eic kyf msh nnz uhz tv nt
Mo, 19:14 Uhr
05.03.2018
Schuldnerberatung im Landkreis Nordhausen

Von Verschuldung zu Überschuldung

Als Auslöser für den schnellen Übergang von Verschuldung zur Überschuldung können prekäre familiäre oder persönliche Situationen, die soziale Lage, Migrationshintergrund, aber auch Bank- und Inkassopraktiken identifiziert werden. Das ist ein Teil der Bilanz der Schuldnerberatung im Landkreis Nordhausen...


Überschuldete Personen verfügen grundsätzlich nicht über geringere Finanzkompetenz als der Durchschnitt der Bevölkerung. Aber aufgrund der Überforderungssituation können sie ihr Wissen nicht mehr rational abrufen.

Anzeige symplr
Bundesweit sind nach der Erfassung der Überschuldungsquote durch die Wirtschaftsauskunftei Creditreform 10,04 % aller Bürger über 18 Jahre überschuldet. Das trifft ähnlich auf den Landkreis Nordhausen mit einer Quote von 10,19 % zu. Also ist jeder zehnte volljährige Bürger überschuldet.

Die Schuldnerberatungsstelle der Arbeiterwohlfahrt spürt nichts von der guten wirtschaftlichen Situation. Im Gegenteil- im vergangenen Jahr wurden 508 Einzelfälle von den Beraterinnen bearbeitet. Im Vorjahr waren es 462. Diese Tendenz, dass die Nachfrage in der Beratungsstelle höher ist als die Zahl derer, die tatsächlich aufgenommen werden können, hat sich auch in den ersten Monaten 2018 fortgesetzt.

Die meisten Fälle (2017 322 Fälle, 2016 283 Fälle) wurden für die Stadt Nordhausen mit den dazugehörigen Gemeinden registriert. Die Beraterinnen führten insgesamt 1.987 Einzelgespräche. Selten reichte eine Kurzberatung aus, um die umfangreichen finanziellen Probleme zu lösen. Meist schloss sich ein langfristiger Beratungsprozess, manchmal über mehrere Jahre an.

85 Ratsuchende wurden rund zwei Jahre betreut, 61 Fälle kamen mehr als drei Jahre zur Beratung. Bei 19 Fällen dauerte es über fünf Jahre, ehe die Probleme geklärt werden konnten oder ein Verbraucherinsolvenzverfahren beantragt wurde. Während dieser Zeit wurden die Klienten befähigt, mit dem vorhandenen Einkommen auszukommen und Vollstreckungsschutz zu nutzen, wie zum Beispiel ein Pfändungsschutzkonto einzurichten. Die einzelnen Forderungen wurden auf Vollständigkeit und Rechtmäßigkeit sowie Verjährungsfristen und gerichtliche Titulierung geprüft.

Erschwerend für den Beratungsprozess kam bei 54 Betroffenen dazu, dass psychische Erkrankungen oder in 36 Fällen Suchterkrankungen vorlagen.

Die Auslöser und Ursachen dafür, dass aus normaler Verschuldung eine Überschuldung wurde, sind vielfältig und haben oft nichts mit persönlicher Schuld zu tun. Sicher kommen auch unredliche Schuldner zur AWO, um möglichst schnell die alten Schulden loszuwerden, Betrugstatbestände zu verschleiern, neue Schulden machen zu können. Da die Unterlagen der Gläubiger akribisch geprüft werden, löst sich bei diesem Klientel schnell die Frage, ob überhaupt ein Insolvenzverfahren in Frage kommt und wie mühselig ein anderer Weg aus den Schulden ist.

Bei vielen Betroffenen aber haben die Schulden nichts mit persönlicher Schuld oder Versagen zu tun. Es sind einfach Lebensumstände, durch welche das finanzielle Gleichgewicht nicht mehr gewährleistet ist.

Hauptauslöser war bei 52,5 % vor allem Arbeitslosigkeit, häufig verbunden mit anderen Faktoren. Bei 33,4 % der Überschuldeten registrierte die Beratungsstelle Scheidung oder Trennung vom Partner die Ursache für die finanziellen Probleme.
20,7 % aller bearbeiteten Fälle waren länger krank oder hatten Unfälle, mussten Erwerbsminderungsrenten beantragen. Dann reichte das Einkommen trotz sogfältiger Planung in den Jahren zuvor einfach nicht mehr aus, um alle laufenden Ausgaben und die eingegangenen Ratenverpflichtungen zu decken.
Wer kann schon von sich sagen, dass ihn im Leben solche Ereignisse nicht treffen können.

Den Beraterinnen ist es wichtig, dass in der Öffentlichkeit den Problemen überschuldeter Menschen nicht nur abfällig begegnet wird, sondern Jeder die Chance für einen Neuanfang hat. Je früher ein Beratungsangebot greift, desto wahrscheinlicher wird eine außergerichtliche Einigung, die sowohl den Interessen von Überschuldeten als auch von Gläubigern dient.

Eine aktuelle Studie von 2017, die gefördert wurde durch das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, sagt aus, dass innerhalb von 5 Jahren für jeden in die Soziale Schuldnerberatung investierten Euro zwei Euro an die öffentliche Hand zurückfließen.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist für viele Betroffene eine Chance, die Restschuldbefreiung zu bekommen. 2017 haben 51 frühere Klienten, die von den AWO-Mitarbeitern beraten wurden, vom Insolvenzgericht den Beschluss über die Restschuldbefreiung erhalten.

Acht Klienten benötigten kein Insolvenzverfahren und bekamen durch außergerichtliche Einigung die Chance für einen neuen Anfang.
Autor: red

Kommentare

Bisher gibt es keine Kommentare.

Kommentare sind zu diesem Artikel nicht möglich.
Es gibt kein Recht auf Veröffentlichung.
Beachten Sie, dass die Redaktion unpassende, inhaltlose oder beleidigende Kommentare entfernen kann und wird.
Anzeige symplr
Anzeige symplr