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„REPORT MAINZ“ ÜBER PRAXIS IM SCHWEINEZUCHTBETRIEB

Schlag, Kehlschnitt, Abfallbehälter

Freitag, 15. Januar 2016, 15:19 Uhr
Empört sprang die Frau auf, stürzte zum Fernseher und schaltete ihn ab. Sie konnte nicht mehr ansehen, was sie da auf dem Bildschirm sah. „Sei nicht so empfindlich“, beruhigte sie ihr Ehemann. Aber auch er hatte vom Gesehenen die Nase voll...


Nordhausen. Das Polit-Magazin „Report Mainz“ sieht die Familie gern. So war es auch am 12. Januar. Unter anderem strahlte der Südwestfunk einen Beitrag aus, der sich mit der Praxis in Mitteldeutschen Schweineaufzuchtbetrieben befasste. Filmmaterial dafür ist auch von der Tierschutzorganisation Ariwa geliefert worden. Es lag schon vor der Sendung dem Landeskriminalamt vor.

Angeblich heimlich wurde auch in den Ställen der Van Asten Tierzucht GmbH gefilmt und der Streifen ausgestrahlt. Für schwache Nerven war das nichts, was man da sah: Quickende Ferkel. Hieb auf den Kopf. Kehlschnitt. Spritzendes Blut. Schwungvoller Wurf in die Abfallkiste. Zappelnde Tierkörper.

Aus der Branche verlautet, diese Methode, unterentwickelte Ferkel zu töten, sei humaner als die bisherige. Völlig legal. Vordem habe man zurückgebliebene Ferkel genickbrechend einfach gegen die Wand oder auf den Boden geworfen. Das Betäuben der Tiere „durch einen Schlag auf eine Fläche“, so heißt es in der Fachsprache, sei inakzeptabel. Jetzt erfülle man die Vorgaben. Welche Methode die humanere ist, erklärt sich mir daraus nicht. Selbst Experten haben damit Probleme.

Das Unternehmen erwägt Anzeige gegen Unbekannt. Wenn zudem Hygienevorschriften durch unerlaubten Eintritt umgangen würden, gefährte dies außerdem den Tierbestand. Nicht hinnehmbar sei das. Zweifellos ist das geheime Eindringen in ein Objekt, sollte es so gewesen sein, eine Straftat. Wird, andererseits, ein Filmteam in ein Unternehmen eingeladen, will dieses nur das gezeigt wissen, was ihm genehm ist. Die Tierschutzorganisation will aber mehr zeigen, als offiziell verlautbart.

Einmal mehr werde der Versuch unternommen, mit solchen Bildern die Branche der Tier-und Schweinehaltung zu diskreditieren, äußerte die Chefin Monique van Asten des Nordhäuser Unternehmens in einer Tageszeitung. Mag die derzeitige Methode, unerwünschte Ferkel zu töten, vielleicht humaner als die vorangegangene sein, fragwürdig ist sie allemal. Auch, was die Massentierhaltung selbst betrifft. Mit annähernd 60000 Schweinen am Rande der Stadt. Eingepfercht, keine Einstreu, kein Auslauf, Spaltenböden. Das alles ist erlaubt. Es bleibt abschreckend für alle, die Tiere nicht nur als Ware sehen.

Der Autor dieses Beitrages erlebte in England Schweinehaltung auf völlig andere Art: Weitläufiges freies Gelände. Hin und wider eine kleine mit Stroh unterlegte Schutzhütte. Im Erdreich wühlende oder in einer Schlammpfütze sich suhlende Tiere. Vor Vergnügen grunzend. Es mag länger dauern als in einem Mastbetrieb hierzulande, bevor diese Schweine schlachtreif werden. Davor aber steht eine natürliche artgerechte Haltung.

So grausam solche Szenen auch anmuten mögen, sie zu zeigen ist richtig und notwendig. Sie richten sich auch an uns Verbraucher. Bevorzugen wir nicht oft das billige Schnitzel? Gerichtet sind sie vor allem an die Politiker. Sie könnten für englische Varianten plädieren, die Schere zwischen der so oft strapazierten Moral und der Realität schließen helfen. Wir kennen es doch: Geredet - gerade in diesen Tagen wieder - wird viel. Übrig bleibt oft nur leere Luft.

Was geschieht mit den getöteten Ferkeln? Die Frage sollten wir schriftlich beim Tierzuchtbetrieb einreichen. Der Betriebsleiter rang sich dann doch noch zu der Aussage durch, dies geschehe über entspreche Firmen gesetzeskonform.

Zu keiner Aussage bereit ist das Veterinäramt. Bei den Amtstierärzten Hanja Wilhelm und Tanja Rautenberg brauchten wir erst gar nicht anrufen. Landrat Jendricke habe „Nachrichtensperre“ verhängt. Wir sprachen mit ihm. Er werde sich erst noch eingehender mit der Sache beschäftigen. Danach sei er gern bereit, mit der nnz darüber eingehend zu sprechen.
Kurt Frank

Bildquelle: pixabay.com
Autor: red

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