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Di, 15:38 Uhr
16.07.2013

In guter Verfassung?

Thüringens Innenminister Jörg Geibert hat heute in Erfurt den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2012 vorgestellt. Die Thüringer Online-Zeitungen dokumentieren die wesentlichen Ergebnisse...

Rechtsextremismus:

Die NPD konnte erstmals seit 2007 einen leichten Zuwachs an Mitgliedern verzeichnen. Zum Ende des Berichtszeitraums gehörten ihr etwa 330 Personen an, das sind 30 mehr als 2011. Von ihrer bislang höchsten Mitgliederzahl im Jahr 2007, als ihr rund 550 Personen angehörten, ist sie jedoch weit entfernt.

Der Landesverband gliedert sich unverändert in 17
Kreisverbände und wird bereits seit 2011 von Patrick Wieschke geleitet. Nachdem sie – von diversen Informationsständen und Mahnwachen abgesehen – im Jahr 2011 nur 9 Kundgebungen und Demonstrationen durchzuführen vermochte, waren es im Berichtszeitraum 18 solcher Veranstaltungen. Auf Grund der Teilnehmerzahl von jeweils über 900 und
der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit sind hierbei der „Eichsfeldtag“ am 5. Mai in Leinefelde und die Musik-Kundgebung „Rock für Deutschland“ am 7. Juli in Gera herauszuheben.

Trotz der gestiegenen Mitgliederzahl und trotz der Zunahme der öffentlichen Veranstaltungen war die NPD 2012 noch immer weit davon entfernt, ihre strukturellen und personellen Defizite zu überwinden. Gleichwohl besitzt sie innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums in Thüringen weiterhin die mit Abstand größte Bedeutung.

Die Zahl der Neonazis wird im aktuellen Bericht mit 350 ausgewiesen und hat sich damit um 50 erhöht. Innerhalb des neonazistischen Spektrums haben sich bei der Suche nach rechtlich möglichst unangreifbaren
Organisationsformen schon vor längerer Zeit zwei Strategien entwickelt. Ein Teil der Szene, der sich als „Freie Nationalisten“ bezeichnet, schloss sich in unabhängigen „Kameradschaften“ zusammen.

Andere Neonazis nutzen das „legale Dach“ der NPD für ihre Interessen. Dies gilt im Besonderen für Thüringen, wo Neonazis und NPD seit Jahren offen zusammenarbeiten. Innerhalb der Bestrebungen nach überregionaler Vernetzung stellt das sogenannte Freie Netz ein besonderes Phänomen dar. In Thüringen sind entsprechende Ableger in der Gegend um Jena/Kahla, Saalfeld und Altenburg bekannt. Von
diesen Gruppen ist nach der Definition der Verfassungsschutzbehörden nur das „Freie Netz Jena“ als Kameradschaft im engeren Sinne zu klassifizieren.

Dieser Klassifizierung unterfallen auch der seit langem bekannte „Kameradenkreis um Thorsten Heise“, die „Freien Kräfte Erfurt“ sowie die „Aktionsgruppe Weimarer Land“. Das neonazistische Spektrum hat im
Berichtszeitraum 19 eigene Demonstrationen bzw. Kundgebungen durchgeführt, das sind 6 mehr als 2011. Dabei lagen die Teilnehmerzahlen zum Teil unter 50, in einem Fall jedoch auch bei 240.

Nachdem Ende April 2012 die Internetseite der „Autonomen Nationalisten Nordthüringen“ (AN Nordthüringen) vom Netz genommen wurde, erfolgte im Juni die Freischaltung der Homepage der AG Nordhausen. Eigenangaben zufolge ist sie am 2. Juni von einem Dutzend Nationalisten aus Nordhausen gegründet worden, um eine „Anlaufstelle für national gesinnte Menschen im Landkreis Nordhausen“ zu bieten.

Es handele sich um „eine zukunftsorientierte, moderne Gruppierung, die für sämtliche Ansätze offen ist, die zum Wohle unseres Volkes und damit zum Wohle unserer Heimat beitragen“, ist im Bericht zu lesen. Die zirka 20 Personen umfassende Gruppierung entfaltete nach der Gründungsveranstaltung eine Handvoll Aktivitäten, u. a. führte sie einen Fackelmarsch zum „Gedenken an Rudolf Hess“ sowie ein „Heldengedenken“ anlässlich des Volkstrauertags am 18. November durch. Videos von diesen Aktionen wurden nicht nur auf der Homepage, sondern auch auf der Facebookseite der Gruppe veröffentlicht.

Die Zahl der subkulturell geprägten Rechtsextremisten, hierzu zählen die Skinheads, betrug im Berichtszeitraum 280. Das sind 20 Personen weniger als im Jahr 2011. Unverändert groß ist die Bedeutung rechtsextremistischer Musik. Die Zahl der aktiven rechtsextremistischen Bands betrug 13 und damit 4 weniger als im Jahr davor. Die Zahl der Konzerte, die als rechtsextremistisch klassifiziert wurden, betrug 8 und hat sich damit imVergleich zum Vorjahr um 3 erhöht; eines dieser 8 Konzerte wurde durch die Polizei aufgelöst.

Im Bereich der „Politisch motivierten Kriminalität – Rechts – “ wurden insgesamt 1.146 Straftaten erfasst und damit 103 mehr als im Jahr 2011. Dies entspricht einer Steigerung um 9,9 %. Um 12,7 % stieg die Zahl der Propagandadelikte, die innerhalb dieses Phänomenbereichs mit 885 Vorkommnissen erneut die mit Abstand größte Teilmenge darstellen. Dem Anstieg der Sachbeschädigungen um 9,9 % auf 89 steht ein leichter Rückgang der Volksverhetzungen auf 77 (- 2,5 %) gegenüber. Die der Gewaltkriminalität zuzurechnenden Straftaten haben sich erneut auf
nunmehr 22 verringert (- 35,3 %).

Auch auf das Thema Immobilien geht der Bericht ein. Es wird über den aktuellen Sachstand zu den von Rechtsextremisten genutzten Objekten bzw. Grundstücken informiert. Während das „Braune Haus“ (Jena) sowie die „Erlebnisscheune“ in Kirchheim (Ilmkreis) schon einige Jahre als Veranstaltungsorte bekannt sind, befinden sich die übrigen Objekte erst seit 2011 im Besitz rechtsextremistischer Kreise. Das ehemalige „Rittergut“ in Guthmannshausen (Landkreis Sömmerda) wird durch den rechtsextremistischen Verein „Gedächtnisstätte e.V.“ betrieben und für diverse Veranstaltungen genutzt.

Die ehemalige Bahnhofsgaststätte in Marlishausen (Ilmkreis) wird als Kontaktadresse der „Schlesischen Jugend“ angegeben und bietet ebenfalls die Möglichkeit zur Durchführung von Veranstaltungen. Die Immobilie in Crawinkel (Landkreis Gotha) dient als
Wohnobjekt, darüber hinaus fanden dort in der jüngeren Vergangenheit bereits rechtsextremistische Konzerte statt.

Linksextremismus:

Im Jahr 2012 waren keine besonderen Entwicklungen zu verzeichnen. Die Gruppe der Autonomen, über die der Bericht ausführlich informiert, zählt seit Jahren ca. 130 Personen. Die Qualität der Aktionen blieb im Wesentlichen unverändert. Die Mitgliederzahlen der marxistischleninistischen Parteien liegen seit Jahren bei insgesamt etwa 180. Sie sind nahezu ohne Bedeutung, was auch auf die „Rote Hilfe e.V.“ zutrifft.

Im Bereich „Politisch motivierte Kriminalität – Links –“ wurden insgesamt 153 Straftaten erfasst. Damit hat sich die Anzahl der Delikte im Vergleich zum Jahr 2011 um 9 verringert, was einem Rückgang von 5,6 % entspricht.

Im Einzelnen betrachtet weisen die Gewaltstraftaten bei einem Rückgang von 23 auf 12 ein Minus von 47,8 % auf und setzten so den deutlichen Trend der Vorjahre fort. Während sich die leicht gestiegene Zahl der Sachbeschädigungen mit 86 ungefähr auf dem Vorjahresniveau bewegt, ist bei den Verstößen gegen das Versammlungsgesetz ein deutlicher Zuwachs von 28 auf 36 Straftaten (28,6 %) zu verzeichnen; die hohen Zahlen früherer Jahre werden hier jedoch nicht erreicht.

Ausländerextremismus:

Festgefügte islamistische Organisationsstrukturen sind in Thüringen nach wie vor nicht bekannt. Etwa 100 Personen bilden eine lose Anhängerschaft von Organisationen, die islamistische Grundsätze vertreten.

Nur etwa 50 davon werden „Salafistischen Bestrebungen“ zugerechnet, die seit geraumer Zeit auch in Thüringen an Bedeutung gewinnen. So konnten auch im Berichtszeitraum anhaltende Aktivitäten salafistischer Akteure festgestellt werden. Hierbei spielen das „Internationale Islamische Kulturzentrum – Erfurter Moschee e. V.“ (IIKz Erfurt) und das „Internationale Islamische Kulturzentrum Nordhausen e. V.“ (IIKz Nordhausen) eine wesentliche Rolle.

Dort fand jeweils eine Reihe von Islamseminaren und
ähnlichen Veranstaltungen statt. Als einschlägige islamistische Gruppierungen, die versuchen, ihre Positionen auch unter den Muslimen Thüringens zu stärken und Anhänger zu gewinnen, werden die „Muslimbruderschaft“, die „Gemeinschaft für Verkündigung und Mission“ sowie die „Nordkaukasische Separatistenbewegung“ näher dargestellt.

Letzterer werden mit etwa 25 die meisten Personen zugerechnet. Die verbotene „Arbeiterpartei Kurdistans“ – bekannt als PKK – verfügt mit dem „Teilgebiet Erfurt“ über gefestigte organisatorische Strukturen. Es zählt unverändert etwa 90 Anhänger. Die Basis ist deutschlandweit vornehmlich in kurdischen Kulturvereinen organisiert, die in der Regel dem Dachverband „Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ (YEK-KOM) angeschlossen sind. Zu diesen Vereinen zählt der am 23.11.2012 in Erfurt
gegründete „Mezopotamien e.V.“.

Der Verfassungsschutzbericht 2012 greift außerdem die Themen Scientology-Organisation, Organisierte Kriminalität, Spionageabwehr und Geheimschutz auf. Der Inhalt der jeweiligen Abschnitte knüpft im Wesentlichen an die Darstellungen des Vorjahresberichts an. Das Gesamtlagebild blieb in diesen Bereichen unverändert.
Autor: red

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