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Lokal-globale Betrachtung

Was ist los in diesem Land?

Freitag, 08. Januar 2016, 12:00 Uhr
Allen Beschönigungsreden, Willkommensaktionen, Begrüßungszeremonien zum Trotz: Ein Teil des Alltags der Flüchtingskrise holt die Gesellschaft ein. An der Verhinderung dieses Prozesses wirkt ein Konglomerat aus Sicherheitskräften und Politik...


Es ist nicht unser Ansinnen, überregionale Prozesse, Geschehnisse oder Ereignisse zu kommentieren. Wir wollen uns zuförderst auf die regionalen und lokalen Geschehnisse beschränken. Und doch - mitunter ist auch ein solcher Exkurs nötig. Bitter nötig.

Die Vorfälle aus Köln in der Silvesternacht und anderen deutschen Städten zeigen, dass die Politik in die Flüchtlingsdebatte nicht nur auf offener Bühne eingreift, sondern auch hinter den Kulissen die Fäden in der Hand zu haben scheint. Die kleine und die große Politik will nach außen - also offiziell - die deutsche Republik als weltoffen, als freundlich bezeichnen. Gefühlte 90 Prozent der Menschen in diesem Land jedoch glauben dem nicht.

Sie schenken dem keinen Glauben mehr, weil sie anders fühlen, beobachten, aufnehmen, sich nicht nur durch ARD und ZDF informieren. Und sie werden in diesem Glauben bestätigt. Und man muss nicht unbedingt auf Verschwörungsseiten und ähnlich virtuellem Gedöns surfen, um einen Funken Realität geliefert zu bekommen.

Wir bleiben in Köln, um das Räderwerk zwischen Polizei, Medien und Politik ein wenig zu erläutern. Zuerst meldete die Polizei die friedliche Neujahrsnacht. Dann, nach und nach sickerten die verhängnisvollen Ereignisse durch. Erst nach Tagen kümmerten sich die öffentlich-rechtlichen Staatsmedien um das Thema. Was das ZDF da bereits veranstaltete, war - schlicht und ergreifend gesagt - ein Skandal. Der - auch das muss gesagt werden - von der Politik vermutlich eingefordert wurde.

Und die Politik machte weiter Druck, gab nur das zu, was auch medial bekannt war. Vielen Beamten der NRW-Landes- und der Bundespolizei platzte da schon der Kragen. Zeitungen erhielten vertrauliche Dokumente, Einsatzberichte. Wieder mussten Politik und Polizeiführung zugeben, was ihnen seit Tagen bekannt war.

Am besten wäre es gewesen, wenn man die Mär von der Nichtbeteiligung von Flüchtlingen an den Geschehnissen in Köln hätte belegen können. Propagiert wurde das schon länger. Gestern nun allerdings konnte es nicht länger unter der Politdecke gehalten werden: Einige lokale und dann auch überregionale Medien meldeten, dass die Polizei offenbar die Herkunft von Menschen verheimlicht hatte, die in der Silvesternacht in Köln "agiert" hatten. Den Grund dafür liefert der "Kölner Stadtanzeiger": Die Herkunft wurde nicht bekannt gegeben, weil es politisch heikel sei. Berichte über massenhafte sexuelle Übergriffe und mehrere angezeigte Vergewaltigungen sind heikel? Ja, wo leben wir denn?

Und weiter: Bereits in der Silvesternacht sei den Beamten klar gewesen, dass es sich bei den Personen in Köln auch um Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afghanistan gehandelt habe, die erst seit kurzem in Deutschland leben.

Der Focus hatte in seiner Online-Ausgabe bereits am Donnerstagabend über diesen Skandal berichtet, bei SPON findet man heute immer noch nichts dazu. Auch andere Medien blenden das aus, es passt nicht in das Bild der heilen Welt in diesem Land.

Ein Kollege sagte mal zu mir: heutzutage kommt alles raus! Das ist gut so, denn das Benennen von Geschehnissen ist tatsächliche Transparenz. Und aus zahlreichen Gesprächen hier vor Ort weiß ich, dass viele Beamte der Polizei die "Nase gestrichen" voll haben, von der zunehmenden Politisierung der Lage. Und: sie trauen selbst den lokalen Politikern eine Einflussnahme auf polizeiliche Berichterstattung zu. Mehr noch: Sie trauen auch Teilen der Polizeiführung einen enormen Gehorsam zu. Schließlich ist der oberste Polizeichef in Thüringen ein Politiker.

Und so wird dieses Land dank der Kölner Ereignisse und ihrer noch nicht beendeten Nebenwirkungen weiter den Kräften nützlich sein, die sich gegen jede Form der Einwanderung wehren. Und sie werden immer mehr Menschen, die den Glauben in die Funktionalität dieses Gemeinwesens verloren haben, in jene Bereiche des gesellschaftlichen Lebens drängen, die gern von ihnen als extremistisch, als Pack oder radikal und rechtspopulistisch verteufelt werden. Oder einfach ausgedrückt: Bessere Wahlkampfhelfer kann die AfD nicht finden.
Peter-Stefan Greiner
Autor: red

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