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Do, 12:47 Uhr
05.02.2009

Von Fledermäusen und Menschen

In dieser Woche haben die Unteren Naturschutzbehörden der Landkreise Kyffhäuser und Nordhausen die Winterquartiere der Fledermäuse im Harzfelder Holz besucht. Was die Mitarbeiter der beiden Behörden dort erlebten, das haben wir erfahren...

Mäuse und Menschen (Foto: Piper) Mäuse und Menschen (Foto: Piper)

Der Schnee knirscht unter den schweren Stiefeln. Sonst ist nichts zu hören. Die Luft ist klar und kalt. Nur ein paar dünne Wolkenstreifen durchkreuzen den blauen Himmel. Die Wintersonne steht tief, scheint durch die hohen Bäume hindurch. Hier und da raschelt unter der Schneedecke das verwelkte Laub. Meist verbirgt sich jedoch eine dicke glatte Eisschicht darunter. Der Hang hinauf zum ersten Eingang ist relativ steil.

„Ich habe der Bergwacht Bescheid gesagt, dass wir heute unterwegs sind.“ „Alles klar.“ Eine wichtige Vorsichtsmaßnahme. Wolfgang Sauerbier, Leiter der unteren Naturschutzbehörde im Kyffhäuserkreis nickt seinem Amtskollegen Ralf Harms aus dem Landkreis Nordhausen zu. Der amtliche Naturschützer hat sich den Blaumann übergezogen – seine bewährte Tracht, wenn er „unter Tage“ geht.

Mäuse und Menschen (Foto: Piper) Mäuse und Menschen (Foto: Piper) Der Eingang zu dem alten Stollen ist eng, das silberne Stahlgitter ist schon geöffnet. Wolfgang Sauerbier (Foto) setzt sich auf den Waldboden, hält sich an der Gitteraufhängung fest und schwingt sich durch die Öffnung. Schnell schaltet er seine Grubenleuchte an und beginnt, in die zahllosen Spalten und Öffnungen des Gipskarsts zu leuchten. Higgins, der Hund seines Freundes Lothar Hörning, fiept, läuft aufgeregt auf den aufgeschütteten Steinen herum und schnuppert in jeder Ecke.

An das, was Wolfgang Sauerbier und Lothar Hörning suchen, kommt Higgins jedoch nicht heran: Fledermäuse. Die überwintern in den über 40 alten Stollen im Harzfelder Holz zwischen Harzungen und Buchholz. „Die Stollen haben Bauern vor gut 300 Jahren bis zur Jahrhundertwende in den Berg getrieben, um Alabaster abzubauen. Das war für sie ein Zuverdienst im Winter“, erzählt Ralf Harms. Als Leiter der Unteren Naturschutzbehörde im Landkreis ist er seit der Auflösung der Staatlichen Umweltämter auch für den kontrollierten Artenschutz zuständig.

Dazu gehört auch, regelmäßig in den üblichen Winterquartiere der heimischen Fledermäuse nachzuschauen. Die gefundenen Tiere werden bis an die EU weitergemeldet. „Diese jährliche Bestandsaufnahme ist wichtig – auch für den Erhalt der Höhlen“, sagt Ralf Harms. „Das Harzfelder Holz ist eines der wichtigsten und wertvollsten Rückzugsgebiete für die Fledermäuse. Von den rund 15 Arten im Landkreis kommen dreizehn im Harzfelder Holz vor.“

„Hast du etwas gefunden?“ Wolfgang Sauerbier klettert wieder ins Freie. „Ja, einen Fraßplatz mit Resten von Insekten. Wahrscheinlich vom Sommer“, antwortet Lothar Hörning, der sich seit Jahren ehrenamtlich als Fledermausschützer engagiert. Die beiden gehen mit ihren Kollegen Martin Taeger und Matthias Piontek von der Nordhäuser Naturschutzbehörde zur nächsten Höhle. Nummer 3. Rund zwei Drittel der alten Stollen sind begehbar. Sie unterscheiden sich in ihrer Größe, einige gehen bis 40 Meter in den Berg hinein, andere nur fünf Meter. Ein Helm ist Pflicht, denn oft sind die unebenen Gänge sehr niedrig.

Seit etwa neun Jahren kommt Wolfgang Sauerbier aus dem benachbarten Kyffhäuserkreis, um die Fledermausquartiere im Harzfelder Holz zu begutachten. In der Thüringer Koordinierungsstelle für Fledermäuse ist er zuständig für die nördlichen Landkreise. „Ich war schon in rund 30 Höhlen in diesem Winter“, sagt Wolfgang Sauerbier, der immer eine Reservetaschenlampe dabei hat. Mitten in einer Höhle kann es ohne Licht gefährlich werden. „Hier der Flicken stammt von einem meiner letzten Höhlenbesuche“, zeigt Wolfgang Sauerbier auf seinen Blaumann. Beim rücklings Vorwärtsschieben hatte sich die Brusttasche an einem Stein verfangen.

Piontek (Foto: Piper) Piontek (Foto: Piper) Die meisten Quartiere der Fledermäuse lassen sich eben nicht bequem durchqueren, durch viele Durchgänge geht es nur flach auf dem Bauch oder Rücken. „Es ist wichtig, auch auf dem Rückweg noch einmal die Spalten und Löcher abzuleuchten. Denn oft sind es nur die Schatten, weshalb man ein Tier nicht entdeckt.“ Der Kenner scheint zu erahnen, welche der unzähligen Spalten und Felsöffnungen er genauer beobachten muss. Seit Mitte der 60er Jahre engagiert sich Wolfgang Sauerbier für die Fledermäuse, hat die Interessengemeinschaft Fledermausforschung in Thüringen gegründet und bereits zahlreiche Publikation zum Fledermausvorkommen in der Region veröffentlicht. „Im vergangenen Jahr haben wir eine Stiftung gegründet, die sich bundesweit für den Schutz der Fledermäuse einsetzt.“

Da! Seine Grubenleuchte verharrt auf einer Stelle an der Decke. „Eine Mausohrfledermaus“, erkennt Wolfgang Sauerbier auf den ersten Blick. „Die hängt hier schon eine Weile.“ Die kleine starre Fledermaus ist übersäht mit Kondenstropfen. Wenn Fledermäuse im Winterschlaf in die so genannte Lethargie fallen, schlägt ihr Herz nur drei- bis viermal in der Minute und die Körpertemperatur senkt sich auf zwei, drei Grad ab. Die Fettreserven für diese Zeit fressen sich die Säugetiere im Nacken an. Fledermäuse schlafen meist nicht durch, wechseln auch mal den Platz in der Höhle, wenn sich die Temperaturen außen und innen ändern. Werden sie allerdings zu oft wach, fehlt ihnen buchstäblich die Kraft zum Aufwachen im Frühjahr.

Auch Wolfgang Sauerbier und seine Kollegen wollen die Fledermaus nicht stören und betrachten sie deshalb nur kurz im Schein der Taschenlampen. Ein erster Erfolg für die Fledermausschützer, der kurz darauf übertroffen wird – in zwei großen, miteinander verbundenen Stollen. Obwohl Wolfgang Sauerbier hier zunächst wenig Hoffnung hat, etwas zu finden. „Hier ist es ziemlich feucht. Das meiden die meisten Fledermausarten.“ Aber weiter hinten verändert sich das Klima. Langsam bewegen sich die Naturschützer vorwärts. Im hellen Lichtkegel der Grubenleuchte bewegt sich etwas. „Ein Fuchs!“ Von der anderen Seite kommt Higgins schwanzwedelnd angelaufen und klettert den Steinhang hinauf, wo sich der Fuchs hinter einem Felsen versteckt hat – erschrocken über die unerwarteten Besucher seines Verstecks. „Higgins, komm her“, ruft Lothar Hörning hinter ihm her, der den Stollen vom zweiten Eingang aus erkundet hat und nun zu Wolfgang Sauerbier und Matthias Piontek stößt.

„Jetzt muss ich mir das ja schon langsam aufschreiben. Sonst vergesse ich noch etwas“, sagt Wolfgang Sauerbier, als er wieder vor dem Stolleneingang steht. Er zieht einen kleinen Notizblock aus der Tasche und notiert: „Also vorhin in Höhle 3 eine Mausohrfledermaus. Und jetzt hier eine Bart-, Fransen- und Mopsfledermaus“, schreibt er die vier Arten auf, die sie heute bereits entdeckt haben. „Ein erfolgreicher Tag.“
Autor: nnz/kn

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