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Firma in Nordhausen betrogen

EVN wurde abgezockt

Mittwoch, 11. Januar 2017, 09:50 Uhr
Eine Pressemitteilung der Erfurter Polizei brachte gestern die Lawine ins Rollen. Und die ist mit voller Wucht auch in Richtung Nordhausen gerollt...


"Ein Betrug in Höhe von fast einer Million Euro wurde gestern bei der Erfurter Polizei angezeigt. Eine Unbekannte meldete sich telefonisch bei einer Firma im Landkreis Sömmerda und gab sich als Bevollmächtigte aus. Nach mehreren Telefongesprächen und Schriftverkehr via E-Mail wurde die Zahlung von fast einer Million Euro in Auftrag gegeben. Als Legende wurde eine Firmenübernahme vorgegaukelt. Das Geld wurde angewiesen und erst danach flog der Betrug auf."

Soweit das Zitat aus der gestrigen Meldung der Landespolizeiinspektion Erfurt. Dort wird dann noch erwähnt, dass anfang des Jahres der Versuch auch in Nordhausen glückte und eine Firma wies knapp eine Million Euro auf ein vermeintliches Konto des Firmeninhabers an. In Allen Fällen wurden die Mitarbeiter von den Anrufern bzw. den Verfassern von E-Mails zur Verschwiegenheit aufgefordert.

Nach Recherchen der Nordthüringer Online-Zeitungen funktioniert der CEO-Fraud, zu gut deutsch, der Geschäftsführer-Betrug, folgendermaßen:

Eine Mitarbeiterin der Buchhaltung erhält einen Anruf mit unterdrückter Nummer und kündigt als Vertraute eines anderen Unternehmens einen größeren Deal, zum Beispiel eine Firmenübernahme an, die mit der Überweisung eines größeren Betrages abgeschlossen werden müsste. Wenig später geht auf dem Account der Buchhalterin eine Mail ein, die augenscheinlich vom Account eines Geschäftsführers abgeschickt wurde, der sich auf einer wichtigen Dienstreise befindet. In dieser Mail wird das vermeintliche Geschäft bestätigt und es wird um strengste Verschwiegenheit gebeten. Weitere Mails mit fingierten Unterschriften folgen.

Den nächsten Mailverkehr gibt es dann mit einer Anwaltskanzlei in Frankfurt am Main, darin wurden eine Mailadresse und eine Telefonnummer benannt. Schließlich wurden unter Ausnutzung sämtlicher psychologischer Tricks (Vertraulichkeit der Geschäftsleitung gegenüber genau dieser Mitarbeiterin) die Zahlungen von Beträgen knapp unter einer Million Euro vereinbart. In nahezu allen Betrugsversuchen und vollzogenen Straftaten handelte es sich um Summen zwischen 900.000 und einer Million Euro.

Mehrere dieser Betrugsversuche wurden auch in Nordhausen abgewehrt und sofort Strafanzeige gestellt, in einem Fall allerdings sei der "Überweisungsknopf" gedrückt worden, erfuhr die nnz aus Ermittlerkreisen. Zwar sei auch danach eine Anzeige erstattet worden, doch da war das Geld, das zuerst auf ein Inlandskonto überwiesen wurde, vermutlich schon über mehrere Auslandskonten "verschwunden".

Von diesem"scheinbar erfolgreichen" Geschäftsführer- Betrug ist nnz-Recherchen zufolge ein kommunales Unternehmen betroffen. Im Verlaufe des Tages soll es eine Aufsichtsratssitzung und anschließend eine Mitteilung dazu geben.
Peter-Stefan Greiner

Update: Aus dem Nordhäuser Rathaus wurde jetzt bekannt, dass es sich um die Energieversorgung Nordhausen (EVN) handelt, das vom Betrug betroffen ist. Laut Pressesprecher Patrick Grabe stehe zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest, ob und wie hoch tatsächlich ein finanzieller Schaden eingetreten ist.

Update: Wie die Stadtverwaltung mitteilt wurden seitens der EVN am 4. Januar 926.500 Euro auf ein Konto einer ausländischen Bank überwiesen. Die Stadt Nordhausen ist über die Stadtwerke 60% an der EVN beteiligt.

Nach Entdeckung des Betruges durch die EVN wurde die Sperrung des Empfängerkontos veranlasst.

Die EVN erstattete Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft und das Bundeskriminalamt ermitteln, daher könne man zum derzeitigen Zeitpunkt keine weiteren Details bekannt geben. Der Aufsichtsrat ist am heutigen Tag informiert worden. Eine Gesellschafterversammlung, welche sich mit den Konsequenzen aus diesem Sachverhalt befasst, findet noch in dieser Woche statt.

Bildquelle: TheDigitalWay/pixabay.com
Autor: red

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