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Di, 13:00 Uhr
07.08.2018
Angemerkt

Wer wird denn den Auftrag bekommen?

Kennen Sie die drei Großvorhaben in Nordhausen, über die bereits seit vielen Jahren fabuliert, diskutiert und debattiert wird? Ja, dann könnte es nach einem Klick "lesen" durchaus interessant werden...

Das Nordhäuser Theater soll saniert und erweitert werden. Den Steuerzahler wird es um die 30 Millionen Euro kosten. (Foto: nnz) Das Nordhäuser Theater soll saniert und erweitert werden. Den Steuerzahler wird es um die 30 Millionen Euro kosten. (Foto: nnz) Ist gesetzt - die Sanierung des Nordhäuser Theaters könnte rund 30 Millionen Euro kosten

Wir wollen die Großen Drei trotzdem noch einmal aufzählen: Feuerwache, Albert-Kuntz-Sportpark (AKS) und Theater.

Beim Aufzählen erschöpft sich eigentlich schon alles, denn substantielle Fortschritte oder Bewegungen haben die Nordhäuser, die nicht unbedingt im Stadtrat dabei sein wollen und in den Sitzungen der Ausschüsse nicht dabei sei dürfen, nicht vernommen.

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Feuerwache: Nach Jahren des Wettbewerbes, der vermutlich keiner mehr ist, nach mehr als einer Dreiviertel Million Euro Ausgaben, tut sich nichts. Die Fläche an der Zorgstraße mutiert zum Biotop.

AKS: Bis zur Ankündigung des Landrates, die Sanierung durch die Service Gesellschaft zu realisieren, gab es auch da keine Bewegung. Das Kuriose dabei: Seit dem Sommer des vergangenen Jahres gibt es die ministerielle Zusicherung, dass mehr als sechs Millionen Euro an Fördergeldern zur Verfügung stehen.

Theater: Ja, da gibt es Fortschritte, denn - so soll es intere Rathausansagen geben - diese Maßnahme ist gesetzt. Koste es, was es wolle. Da kann jetzt vielleicht noch einmal hin und her gerechnet werden. Nach Abschluss der komplexen Arbeiten werden rund 40 Millionen Euro unter Strich stehen. Offiziell wird im Rathaus von exakt 24,2 Millionen Euro ausgegangen, so jedenfalls steht es in der öffentlich zugänglichen Ausschreibung für "Dienstleistungen von Architektur- und Ingenieurbüros sowie planungsbezogene Leistungen vom 22. Juni 2018..."

Öffentliche Ausschreibungen und die damit verbundene Ausgabe von Geld, in diesem Fall viel Geld, ist natürlich auch eine Form der Wirtschaftsförderung. Und von der soll vor allem die regionale Wirtschaft profitieren. Dazu hatte sich sogar der Stadtrat mehrfach bekannt. Doch der ließ über seine Mitglieder im Aufsichtsrat der SWG sogar zu, dass der funktionale Bau einer Feuerwache so ausgeschrieben wurde, dass letztlich ein Büro aus Stuttgart für würdig befunden wurde, diese Wache zu planen.

Da die SWG bekannterweise eine 100prozentige Tochter der Stadt Nordhausen ist, nimmt man sich an der damaligen Feuerwachen-Ausschreibung ein Vorbild bei der Theater-Ausschreibung. Und begibt sich auf die Bretter der nationalen Architektur. Nicht, dass es in Nordhausen und Umgebung keine solchen Büros mit gelernten und studierten Architekten gibt, aber die haben - ich unterstelle das mal - in den "letzten sieben Jahren" kein Theater, kein Schauspielhaus, kein Kino oder keine Konzerthalle geplant. Denn genau das ist in den Ausschreibungsunterlagen unter Punkt "D. Angaben zur technischen/beruflichen Leistungsfähigkeit" gefordert. Zitat: "Früher ausgeführte vergleichbare Leistungen in den letzten 7 Jahren: Leistungen sind qualitativ erst dann vergleichbar (einschlägig), wenn Planungsleistungen für öffentlich genutzte Veranstaltungsstätten (Theater, Schauspielhäuser, Kinos, Konzertsäle, Stadt/Kongresshallen oder vergleichbares erbracht worden sind." Und dabei darf es sich nicht um kleine Reparaturen handeln, sondern um Projekte mit "Bruttogesamtkosten von mindestens 10 Millionen Euro".

Und so wird dieser Auftrag vermutlich wieder überall hin vergeben werden, nur nicht nach Nordthüringen. Ich tippe mal auf München, denn von dort wurde ja schon mal eine entsprechende Expertise eingeholt. Wir werden sehen.

Vor dem Sehen und dem Schreiben fragten wir im Nordhäuser Rathaus an: "1. Wann endet die Ausschreibung, wie viele Bewerber gibt es?
2. Warum wurden im Bewerbungsformuar unter Punkt D die Kriterien so festgelegt, dass sich kaum ein regionales Büro an dem Verfahren beteiligen kann?"

Daraufhin antwortete die Pressestelle des Rathauses: "Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus den in § 97 GWB normierten Vergaberechtsgrundsätzen an weder aktiv noch passiv legitimierte Beteiligte des Vergabeverfahrens keine Auskunft geben dürfen. Die Stadt Nordhausen hat sehr intensiv alle vergaberechtlichen Belange abgewogen und entsprechend dokumentiert. Gerade letztere ist jedoch Teil der Nicht-öffentlichen Verwaltungsdokumentation, welche ausschließlich dem gesetzlich legitimierten Personenkreis sowie den Nachprüfungsbehörden zugänglich gemacht werden darf."

Dafür hatte die Redaktion ein gewisses Maß an Verständnis, zumindest was die Beantwortung der ersten Frage betrifft. Aber zum zweiten Teil ist im Paragraph 97 nicht viel zu finden. Eher der Verweis auf Teillose oder auf Berücksichtigung mittelständischer Interessen.

Wir haben auch die Fraktionen des Nordhäuser Stadtrates angefragt. Geantwortet hatte bis zum heutigen Mittag lediglich die CDU-Fraktion: Das von Ihnen geschilderte Problem, ist weniger eine Nordhäuser Besonderheit sondern vielmehr eine deutschlandweite Praxis, die im Ergebnis den kleinen und mittelständigen Büros keine Chance gibt, sich auf dem Markt an solchen Projekten zu verdienen und einen Namen zu machen. Von seitens der Stadt will man mit dieser beschränkten Ausschreibung vermutlich nur Architekturbüros gewinnen, die bei der Planung so nah wie möglich an der Realität planen und durch Erfahrungswerte eine hohe Planungssicherheit bieten in Vergleich zu kleineren Büros, die solche großen umfassende Planungen noch nicht vorzeigen können. Auf der anderen Seite wird ein kleines Büro, welches nie die Gelegenheit bekommt etwas großes zu planen, nie die Referenzen vorzeigen können. Jedoch ist es ja auch nicht unbekannt, dass sich kleinere Büros bei bestimmten größeren Aufträgen Hilfe von großen Architektur-Büros einkaufen.

Mit der bisher deutschlandweit genutzten Praxis werden immer wieder dieselben wenigen großen Architekturbüros bedient. Aus meiner persönlichen Sicht ist das nicht korrekt und verstößt gegen die Gleichbehandlung von Architekturbüros. Eventuell wären die Planungskosten auch deutlich geringer als bei großen etablierten Büros. Von seitens der Stadt kann ich wiederum die Verfahrensweise verstehen, jemanden zu finden, der schon Erfahrungen vorweisen kann und somit eine planerische Sicherheit darstellt.

Im Grunde genommen muss eigentlich jeder Architekt mit seinem Abschluss die Ausschreibungskriterien erfüllen können, lediglich die Erfahrungswerte fehlen. In der vorliegenden Ausschreibung wurden die Kriterien seitens der Verwaltung festgelegt. In der kommenden Fraktionssitzung werden wir dieses Thema besprechen, auch in wieweit es mögliche ist, den politischen Willen einfließen zu lassen, oder dem Verwaltungshandeln Vorrang zu geben.


Kritik gibt es von Seiten des Nordthüringer Unternehmerverbandes: Niels Neu, der Vorsitzendes des NUV schreibt: Ich finde es ärgerlich und auch unklug, den Wettbewerb so zu gestalten, dass ortsansässigen Architekturbüros von vorherein eine Teilnahme verwehrt wird. Das ist eine völlig unnötige Einschränkung des Teilnehmerkreises. Selbstverständlich muss sichergestellt sein, dass Aufträge nur an solche Freiberufler vergeben werden, deren Fachkunde und Leistungsfähigkeit gewährleistet ist und die über ausreichende Erfahrungen verfügen.

Ein Blick auf die Web-Seiten unserer hiesigen Architekten zeigt indes, dass diese sehr wohl in der Lage sind, anspruchsvolle Projekte zu planen und zu begleiten. Sie verfügen außerdem über regionale Verbundenheit und Ortskenntnisse, haben ein Gespür für die Region, ihre Menschen, ihre Erwartungen und Wünsche. Ich plädiere deshalb dafür, etwas mehr Vertrauen in die Stärken und die Fähigkeiten unserer Region zu setzen und ortsansässigen Architekten zumindest die Chance einzuräumen, sich an der Gestaltung ihrer Heimatregion auch bei Großprojekten, die das Ortsbild über die regionalen Grenzen hinaus prägen, zu beteiligen.

Diese können zudem aufgrund ihrer regionalen Kenntnisse und Erfahrungen sicherstellen, dass bei der Planung und bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses solche Anforderungen definiert werden, die auch unsere regionalen Unternehmen erfüllen können. Gerade bei solchen Projekten, die auch nach ihrer Errichtung auf kommunale Finanzierung angewiesen sind, sollten wir auch nicht außer Acht lassen, dass es die hiesigen Unternehmen sind, hier zumindest auch die als Kapitalgesellschaften agierenden Architekturbüros, die dies durch die Zahlung von Gewerbesteuern mit ermöglichen.

Letztlich hat sich überdies am Beispiel der Elbphilharmonie in Hamburg gezeigt, dass selbst die namhaftesten Architekturbüros keine Gewähr gegen Kostenexplosionen bei der Bauausführung bieten. Dort stritten Architekturbüro, Planer und Bauunternehmen über jede Bauverzögerung und vor allem über Kostensteigerungen. Am Ende musste die Stadt Hamburg zahlen.


Was nach der Ausschreibung, deren Geheimhaltungskodex irgendwann einmal aufgehoben sein wird, bekannt gegeben wird, könnte vielleicht wenig überraschend sein. Denn irgendwie könnte der Gewinner in Nordhausen bereits kleine Spuren hinterlassen haben. Darauf würde ich zehn Euro wetten. Sollte es kein Büro aus München sein, dann überweist die Redaktion der nnz die zehn Euro an den Förderverein des Nordhäuser Theaters.
Peter-Stefan Greiner
Autor: red

Kommentare
Umdenker39
07.08.2018, 14.00 Uhr
Erfahrungen
Das Architekturbüro sollte durchaus einschlägige Erfahrungen haben. Das Argument mit dem Abschluss und der deshalb vorhandenen Qualifikation stimmt hier wenig.
Auch ein Internist und ein Neurochirurg haben den selben Studienabschluss. Aber von ersterem wollen sich die Kritiker der Ausschreibung sicher keinen Hirntumor entfernen lassen.
Herr Schröder
07.08.2018, 14.48 Uhr
Sehe ich auch so
Bei komplexeren Bauvorhaben sollte man auch mal über den Tellerrand hinaus schauen. Sicher bewerben hiesige Architekten auch um Projekte außerhalb des Landkreises.
andreas66
07.08.2018, 14.53 Uhr
Dann schon mal jetzt...
Gute Nacht Nordhausen. In den wichtigen Abteilungen der Stadtverwaltung fehlen Fachkräfte mit Verstand, Wissen und Erfahrung. Jetzt noch ein überteuertes Bauvorhaben, von der Stadt in Auftrag gegeben und vom Bürger bezahlt. Da werden die Lichter in der Stadt bald ausgeknippst. Traurig, traurig, traurig.
jan-m
07.08.2018, 15.17 Uhr
Was so raus kommt ...
Wie cool und hipp die "externen" alle sind, sieht man ja beim neuen SWG-Logo und der zugehörigen Webseite – leider ein Totalausfall.
Zukunft
07.08.2018, 15.31 Uhr
Verwundert
Was mich fassungslos macht? Dass die regionalen Büros von vornherein ausgeschlossen werden. Warum diese Restriktionen? Die hiesigen Architekten hätten doch zumindest die Chance der Teilnahme verdient, schließlich geht es hier nicht um einen Neubau, sondern um Sanierung und Erweiterung. Und alles soll über mehrere Jahre andauern. Ach ja, die tollen Entwürfe für die Feuerwehr waren ja auch nicht so tauglich für die Nordhäuser Realität, oder?
Kilian Baltres
07.08.2018, 16.02 Uhr
40 Theatermillion für Nordhausen????
Bis vor kurzen hieß es immer noch, daß die Stadt Geld beim Land beantragen muss, weil sie bedürftig ist. Jetzt will man ein Theater für mehr als 40 Million Euro bauen. Wer soll das verstehen bitteschön???? Nach Wikipedia hat die Landesgartensgartenschau mit allen Bauarbeiten genau soviel gekostet????? Das kann man nicht mehr nach vollziehen. Ist das so gewollt??? K. Baltres
H.Freidenker
07.08.2018, 16.32 Uhr
mein Vorschlag ist ein vernünftiger Mix,
auf der einen Seite müssen die Archetiktenleistungen durch Referenzen an ähnlichen Objekten nachgewiesen sein.
Auf der anderen Seite sind die bauausführenden Unternehmen in Nordthüringen einzubeziehen, die mit der nötigen Fachkompetenz ausgestattet sind.
Vorsicht ist eher bei der Fachkompedenz der Verantwortlich im Nordhäuser Rathaus geboten.

Der vor einigen Jahren erfolgte Umbau der Nordhäuser Kreissparkasse, lief genau so, wie oben beschrieben ab, und er war sehr erfolgreich.
Aber vielleicht lief das so erfolgreich, weil hier kein Politiker Entscheidungsträger war!
Andreas Dittmar
07.08.2018, 19.53 Uhr
Es geht auch anders.....
1500 Einwohner, 36 Mio Euro Baukosten und schon lockt dieses gigantische Festspielhaus.
http://tiroler-festspiele.t3.world-direct.at/menu/sommer/presse/medien-center/bildergalerien/das-festspielhaus-im-sommer/
Es grenzt schon an Phantasie zu glauben, das es 40 Mio. Euro braucht, um das Theater Nordhausen zu sanieren. Es spielt leider auch nur Regionalliga. Warum sucht man sich keine Sponsoren oder Partner, welche über dem Stadtrat stehen, welche einfach mal knallhart sagen : " Ihr saniert das Teil zeitnah oder wir drehen euch den Hahn ab. " Wenn dem Stadtrat etwas fehlt ist es der Druck der real existierenden Marktwirtschaft.
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