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VEREINSHAUS „THOMAS MANN“ DARF NICHT STERBEN

Rettungsanker Bürgerinitiative?

Dienstag, 05. Januar 2016, 15:00 Uhr
„Der Trauermarsch ist schon zu hören“ titelte diese Zeitung am 6. November 2015. Im Mittelpunkt stand das Vereinshaus „Thomas Mann“, das die Stadt loswerden möchte...

Das Vereinshaus „Thomas Mann“ in der Wilhelm-Nebelung-Straße muss für Vereine und Interessengemeinschaften erhalten und geöffnet bleiben, meint auch Jost Rünger. (Foto: Kurt Frank) Das Vereinshaus „Thomas Mann“ in der Wilhelm-Nebelung-Straße muss für Vereine und Interessengemeinschaften erhalten und geöffnet bleiben, meint auch Jost Rünger. (Foto: Kurt Frank)

Nordhausen. Nun will eine Bürgerinitiative (wir berichteten) das Objekt retten helfen. Die Initiatoren wollen sich übermorgen, am 7. Januar, 18 Uhr, vor Ort treffen und sie aus der Taufe heben. Die Erfahrung habe gezeigt, dass mit der Stadt als Eigentümer das Schicksal des Hauses den politischen Stimmungen unterworfen sei, sagen sie.

Schon im November diskutierten Dezernentin Hannelore Haase und Kämmerin Karin Spieß von der Stadtverwaltung (nnz informierte) mit zahlreichen Nutzern. Kontrovers die Debatten. Es mangelte aber nicht an Gedanken, wie dem Haus zu altem Glanz verholfen werden könne. Über 30 Vereine und Interessengemeinschaften (IG) gestalten derzeit hier regelmäßig ihr Vereinsleben.

Die Stadt will das Objekt verkaufen. Zum Verkehrswert von 240.000 Euro. Der Stadt koste der Unterhalt Geld. Man mache nur Miese. Um die 5000 Euro im Jahr. Die Stadt mit ihrem Schuldenberg von über fünf Millionen könne sich das Anwesen nicht länger leisten, machte Kämmerin Spieß klipp und klar deutlich.

Das Objekt erwarb der Kulturbund 1974 vom Eigentümer, bevor es 1995 an die Stadt ging. Für einen Apfel und ein Ei, heißt es. Heute könne der Kulturbund das Gebäude aus Kostengründen weder zurückkaufen noch zurücknehmen, meint Jost Rünger, Mitglied des Landesverbandes.

Vom Kulturbund in Berlin seien keine Mittel zu erwarten, sagt Rünger. Ein Vorschlag der Kämmerin ist damit hinfällig. Der Kulturbund könne sich doch auch an der Ausschreibung zum Kauf des Hauses beteiligen, hatte Karin Spieß in die Debatte geworfen. Und nachfragen, welche finanziellen Beträge er bereitstellen könnte.

Die Initiatoren für die Bürgerinitiative möchten das Haus auch für die ferne Zukunft stets für ein reges Vereinsleben geöffnet haben wissen. Dafür wollen sie kämpfen. Bei einem Verkauf durch die Stadt schwane Ungemach. Ein Käufer, beruhigten Dezernentin und Kämmerin seinerzeit, müsse sich verpflichten, die Einrichtung für Vereine und Interessengemeinschaften bereitzuhalten.

Was bliebe von dieser politischen Absichtserklärung, wenn der Investor, sollte sich einer finden, zu gegebener Zeit Eigenbedarf anmeldet? Kommt er dann nicht in Vorderhand? Die Stadt hätte da schon den Zaster eingestrichen und sich womöglich mit drei Kreuzen vom Vereinshaus verabschiedet. Der Tanz um das Goldene Kalb ginge in eine neue Runde.

Das Vereinshaus „Thomas Mann“ in der Wilhelm-Nebelung-Straße muss für Vereine und Interessengemeinschaften erhalten und geöffnet bleiben, meint auch Jost Rünger.  (Foto: Kurt Frank) Das Vereinshaus „Thomas Mann“ in der Wilhelm-Nebelung-Straße muss für Vereine und Interessengemeinschaften erhalten und geöffnet bleiben, meint auch Jost Rünger. (Foto: Kurt Frank)

Das Vereinshaus „Thomas Mann“ in der Wilhelm-Nebelung-Straße muss für Vereine und Interessengemeinschaften erhalten und geöffnet bleiben, meint auch Jost Rünger. Foto: Kurt Frank

Der Sanierungsstau belaufe sich auf derzeit etwa 210.000 Euro. Sagt Jost Rünger. Keineswegs, versichert er, sei das Haus in der Vergangenheit seinem Schicksal überlassen worden. Es habe in seinen Wänden auch fleißige Handwerker gesehen. Die Heizungsanlage wurde 1992 genauso wie das Dach saniert. Das Objekt gehörte seinerzeit noch dem Kulturbund Berlin.

Im Zusammenhang mit der Teilsanierung durch die Stadt Nordhausen in den Jahren 1995/96 erneuerte man die Elektrik. Die im Kellerbereich blieb allerdings außen vor. Auch Malerarbeiten erfolgten. Bis in die Kellerräume kamen die Männer leider nicht. Aber der Hausflur erhielt rutschfeste Fliesen. Das Galeriesystem für Ausstellungen in die Räume 1 bis 4 eingebaut.

Auch Nutzer beteiligten sich an Werterhaltungs- und Verschönerungsarbeiten. So modernisierte der Aquarienverein die Toiletten, die Botaniker pflegten den Garten. Der Geschichtsverein hielt die Umzäunung in Schuss, entrostete sie und verlieh ihr einen Farbanstrich.

Das Vereinshaus macht einen soliden massiven Eindruck. Mit 300 Euro bezuschusst es die Stadt monatlich. Neben Farbauffrischungen im Kellerbereich müsste dort auch die Elektronik überholt werden. Eine frische Hausfassade stünde neben diversen anderen Arbeiten dem Objekt ebenfalls gut zu Gesicht. Keine unlösbaren Aufgaben. Aber das liebe Geld. Woher es nehmen? Ohne Moos nichts los.

Dennoch flackert ein Licht am Ende des Tunnels: Pro Raum und Sitzung bezahlen die Nutzer derzeit 7,50 Euro. Der geringe Betrag könnte erhöht werden. Bei über 30 Vereinen und IG ergebe das ein erkleckliches Sümmchen.

Zur Debatte steht auch der Vorschlag, das Areal zu splitten – den geräumigen Hofbereich für eine eventuelle Bebauung abzutrennen und die Einnahmen für Investitionen am und im Haus zu nutzen. Ob da die Stadt mitmacht? Sie möchte doch Schulden abbauen. Jeden Euro benötigt sie für die eigene Kasse.

Zudem ist von einer Betreibergemeinschaft die Rede. Mit Einverständnis der Kommunalaufsicht, besagt ein weiterer Vorschlag, könnte man das Objekt eventuell auch unter Wert verkaufen.

„Ich werde das Haus nicht zuschließen, bevor eine Lösung gefunden ist.“ Das waren in der November-Debatte die letzten Worte von Dezernentin Haase. Sie und Kämmerin Spieß wissen um die Vorschläge und Gedanken. Man wolle sie prüfen.

Eingeladen sind für kommenden Donnerstag auch Funktionsträger der Parteien. Das Vereinshaus in der Wilhelm-Nebelung-Straße 39 hat Tradition, hat Geschichte. Es darf nicht sterben. Da sind sich alle Seiten einig. Auch Oberbürgermeister Klaus Zeh. Erst jüngst betonte er in der Neujahrsbotschaft, wie wichtig Vereinsarbeit sei.

Hoffnungen setzen Jost Rünger und der Kulturbund auch auf Jutta Krauth, die neue Bürgermeisterin der Kreisstadt. Finanzkompetent sei sie. Sagt man. Ob sie einen Weg aus der verfahrenen Situation weisen kann? Sicher ist derzeit nur dies: Der Debatten vom November des Vorjahres werden weitere folgen. Man darf auf das Ergebnis gespannt sein.
Kurt Frank
Autor: red

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