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Di, 05:00 Uhr
25.09.2018
Weiterbildung für Arme und Geringqualifizierte

Thüringen bietet gute Chancen

Lebenslanges Lernen ist der Schlüssel zu anhaltender Chancengerechtigkeit. Ob Menschen sich weiterbilden oder nicht, hängt jedoch auch vom Wohnort ab. In Thüringen bilden sich überdurchschnittlich viele Menschen weiter. Das gilt auch für Arme und Geringqualifizierte: Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern haben sie in Thüringen vergleichsweise gute Weiterbildungschancen...

Grafik (Ausschnitt) (Foto: Bertelsmann Stiftung) Grafik (Ausschnitt) (Foto: Bertelsmann Stiftung)
In Thüringen nahm 2015 jeder achte Bürger (12,4 Prozent) über 25 Jahren mindestens einmal jährlich an einer allgemeinen oder beruflichen Weiterbildung teil. Das ist etwas weniger als in den Vorjahren (2012: 12,8 Prozent), liegt aber dennoch über dem Bundesdurchschnitt von 12,2 Prozent.

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Unter den östlichen Bundesländern verzeichnet nur noch Sachsen eine höhere Quote (13,1 Prozent). Thüringen gehört damit zu den insgesamt sieben Bundesländern mit einer überdurchschnittlichen Weiterbildungsbeteiligung. Zu diesen Ergebnissen kommt der Deutsche Weiterbildungsatlas 2018 , für den das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung Daten des Mikrozensus im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ausgewertet hat.

Doch nicht nur zwischen den verschiedenen Bundesländern variiert der Anteil der Menschen, die sich regelmäßig fortbilden, auch innerhalb der Bundesländer sind die Unterschiede teilweise gravierend, so auch in Thüringen: Während sich in Erfurt und dem Weimarer Land fast 18 Prozent der Einwohner fortbilden, sind es in Nordhausen, Unstrut-Hainich-Kreis und in Sonneberg weniger als neun Prozent. Im Vergleich zur letzten Erhebung fällt jedoch auf, dass einige Kommunen mit damals geringer Weiterbildungsbeteiligung heute merklich bessere Werte aufweisen, so etwa der Kreis Eichsfeld oder der Ilm-Kreis.

Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, folgert daraus: „Gerade dort, wo bisher wenige Menschen von Weiterbildung profitieren, können auch kurzfristig Fortschritte erzielt werden. Dazu ist eine Zusammenarbeit der kommunalen Akteure aus Wirtschaft, Politik und Arbeitsverwaltung unumgänglich, beispielsweise mit Blick auf mehr Weiterbildungsangebote, individuelle Beratung und bes-sere Verkehrsanbindungen.“

Potenziale voll ausgeschöpft

Etwa ein Drittel der Unterschiede bei den Weiterbildungsquoten lässt sich durch die regionale Sozial- und Wirtschaftsstruktur erklären. So führen zum Beispiel ein hoher Bildungsgrad der Bevölkerung und eine gute wirtschaftliche Lage dazu, dass sich mehr Menschen weiterbilden. Zwei Drittel der Unterschiede werden jedoch durch andere Aspekte wie beispielsweise den Umfang des Weiterbildungsangebotes beeinflusst und sind somit zum Teil steuerbar. Wie gut Kreise und kreisfreie Städte ihre strukturellen Voraussetzungen für Weiterbildung nutzen, erfasst die Potenzialausschöpfung. Hier zeigt sich, dass Thüringen mehr als neun Prozent über der erwarteten Weiterbildungsbeteiligung liegt, allerdings nicht einheitlich für alle Kommunen.

So übertrifft Hildburghausen die Erwartungen um 33,5 Prozent, ähnlich Suhl, Weimar und das Weimarer Land (jeweils um ca. 24 Prozent). Nordhausen sowie der Unstrut-Hainich-Kreis bleiben hingegen mehr als 25 Prozent hinter ihren Potenzialen zurück. „Wenn man in Rechnung stellt, was mit der jeweiligen Bevölkerung und Wirtschaftskraft möglich wäre, zeigt sich der ungenutzte Handlungsspielraum“, kommentiert Prof. Dr. Josef Schrader, Wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung die Ergebnisse der Potenzialanalyse.

Gleichsam hält Prof. Schrader es für unverzichtbar, genauer zu erforschen, was auf kommunaler Ebene zu einer hohen und was zu einer niedrigen Weiterbildungsbeteiligung führt. „Vor Ort kann am besten entschieden werden, welche kommunal- und landespolitischen Maßnahmen positiv auf die Weiterbildungsbeteiligung wirken.“

Soziale Spaltung in der Weiterbildung

Es zeigt sich zudem für das gesamte Bundesgebiet, dass nicht alle gesellschaftlichen Gruppen gleichermaßen von vorhandenen Weiterbildungsangeboten profitieren. Geringqualifizierte und Arme bilden sich mit 6,8 bzw. 9,5 Prozent auch in Thüringen deutlich weniger fort als die rest-liche Bevölkerung. Das Bundesland übertrifft jedoch die bundesweiten Durchschnittswerte für diese Teilgruppen – besonders bei den Armen. Hier zählt Thüringen zu den stärksten drei Bundesländern. Trotzdem klafft in allen Fällen noch eine große Lücke zur Durchschnittsbevölkerung.

Jörg Dräger fordert, diese soziale Unwucht im Weiterbildungssystem zu begradigen. „Damit Ärmere und Geringqualifizierte häufiger an Weiterbildungen teilnehmen, müssen sie besser beraten und finanziell gefördert werden. Es ist fahrlässig, dass ausgerechnet Arme und Geringqualifizierte unter den Sparmaßnahmen der vergangenen 20 Jahre besonders leiden.“ Thüringen sei hier schon auf einem guten Weg.

Methodische Hinweise: Bundes- und Landesergebnisse basieren auf Daten des Mikrozensus 2015. Die kommunalen Ergeb-nisse werden als Mittelwerte der Daten aus den Jahren 2014 und 2015 angegeben. Im Mikrozensus lautet die Frage nach der Weiterbildungsteilnahme: „Haben Sie in den letzten 12 Monaten an einer (oder mehreren) allgemeinen oder beruflichen Weiterbildung/-en teilgenommen?“ Berufliche Weiterbildungen sind Umschulungen, Lehrgänge oder Kurse für einen beruflichen Aufstieg, für neue berufliche Aufgaben, Fortbildungen (z. B. Computer, Management, Rhetorik).

Allgemeine Weiterbildungen haben meist einen privaten Zweck und dienen dem Erwerb oder der Erweiterung eigener Fähigkeiten und Kenntnisse (z. B. Musik, Sport, Erziehung, Gesundheit, Kunst, Politik, Technik, Kochen). Im Sinne der Lesbarkeit sprechen wir bei von „Armut bedrohten Menschen“ hier auch von „Armen“. Alle Daten und Fakten finden Sie unter www.kreise.deutscher-weiterbildungsatlas.de
Autor: red

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