Do, 16:58 Uhr
09.02.2012
nnz-Betrachtung: Danke, Stuttgart 21
In Stuttgart wurde vor Monaten der neue, der aufmüpfige, der sich endlich wieder einmischende deutsche Bürger wiedergeboren. Der Knall und seine Folgen reichten bis in den Südharz hinein...
Mal abgesehen von den politisch organisierten Demos in Nordhausen - wann haben Menschen sich versammelt, mit Plakaten und Spruchbändern in der Hand? Das war - ich kann mich täuschen - bei den Anti-Hartz-IV-Demos der Fall. Dann war Ruhe und es brauchte eines Funkens, damit die Bürger aufwachen.
Auch im Südharz. Es war die Bürgerinitiative in Sundhausen, die erfolgreich die Ansiedlung eines Autohofes verhinderte, es war eine Bürgerinitiative in Hesserode mit dem selben Ziel, es waren Bürger aus Ilfeld und Umgebung, die gegen die Schließung eines Schulteils mobil machten, es waren die Mitarbeiter des Südharz-Krankenhauses, die gegen einen Entwurf des Gesellschaftervertrages rebellierten.
Und es waren gestern Eltern, die sich gegen die verordneten Bezugsgrenzen, gegen Brutto-Netto-Verwechslungen bei Elternbeiträgen und für eine kommunale Trägerschaft des künftigen Kinderhauses in Ost einsetzten und bei eisigen Temperaturen vor dem Nordhäuser Rathaus Stellung bezogen.
Was wäre gewesen, wenn all diese Bürgerbegehren nicht gewesen wären. In Sundhausen gebe es vielleicht einen Autohof, in Ilfeld eine Schule weniger, eine Selbstbedienung der Krankenhaus-Gesellschafter und eine freier Trägerschaft für das Kinderhaus. All das wurde verhindert. Ob das in jedem Fall richtig war oder nicht - es hat aber gezeigt, dass Politiker auch im kommunalen Bereich nichts mehr fürchten als den Protest derer, von denen sie gewählt wurden und denen sie zu dienen haben. Sie knickten ein, so einfach ist das zu beschreiben. Sie beugten sich des Bürgers Wille.
Der kritische, der mündige Bürger hat sich neu erschaffen. Er agiert immer effektiver, soziale Netzwerke und moderne Medien nutzend. Und er ist erfolgreich, das spornt an. Erfolg macht süchtig.
Es ist aber auch eine Gefahr in alldem verborgen. Was ist, wenn Politik nicht mehr von denen gemacht wird, die demokratisch gewählt wurden, die einen Bürgerauftrag dazu bekamen? Was ist, wenn Minderheiten über Mehrheiten befinden? Waren die 45.000 Nordhäuser für oder gegen einen Autohof in Sundhausen? Am Ende siegten 200 Mitglieder einer Bürgerinitiative eines Ortsteils.
Wie diese Entwicklung der nun endlich mündig und vielleicht wieder politisch interessierten Bürger weitergehen wird, das kann vermutlich niemand voraussehen. Einerseits sollte und muss Verwaltung im Einklang mit Politik eine sensiblere Antenne bekommen, um letztlich die Stimmung in der gesamten Bürgerschaft aufzunehmen, nicht nur die in so genannten inneren Zirkeln. Das ist in all den Jahren abhanden gekommen.
Andererseits müssen irgendwann einmal auch Entscheidungen gefällt werden, bei denen eine Minderheit die gewählten Volksvertreter auspfeifen oder ausbuhen wird. Auch da müssen Gewählte durch, denn sie sollten immer das Wohl des Gesamten im Polit-Auge haben.
Ich hoffe meinerseits, dass dieses neugeborene Bürgerbewusstsein lange anhält, dass man sich qualifiziert einmischt und dass diese Interessiertheit sich auch und vor allem in der Beteiligung zur anstehenden Wahl eines Oberbürgermeisters, von Bürgermeistern und eines Landrates niederschlagen wird. Nur dann, in dieser Komplexität, macht Einmischen wirklich Sinn. Den Menschen in Stuttgart sei Dank.
Peter-Stefan Greiner
Autor: nnzMal abgesehen von den politisch organisierten Demos in Nordhausen - wann haben Menschen sich versammelt, mit Plakaten und Spruchbändern in der Hand? Das war - ich kann mich täuschen - bei den Anti-Hartz-IV-Demos der Fall. Dann war Ruhe und es brauchte eines Funkens, damit die Bürger aufwachen.
Auch im Südharz. Es war die Bürgerinitiative in Sundhausen, die erfolgreich die Ansiedlung eines Autohofes verhinderte, es war eine Bürgerinitiative in Hesserode mit dem selben Ziel, es waren Bürger aus Ilfeld und Umgebung, die gegen die Schließung eines Schulteils mobil machten, es waren die Mitarbeiter des Südharz-Krankenhauses, die gegen einen Entwurf des Gesellschaftervertrages rebellierten.
Und es waren gestern Eltern, die sich gegen die verordneten Bezugsgrenzen, gegen Brutto-Netto-Verwechslungen bei Elternbeiträgen und für eine kommunale Trägerschaft des künftigen Kinderhauses in Ost einsetzten und bei eisigen Temperaturen vor dem Nordhäuser Rathaus Stellung bezogen.
Was wäre gewesen, wenn all diese Bürgerbegehren nicht gewesen wären. In Sundhausen gebe es vielleicht einen Autohof, in Ilfeld eine Schule weniger, eine Selbstbedienung der Krankenhaus-Gesellschafter und eine freier Trägerschaft für das Kinderhaus. All das wurde verhindert. Ob das in jedem Fall richtig war oder nicht - es hat aber gezeigt, dass Politiker auch im kommunalen Bereich nichts mehr fürchten als den Protest derer, von denen sie gewählt wurden und denen sie zu dienen haben. Sie knickten ein, so einfach ist das zu beschreiben. Sie beugten sich des Bürgers Wille.
Der kritische, der mündige Bürger hat sich neu erschaffen. Er agiert immer effektiver, soziale Netzwerke und moderne Medien nutzend. Und er ist erfolgreich, das spornt an. Erfolg macht süchtig.
Es ist aber auch eine Gefahr in alldem verborgen. Was ist, wenn Politik nicht mehr von denen gemacht wird, die demokratisch gewählt wurden, die einen Bürgerauftrag dazu bekamen? Was ist, wenn Minderheiten über Mehrheiten befinden? Waren die 45.000 Nordhäuser für oder gegen einen Autohof in Sundhausen? Am Ende siegten 200 Mitglieder einer Bürgerinitiative eines Ortsteils.
Wie diese Entwicklung der nun endlich mündig und vielleicht wieder politisch interessierten Bürger weitergehen wird, das kann vermutlich niemand voraussehen. Einerseits sollte und muss Verwaltung im Einklang mit Politik eine sensiblere Antenne bekommen, um letztlich die Stimmung in der gesamten Bürgerschaft aufzunehmen, nicht nur die in so genannten inneren Zirkeln. Das ist in all den Jahren abhanden gekommen.
Andererseits müssen irgendwann einmal auch Entscheidungen gefällt werden, bei denen eine Minderheit die gewählten Volksvertreter auspfeifen oder ausbuhen wird. Auch da müssen Gewählte durch, denn sie sollten immer das Wohl des Gesamten im Polit-Auge haben.
Ich hoffe meinerseits, dass dieses neugeborene Bürgerbewusstsein lange anhält, dass man sich qualifiziert einmischt und dass diese Interessiertheit sich auch und vor allem in der Beteiligung zur anstehenden Wahl eines Oberbürgermeisters, von Bürgermeistern und eines Landrates niederschlagen wird. Nur dann, in dieser Komplexität, macht Einmischen wirklich Sinn. Den Menschen in Stuttgart sei Dank.
Peter-Stefan Greiner
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