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Di, 20:31 Uhr
04.10.2022
Thüringer Innneministerium zu Äußerungen der Lokalpolitiker

Was der Bürgermeister (nicht) zu sagen hat

Ein Schreiben an das Thüringer Landesverwaltungsamt und alle Landratsämter (für die Kommunalaufsicht bestimmt) erging heute aus dem Thüringer Innenministerium, worin Ministerialdirigent und Abteilungsleiter Frank Hüttemann deutlich macht, wann und wozu sich Bürgermeister in der Öffentlichkeit äußern dürfen…

Unter dem Betreff „Äußerungen der Gemeinden und Landkreise zu den Maßnahmen des Bundes im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und der Energieversorgung“ flatterte heute elektronische Post in die Mailboxen aller Thüringer Landratsämter. „Die Maßnahmen des Bundes im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und der Energieversorgung gehören gegenwärtig zu den zentralen Themen der öffentlichen Diskussion“, steht in der Einführung des dreiseitigen Pamphlets und diese Maßnahmen, so der Ministerialdirigent weiter, gehören ausdrücklich nicht in den Zuständigkeitsbereich der Bürgermeister.


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Wörtlich heißt es: „Soweit sich Gemeinden, Städte und Landkreise hierzu äußern möchten, sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Diese ergeben sich vor allem aus dem Grundgesetz und der Verfassung des Freistaates Thüringen sowie aus der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO).“

Entsprechende Äußerungen der Gemeinden gehören zu den Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde, über die nach § 22 Abs. 3 Satz 1 ThürKO der Gemeinde- und Stadtrat beschließt. Soweit er nicht die Beschlussfassung einem beschließenden Ausschuss übertragen hat, wie es in §26 Abs, 1 ThürKO geregelt ist oder aber der Bürgermeister zuständig ist.

Beschlüsse dürfen aber auch nicht willkürlich gefasst werden, belehrt der Ministerialdirigent Hüttemann in seinem Schreiben die nachgeordneten Regionalpolitiker. „Die Rechtmäßigkeit eines entsprechenden Beschlusses des Gemeinde- oder Stadtrats hängt davon ab, ob die Beschlussfassung in dem konkreten Fall einen spezifischen Bezug zu einer Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft hat.“

Hat sie das nicht, darf sie gar nicht erst getroffen werden, meint dieser Satz, auch wenn er so verklausuliert ist, dass er „für Praktiker schwer verständlich, wenig nützlich und somit nicht zielführend!“ ist, wie der FDP-Innenexperte Dirk Bergner zu dem ganzen Papier anmerkte.

Denn: „Von einem spezifischen Bezug zu einer Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft kann bei den oben genannten Themen (Krieg in der Ukraine und Energieversorgung - Anm. d. Red.) dann ausgegangen werden, wenn sich der Beschluss des Gemeinde- oder Stadtrats auf ein konkretes Vorhaben richtet, das unmittelbare Auswirkungen auf das Gemeindegebiet bzw. die Erledigung gemeindlicher Aufgaben hat.“

Nach diesen bisher eher schwer verständlichen Aussagen wird der Herr Hüttemann dann sehr präzise in seinen Warnungen: „Beschlüsse zu allgemeinen politischen Fragen, die in der Entscheidungsgewalt anderer Rechtsträger stehen und alle Gemeinden gleichermaßen betreuen und keinen spezifischen Ortsbezug haben, sind unzulässig.“

Und auch wann der Bürgermeister sich äußern darf, legt die Anweisung aus dem Innenministerium fest: „Bei Kundgebungen gegen die Maßnahmen des Bundes im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und der Energieversorgung, für die eine Zuständigkeit des Gemeinde- oder Stadtrates nach den oben genannten Voraussetzungen besteht, ist von einer grundsätzlichen Bedeutung für die Gemeinde auszugehen. Deshalb ist der Bürgermeister insoweit nur zuständig, wenn er nach § 29 Abs. 1 Satz 2 ThürKO einen entsprechenden Beschluss des Gemeinde- bzw. Stadtrates vollzieht oder der Gemeinde- bzw. Stadtrat ihm diese Angelegenheit nach §29 Abs. 4 Thür KO zur selbstständigen Erledigung übertragen hat.“

Also ohne Stadtratsbeschluss darf der Bürgermeister keinen Kommentar abgeben. Der Paragraph 29 Abs. 4 der ThürKO besagt nämlich:
„Der Gemeinderat kann dem Bürgermeister im Einzelfall durch Beschluss mit dessen Zustimmung oder allgemein durch die Hauptsatzung weitere Angelegenheiten zur selbständigen Erledigung übertragen; das gilt nicht für Angelegenheiten, die nach § 26 Abs. 2 nicht auf beschließende Ausschüsse übertragen werden können.“

Warum es dem Ministerialdirigenten so wichtig war, diese Belehrungen an die Kommunen und übrigens auch an die Landkreise (für Landräte gilt adäquat was hier zu den Bürgermeistern vorgetragen wurde) zu verschicken, kann nur gemutmaßt werden. Ob gar der Bad Langensalzaer Bürgermeister Matthias Reinz mit seiner ersten Kundgebung gegen die Energiepolitik der Bundesregierungen im September Auslöser war? Der parteilose Politiker wird nun seine nächste Kundgebung am 17. Oktober als einfacher Bürger ohne Meister anmelden müssen, weil er keinen Auftrag vom Stadtrat bekommen hat.
Olaf Schulze
Autor: osch

Kommentare
Katrin79
04.10.2022, 20.51 Uhr
Kein Problem: Bürgermeister dürfen Stellungnahmen abgeben .
... , denn wenn die Existenz von Stadtwerken, Wohnungsgenossenschaften o.ä. gefährdet ist, ist der unmittelbare örtliche Bezug gegeben. Also ist das o.g. Schreiben auch eine deutliche Stärkung für Bürgermeister und Kreistage oder Stadträte. Kein Problem also.
Marino50
04.10.2022, 20.54 Uhr
Was der Bürgermeister nicht sagen darf...usw
Das ist doch wieder ein Armutszeugnis für die Regierung.
Die Bürger werden allein gelassen und ab und zu wird ein Brocken zugeteilt.
Dann wundert es mich nicht, dass sich kein OB oder LR blicken lässt. Der Maulkorb verhindert das. Der LR war wenigstens in Ellrich zum Rotbuchenfest.
Katrin79
04.10.2022, 21.02 Uhr
@marino: Kein Maulkorb für kluge Bürgermeister, im Gegenteil!
Zitat aus dem Schreiben:

"Bei Kundgebungen gegen die Maßnahmen des Bundes im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und der Energieversorgung, für die eine Zuständigkeit des Gemeinde- oder Stadtrates nach den oben genannten Voraussetzungen besteht, ist von einer grundsätzlichen Bedeutung für die Gemeinde auszugehen."

Der Bürgermeister muss sich nur Rückhalt aus dem Gemeinde / Stadtrat holen. Diese Räte dürften ein Intetesse an der Existenz von Wohnungsgesellschaften, der Krankenhäuser, Stadtwerken, kommunalen Bädern usw haben. Insofern stärkt der Brief aus dem Ministerium engagierten Kommunen den Rücken (ob beabsichtigt oder nicht, spielt keine Rolle).

Engagierte Kommunen erkennen die Chance die in diesem Schreiben liegt!
Katrin79
04.10.2022, 21.22 Uhr
@marino: Dieser kann das Gegenteil von einem Maulkorb sein
Zitat aus dem Schreiben:

"Bei Kundgebungen gegen die Maßnahmen des Bundes im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und der Energieversorgung, für die eine Zuständigkeit des Gemeinde- oder Stadtrates nach den oben genannten Voraussetzungen besteht, ist von einer grundsätzlichen Bedeutung für die Gemeinde auszugehen."

Der Bürgermeister muss sich also nur Rückhalt aus dem Gemeinde / Stadtrat holen. Diese Räte dürften ein Intetesse an der Existenz von Wohnungsgesellschaften, der Krankenhäuser, Stadtwerken, kommunalen Bädern usw haben. Insofern stärkt der Brief aus dem Ministerium engagierten Kommunen den Rücken (ob beabsichtigt oder nicht, spielt keine Rolle).

Engagierte Kommunen erkennen die Chance die in diesem Schreiben liegt!
Bautista Peña
04.10.2022, 21.30 Uhr
Das ZK der Ampel hat angewiesen
Wenn man das alles ließt, fühlt man sich tief zurück gesetzt in die letzten Tage der DDR.
Das Volk fing an sich zu wehren, aber die Obrigkeiten, um Honecker, Mielke und Mittag, Ihre Vertreter in den Bezirkshauptstädten, wie Müller in Erfurt, sorgten dafür, dass die Bürgermeister oder die Vorsitzenden des Rat des Kreises, sich tief ins Schweigen hüllen mussten, zum Aufbegehren des Volkes, wie sich alles wiederholt.
grobschmied56
04.10.2022, 22.17 Uhr
Da geben unsere ReGIERigen aber ein schlechtes Beispiel ab...
... man muß sich nur mal das Rumgeeiere meines Lieblings-Ministers Karl Lauterbach anschauen! Mit fast schon BILD-ähnlichem Pathos (man erinnere sich: WIR SIND PAPST!) gibt er von sich 'Wir sind im Krieg mit Putin!'
Nachdem die Selbstverteidigungsministerin ihm ziemlich grob übers vorlaute Schnäbelchen gefahren ist, macht er die schnelle Rolle rückwärts:
Zitat:
'Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat seine Aussage, dass sich Deutschland mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin "im Krieg" befinde, relativiert.
Die Bundesrepublik sei "natürlich keine Kriegspartei", stehe aber "trotzdem voll an der Seite der Ukrainer", sagte der SPD-Politiker am heutigen Dienstag in der RTL/ntv-Sendung "Frühstart".
Zitat Ende. (Quelle: ZDF)
Alles schon mal dagewesen. Subalterne haben gefälligst keine eigene Meinung zu haben, schon gar nicht kleine Dorfbürgermeister! Wo kommen wir denn dahin?
Die haben gefälligst erst mal zu studieren, was in ZK und Politbüro beschlossen worden ist!
Jäger53
05.10.2022, 07.00 Uhr
Auf gut deutsch gesagt
Wurde den Bürgermeistern ein Maulkorb verpasst. Sie dürfen nicht Ihre Meinung und nicht die Wahrheit sagen, kenne ich noch aus DDR Zeiten. Das war der Anfang vom Ende der DDR. Mal sehen,man erlebt ja alles im Leben zweimal, sagt der Volksmund, denn der ist noch nicht verboten.
wissender
05.10.2022, 07.30 Uhr
Für den Nordhäuser OB
garkein Problem, von dem hört und sieht man nichts- was meistens auch besser ist, auße wenn es irgenwo was zu eröffnen gibt oder Schnittchen.
Ich glaube er würde das Schreiben auch garnicht verstehn.
Herr Schröder
05.10.2022, 07.44 Uhr
Gebrauchsanweisung für Kommunalpolitiker
Ein frei gewählter Bürgermeister oder Bürgermeisterin bzw. Landrat oder Landrätin dürfen sagen was sie wollen. Dafür bedarf es keiner Gebrauchsanweisung aus dem Innenministerium. Ich dachte diese Zeiten hätten wir hinter uns. Es ist nicht zu fassen was sich einige in Erfurt anmaßen. Die sind ja nicht einmal mehrheitlich gewählt. Auf die versprochene Wiederholung der Landtagswahl warteten wir immer noch.
Marino50
05.10.2022, 08.32 Uhr
Kathrin79
Sicher bin ich 30 Jahre älter als Sie (Jahrgang 79). Aber ich bin nicht voreingenommen. Sie gehören mit den zitierten Phrasen dringend in die höhere Politik oder sind das vielleicht schon. Lesen Sie mal die anderen Meinungen. Und doppelt muss das Zitat auch nicht in die Zeitung, kann aber passieren.
Franz Haarkamm
05.10.2022, 10.34 Uhr
Ich weiß gar nicht was ihr habt...
Die AfD hat es doch höchstinstanzlich klären lassen, was Politiker in ihrem Amt sagen dürfen und was nicht. Frau Merkel hätte seinerzeit ihre Meinung zur causa Kemmerich, in ihrer Rolle als Bundeskanzlerin so nicht sagen dürfen. Als Privatperson ja, als Parteipolitikerin auch, aber eben nicht offiziell als Kanzlerin. Und was für eine Bundeskanzlerin gilt, muss auch für einen Provinzbürgermeister gelten. Um die Worte des Dramaturgen Olaf Schulze mal zu entdramatisieren (der Langensalzaer Bürgermeister muss seine nächste Demo als Bürger ohne Meister anmelden): Als Privatperson kann er sehr wohl eine Demo veranstalten, als Bürgermeister (wenn es nicht die Belange der Stadt betrifft und er kein Mandat der Stadtverordneten dazu hat) eben nicht.
Totofino
05.10.2022, 11.58 Uhr
Das ist die Diktatur des Grosskapitals,
die von oben durchgestellt wird, solches Vorgehen schadet auch regionalen Gewerbetreibenden, deshalb "Gross".
Mit "links" oder "liberal" hat das auch nichts zu tun , auch vor etwas mehr als 33 Jahren hatte das damit nichts zu tun. Und leider bei der heutigen linken Partei auch nicht mehr.
Mister X
05.10.2022, 12.34 Uhr
Katrin79
Wo gibt es in Deutschland "engagierten Kommunen" und Politiker? Die sind sehr, sehr selten und sagen sie die Wahrheit, werden sie zu Nestbeschmutzern abgestempelt. Aber Dummköpfe, die jede Anweisung der Vorgesetzten Buchstabengetreu ausgeführt. Das ist genau das Problem mit unseren meisten möchte gern politischen Clan.
Kobold2
05.10.2022, 14.15 Uhr
Seid doch mal ehrlich
Bei dem zunehmend sinkenden gesellschaftlichen Niveau und den schnell aufkommenden , oft grundlos geschürten Hysterien, ist es meist klüger, den goldenen Weg des Schweigens zu gehen......
Mister X
05.10.2022, 16.06 Uhr
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