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Sa, 11:41 Uhr
05.03.2016
ZWEI MÄNNER, DIE KEINE FREUNDE SIND

Müllskandal oder nur Sturm im Wasserglas?

Freunde werden sie wohl nicht mehr: Einwohner Jürgen Toetzke und Bürgermeister Uwe Merx aus Kehmstedt, der auch Geschäftsführer der Wipperdorfer Agrargesellschaft ist...

Jürgen Toetzke vor einem  undefinierbaren  Schrottteil. (Foto: Kurt Frank) Jürgen Toetzke vor einem undefinierbaren Schrottteil. (Foto: Kurt Frank)
Kehmstedt.Toetzke ist Mitglied im Naturschutzbund (Nabu). Der hatte kürzlich seine Jahrestagung in Reifenstein. Unter anderem standen Umweltschutz und illegale Müllentsorgung in der Natur auf der Agenda. Der Müll ist es, der den 65-Jährigen in Rage bringt.

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Ein Lungenleiden verhindert größere Wanderungen auf Schusters Rappen. Mit seinem Jeep ist der gelernte Schlosser in Wald und Feld unterwegs. Was er da erblickt, wird mit der Kamera festgehalten und in Ordnern dokumentiert. Die brachten es mittlerweile auf eine beachtliche Zahl. Toetzke ist unermüdlich auf Spurensuche. Eine Leidenschaft.

Kanister, Autoreifen, Wellblechplatten, undefinierbarer Schrott, Bauschutt – alles findet sich in den Akten des Müll-Detektivs. Inzwischen ist die Geschichte auch beim Landratsamt anhängig.

Müllskandal in Kehmstedt? Oder nur ein Sturm im Wasserglas? Die nnz begab sich auf Spurensuche. Müllberge zuhauf, wie sie vermutete, fanden sich nicht. Aber Utensilien, die nicht in die Landschaft gehören: Autoreifen, Plaste-Platten, die mal ein Dach zierten, Kanister, verrostete Eisenteile, Überbleibsel irgendwelcher Aggregate.

Autoreifen, etliche schon unter Gras und Gestrüpp verborgen. (Foto: Kurt Frank) Autoreifen, etliche schon unter Gras und Gestrüpp verborgen. (Foto: Kurt Frank)
Vieles ist schon überwuchert, liegt seit Jahr und Tag in Wald und Flur. Wo manche achtlos vorübergehen, andere keinen Blick mehr dafür haben – den übereifrigen Jürgen Toetzke bringt so ein Anblick rasch auf die Palme.

Uwe Merx ist kein Müllmann, der schnell wieder zu beseitigen hat, was andere achtlos bei Nacht und Nebel von sich werfen. Nach Toetzkes Meinung stehe er aber in der Pflicht, in der Flur seiner Kommune als Gemeindechef und als Geschäftsführer eines Landwirtschaftsbetriebes mehr für Ordnung zu sorgen als es derzeit der Fall sei.

Außerdem, sagt Toetzke, sei Merx Jäger. Als solcher müsste er auch Naturschützer sein. Stattdessen hab er ihm gedroht. Er, Toetzke, möge nicht überall draußen herumschnüffeln, sonst könnte er mit einem Wildschwein verwechselt werden. Für diese Aussage habe er Zeugen. In gut sichtbarer Kleidung ist Toetzke heute unterwegs, um nicht als solches verwechselt zu werden.

Kanister und anderer Unrat sind nicht zu übersehen. (Foto: Kurt Frank) Kanister und anderer Unrat sind nicht zu übersehen. (Foto: Kurt Frank)
2011 soll es gewesen sein. Da habe das Wasser auf der Wiese bis vor Jürgen Toetzkes Anwesen gestanden. Der Graben sei nicht ordentlich beräumt worden, weshalb das Wasser nicht abfließen konnte. Freispruch für Uwe Merx. Er hatte mit der Beräumung nichts zu tun. Es habe sich um ein Naturereignis gehandelt. Die Wassermassen führten allerlei Unrat mit sich, der das Wasser stauen ließ. Sagt Holger Thiemt vom Abwasserzweckverband (AWZV) Bode-Wipper/Gewässerunterhaltungsverband (GWUV) Bode-Wipperaue mit Sitz in Bleicherode.

Thiemt verhehlt aber nicht, dass man mit dem Bürgermeister so seine Probleme habe. Er erschwere die Gewässerunterhaltung, indem er die Begehung behindere. Kehmstedt wolle aus dem Verband austreten. Der Antrag sei von der Kommunalaufsicht abgelehnt worden. Auch vom Verwaltungsgericht in Weimar. Auch vom Oberverwaltungsgericht. Merx gebe nicht auf. Jetzt sei das Verfahren beim Thüringer Verfassungsgericht anhängig.

Müllskandal oder Sturm im Wasserglas? Weder noch. Was diese Zeitung an Müll in freier Landschaft vorfand, ließe sich unbürokratisch beseitigen. Ohne das sich allerlei Institutionen damit lang und breit beschäftigten müssten.

Bis auf eine Bemerkung deutlicher Vorbehalte gegen Toetzke blieb Bürgermeister Uwe Merx danach unerreichbar. Vielleicht bringt ein sachliches Gespräch, Toleranz und Verständnis für beide Seiten ihn und seinen Kontrahenten doch noch zueinander. Wunder geschehen bekanntlich immer wieder.
Kurt Frank
Autor: red

Kommentare
Bodo Schwarzberg
06.03.2016, 08.44 Uhr
Tötzke/Merx: Wilder Müll ist überall
Die Geschichte Tötzke / Merx spült nur ein alt bekanntes Problem nach oben: Die wilde und meist ungeahndete Vermüllung unserer an sich schon durch Zersiedelung, Straßen, Verinselung, Immissionen und intensiver Landwirtschaft gebeutelten Landschaft. So , wie unsere Gesellschaft und das Denken eines jeden Einzelnen mit fatalen Folgen zum Verdrängen, Verschieben und Schönreden neigt, so sehr wird dies beim Thema wilde Müllkippen konkret. Während die Ordnungs- und Umweltbehörden im unmittelbar bewohntem Gebiet schnell tätig werden, wenn jemand einen plötzlich ungeliebten Konsumgegenstand ablegt, so sieht das wenige Meter außerhalb schon anders aus. Und damit meine ich nicht die organischen Gartenabfälle. Die sind, kritisch hin und kritisch her, gegenüber Farb- und Ölresten, Plastiktüten, Elektroschrott und Altreifen fast zu vernachlässigen.

Plastiktüten und andere Plastprodukte zersetzen sich langfristig und tauchen in unseren Gewässern und Weltmeeren feinverteilt wieder auf - mit z.T. verheerenden Auswirkungen auf Anreicherungsprozesse (z.B. von polychlorierten Biphenylen und anderen Aromaten) in den Nahrungsketten und letztlich auf uns. Elektroschrott enthält u.a. zahlreiche Metalle und Metallverbindungen, die, auch oxydiert durch den eher einen niedrigen pH-Wert aufweisenden Regen und Bodensäuren, ebenfalls in Böden und Vorfluter gelangen können.

Die Wegwerfgesellschaft lässt grüßen, die menschliche Unfähigkeit, die von uns erzeugten Probleme zu lösen, auch.

Ich bin mir sicher, dass die Behörden wenigstens im Fall Tötzke/Merx tätig werden. Herrn Tötzke rufe ich auf, nicht locker zu lassen und immer wieder in die Öffentlichkeit zu gehen, wenn sich nichts tut. Hinterfragenswert ist natürlich auch die direkte oder indirekte Morddrohung von Merx gegen Tötzke, so sie denn den Tatsachen entspricht. Das hat sicher ebenso strafrechtliche Relevanz. Ich dachte immer, von den Großagrariern und deren Marotten hörten wir zuletzt im DDR-Staatsbürgerkundeunterricht mit all seinen Wahrheiten über das heutige System.
Peppone
06.03.2016, 11.47 Uhr
So sollten man nicht miteinander umgehen
Ob man Herrn Tözkes Einsatz gegen die Vermüllung unserer Natur gut oder übertrieben findet mag Ansichtssache sein.

Wenn aber stimmt, dass geäußert wurde “Er , Tötzke, möge nicht überall draußen herumschnüffeln, sonst könnte er mit einem Wildschwein verwechselt werden“ ist das ein absolutes NoGo!

Zur Meinungsbildung sollten beiden Seiten gehört werden. Das hat Herr Frank versucht. Jetzt ist Herr Merx dran!
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