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Bundestagswahl 2017

Bei den Kandidaten nachgefragt

Sonntag, 24. September 2017, 23:00 Uhr
Die Bundestagswahl brachte heute Abend auch für Nordthüringen klare Gewinner und Verlierer mit sich. Die nnz hat mit den einzelnen Direktkandidaten über ihre Einschätzungen der Wahl und die Pläne für die kommenden vier Jahre gesprochen...


Nach Stimmen ist die CDU die Gewinnerin des Abends und mit ihr Manfred Grund. Der 62jährige wird noch einmal in den Bundestag einziehen. Er sei "verhalten glücklich", der Vorsprung für das Direktmandat sei deutlich ausgefallen. Die Stimmenverluste an die AfD aber würden an ihm "nagen". Die Unzufriedenheit über den unregulierten Flüchtlingszustrom habe hier eine Adresse gefunden.

Schwierigkeiten sieht Grund auch in den kommenden Tagen heraufziehen, wenn es an die Regierungsbildung gehen soll. Für Schwarz-Gelb wird es wohl nicht reichen, nur eine Koalition mit den Grünen und der FDP, die "Jamaika-Koalition", würde die nötige Stimmenmehrheit bringen. Die Probleme, die zum Erfolg der AfD geführt hätten, könnten mit "Jamaika" aber nicht gelöst werden, so Grund gegenüber den Nordthüringer Online-Zeitungen. Er hoffe, dass bei der SPD das letzte Wort in Sachen Regierungsverantwortung noch nicht gesprochen sei. "Die SPD rennt vor ihren eigenen Erfolgen davon", sagte Grund, man habe gemeinsam viel umgesetzt, jetzt nicht zur eigenen Arbeit zu stehen sei "dumm".

Er selber werde sich in den kommenden vier Jahren vor allem die Infrastruktur des Thüringer Nordens zur Aufgabe machen und versuchen Projekte wie Ortsumfahrung Mackenrode, die Belastung der B4 bei Ilfeld oder auch die Lösung von Problemen in Greußen, dem weiteren Kyffhäuserkreis und Mühlhausen voran zu bringen.

SPD Kandidat Steffen-Claudio Lemme wird nicht wieder in den Bundestag einziehen. Es sei kein gutes Ergebnis, er hätte sich ein deutlich besseres gewünscht, sagte der SPD'ler gegenüber den Nordthüringer Online-Zeitungen. Die SPD sei mit dem Thema soziale Gerechtigkeit in den Wahlkampf gegangen, ein Thema das immer aktuell sein werde.

Schlimm sei die Entwicklung angesichts des Wahlergebnisses des AfD, hier werde man nach Erklärungen suchen müssen. Nach seiner Wahrnehmung sei diese nicht in der allgemeinen Lage des Landes zu suchen, der Mehrheit gehe es abseits individueller Schwierigkeiten gut, meinte Lemme.

Es werde sicher noch eine Mitgliederbefragung geben, der allgemeinen Stimmung in seiner Partei nach zu urteilen werde man sicher in die Opposition gehen. Der AfD könne hier nicht allein die Stimme überlassen werden. Zudem bedeute Opposition auch neue Kräfte zu sammeln und sich neu auszurichten, was "heilende Wirkung" haben könne. Er selber werde erst einmal eine Verschnaufpause einlegen, er sei vielfach engagiert, an Arbeit werde es ihm auch in Zukunft nicht mangeln, meinte Lemme, zunächst stünden erst einmal Beratungen an.

Für Kersten Steinke wird es am Ende reichen. Dennoch: unter den Linken in Bad Frankenhausen herrsche eine gewisse Traurigkeit, sagt Steinke, die Linke habe ihr Ergebnis zwar gehalten, der Erfolg der AfD beschäftige aber alle und sei eigentlich nicht nachzuvollziehen. Vor allem die Ergebnisse in den einzelnen Kommunen des Wahlkreises seien zum Teil "erschreckend" gewesen.

Im Bund werde die Linke weiter aktive Oppositionsarbeit betreiben können, man habe gute Arbeit geleistet und habe manches Anstoßen können. Es werde in Zukunft auch Aufgabe der Linken sein die AfD im Bundestag als die rassistische und menschenfeindliche Partei zu entlarven, die sie sei. "Wir werden uns auch weiter für Solidarität und Menschenrechte einsetzen, da gibt es noch viel nachzuholen.", sagte Steinke.

Zweiter Gewinner des Abends ist Jürgen Pohl, mit Listenplatz 2 ist dem Kandidaten der AfD ein Platz im Bundestag ziemlich sicher. Es sei ein "wahnsinnig gutes Ergebnis" gewesen aber auch ein Ausdruck starker Verwerfungen, rund ein Viertel der Wähler habe sich von den Altparteien abgewandt, ein Trend der ihn auch nachdenklich mache. Ein Sieg der AfD sei es indes nicht eigentlich gewesen, sondern ein Sieg der Wählerinnen und Wähler die seine Partei gewählt hätten, meinte Pohl, sie hätten ihre Stimme zurückgewonnen.

Er gratulierte Herrn Grund zum Direktmandat, er habe einen fairen Wahlkampf geführt. Das sei nicht bei allen Parteien so gewesen, wer nun als Splitterpartei aus der Wahl gehe müsse sich überlegen, ob man so noch am politischen Diskurs teilnehmen wolle.

Seine Aufgabe für die nächsten vier Jahre sei es, die Zerwürfnisse zwischen Ost und West zu beenden, etwa bei der Angleichung der Renten. Die Leiharbeit müsse eingeschränkt und ein „Wohlstandslohn“ eingeführt werden. Zudem werde man sich für die Einführung der Volksabstimmung stark machen, die Menschen müssten zu Fragen wie dem Bildungssystem und der Angleichung der Steuern befragt werden.
Angelo Glashagel
Autor: red

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