Wie Sie zum Beispiel in der SZ nachlesen können, war Thüringens Abschiebehaft in RLP an vielen Tagen in den letzten Jahren unbelegt. Man könnte daraus schließen, da die Zahlung auch im Falle einer Nichtbelegung weiterfließen, dass eigene Plätze eine Ersparnis bringen. Dem steht gegenüber, dass man Menschen für 400 € pro Tag sodann über Wochen und Monate verwahrt und am Ende aufgrund eines Gerichtsbeschlusses wieder entlässt. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass dem fiskalischen Wahnsinn Einhalt geboten wurde.

Der Brombeere möchte ich empfehlen Herrn Jendricke öffentlich die Einrichtung gewünschter Haftplätze in Nordhausen nach seinem ermittelten Bedarf in Aussicht zu stellen, bei vollständiger Kostenübernahme durch seinen Kreis. Ich bin sicher, dass sich an seiner Bedarfseinschätzung sodann Änderungen einstellen werden.
RWE
21.03.2025, 15.36 Uhr
Ossiflüsterer: Wenn jemannd in Abschiebehaft sitzt, ist er ein vermeintlich Ausreisepflichtiger?
Warum nur vermeintlich?
Ich weiß selber dass der Platz in RLP nicht immer belegt war. Dazu brauche ich die "Alpenprawda" nicht zulesen.
Nimmt man den bundesdeutschen Durchschnittspreis von 200€ pro Tag und Nase als Maßstab wird das, ganz abgesehen von der räumlichen Nähe, weil die Kosten eben niedriger sind, Kommunen weniger abschrecken geltendes Recht (denn das sind Abschiebungen) durchzusetzen. Die meisten Abschiebungen scheitern daran, dass die Betroffenen nicht anzutreffen sind. Da ist die Abschiebehaft ein nützliches Tool. Übrigens, ein paar hundert Euro pro Tag rechnen sich sehr schnell, wenn wenn der Verwaltungsakt Abschiebung vollzogen ist. Diese Person braucht nicht mehr von den Steuerzahler ernährt und untergbracht werden.
Was soll ihre moralische Überheblichkeit? Klar gelten auch für Abschiebehäftlinge Rechte. Diese müssen aber sowohl in RLP als auch in Thüringen eingehalten werden. Die Rechte wird niemand abschaffen wollen. Sie haben nur Angst, dass geltendes Recht durchgesetzt und eben abgeschoben wird.

Aus ihren Worten schließe ich, dass sie generell gegen das Konzept der Abschiebehaft sind. Das würde aber bedeuten, dass jeder, der sich illegal in Deutschland/der EU aufhält und sich halbwegs geschickt gegen eine Abschiebung wehrt bzw. sich ihr entzieht für immer hier bleiben darf.
Das Problem der illegalen Einwanderung löst man übrigens nicht mit Abschiebungen. Die europäischen Außengrenzen müssen konsequent geschützt werden und Asylanträge außerhalb der EU bearbeitet werden. Vergleichbar sollte mit der Arbeitseinwanderung umgegangen werden. Wer Fähigkeiten hat, die die in Europa gebraucht werden, bekommt ein Arbeitsvisum oder einen Arbeitsvertrag und darf selbstverständlich einreisen. Jetzt aber lassen wir hunderttausende Menschen nahzu unkontrolliert in die EU und hoffen, dass ein paar Prozent davon unseren Arbeitsmarkt entlasten.
Lautaro
22.03.2025, 07.42 Uhr
Danke RWE !
Ihren letzten Absatz....Das Problem der illegalen Einwanderung ....
unterschreibe ich sehr gern.
Wir brauchen Menschen, die mit ihren Fähigkeiten unsere Ressourcen erhalten. Egal ob diese rot, gelb oder schwarz sind.
Aber durch unzählige Länder ins gelobte Land zu reisen und dann der autochthonen Bevölkerung nach dem Zauberwort Asyl zu erklären, dass es sehr teuer wird mich wieder nach hause zu schicken.....ist eine Praxis, die einen Riegel erfordert.
RWE
22.03.2025, 08.33 Uhr
Danke Lautaro
Wenn ich ins Krankenhause gehe bin ich froh, dass es qualifizierte Einwanderung gibt. Bahnhöfe und Innenstädt in Deutschland oder eigentlich in ganz Mittel- oder Westeuropa zeigen aber gleichzeitig auf, was Kontrollverlust beseutet. Aber solange, wenn man über Einwanderung redet , nur vorgeworfen bekommt "Rechte Narrative zu bedienen," "Abschottung" zu betreiben oder einfach zu lügen (KEIN Mensch hat gesagt, dass Grenzen geschlossen werden sollen) muß es wohl erst schlimmer werden bevor es besser wird. Die AfD macht es sich in der Totalopposition bequem und wird ohne eigenes Zutun immer und immer stärker.

Übrigens, Berlin, also das Bundesland, will Schulden aufnehmen um der Flüchtlingskosen Herr zu werden. Tolle Investion in die Zukunft...
Ossiflüsterer
22.03.2025, 13.24 Uhr
@RWE
Vermeintlich, weil ca. ein Drittel aller ausreisepflichtigen Personen in Deutschland doch noch einen Aufenthaltstitel erlangen.
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