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Di, 12:49 Uhr
16.01.2018
Neuanfang nach 30 Jahren Schuldienst

Individuelles Lerntraining statt Einheitsunterricht

Die Pädagogin Katrin Eisfeld aus Niedersachswerfen entschied sich nach 30 Jahren im Schuldienst für einen Neuanfang als Freiberuflerin. Ein Bericht über Motivation und erste Erfahrungen...

Katrin Eisfeld (Foto: Luisa Schumann) Katrin Eisfeld (Foto: Luisa Schumann) Katrin Eisfeld hat spezielles Lernmaterial entwickelt: So erhält jeder Schüler eine persönliche Lernbox und ein Lerntagebuch, in dem alle Übungen und Fortschritte festgehalten werden. (Foto: Luisa Schumann)

Eine große Fensterfront, Schulmöbel aus Holz, natürliche Lernmaterialien und eine Schultafel: Katrin Eisfeld hat in ihren Räumen in Niedersachswerfen eine Lernwerkstatt eingerichtet. Nach mehr als drei Jahrzehnten im Schuldienst traute sich die erfahrene Pädagogin mit 50 Jahren noch einmal einen beruflichen Neustart zu. Seit November vergangenen Jahres bietet die Grundschullehrerin, Lerntherapeutin und Sonderpädagogin für Kinder im Grundschulalter spezifisches Lerntraining und Lerntherapie an.

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„Die individuelle Lernentwicklung jedes Kindes liegt mir sehr am Herzen“, beschreibt Katrin Eisfeld ihre Motivation. Dass sie viele ihrer Schüler im klassischen Unterricht eben nicht ausreichend individuell fördern konnte, trieb sie früher um. „Klassischer Unterricht ist sehr uniform. Kinder bringen aber sehr unterschiedliche Voraussetzungen und Lerngeschwindigkeiten mit. Manches Kind braucht einfach eine längere Übungsphase, anderes Anschauungsmaterial oder spezifische Unterstützung beim Lernen“, beschreibt sie ihre Erfahrung. Im Schulunterreicht sei das aus vielen verschiedenen Gründen oft nicht möglich und für den kaum Lehrer leistbar, unter anderem ob zu großer Klassenstärke oder Lehrermangels.

Sie sattelte also noch einmal um: Ließ den Schuldienst hinter sich, meldete sich bei der Industrie- und Handelskammer in Nordhausen zum Existenzgründerseminar an und entschied sich, künftig als freiberufliche Pädagogin zu arbeiten. „Zielsicherlernen“ sollte fortan in ihrem Unterricht im Mittelpunkt stehen, wie sie ihre Lernwerkstatt offiziell nennt.

Das angebotene Lerntraining und die Lerntherapie sind ganz auf die Anforderungen der Schule ausgerichtet. Es handelt sich jedoch nicht um klassische Nachhilfe. „Im Vordergrund stehen das Erlernen und Festigen der Schlüsselkompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen“, beschreibt Katrin Eisfeld ihr Konzept. Ihre lange Berufserfahrung hilft ihr dabei, auf jedes Kind spezifisch eingehen zu können. Mit ihm bespricht sie das individuelle Lernziel, auf das sie gemeinsam hinarbeiten. Mit ihrer Hilfe finden Kinder wieder Anschluss im Unterricht und werden auch auf den Schulwechsel zum Ende der Grundschulzeit vorbereitet.

Die Pädagogin hat spezielles Lernmaterial entwickelt: So erhält jeder Schüler eine persönliche Lernbox und ein Lerntagebuch, in dem alle Übungen und Fortschritte festgehalten werden. „Die Eltern erhalten von mir Hinweise, wie sie ihre Kinder Zuhause beim Lernen unterstützen können“, berichtet Frau Eisfeld. Auch die Lehrer ihrer Schützlinge bezieht sie mit ein, indem sie Fördermaßnahmen vorschlägt. Bisher habe sie nur positive Resonanz von ihren Kollegen erfahren. „Ich sehe mich nicht als Konkurrenz, sondern als Unterstützung für die klassische Schule“, betont sie. Einmal wöchentlich lernen die Kinder nachmittags im Einzelunterricht in Frau Eisfelds Lernwerkstatt. „Wenn das Kind sein Lernziel erreicht hat, dann endet das Training. Es gibt keine Jahresverträge“, berichtet sie.

Besondere Lernangebote will die Lehrerin in den Thüringer Schulferien vorhalten: In den Winterferien bietet sie erstmals ab 5. Februar eine Ferienwerkstatt zum Thema Schreibschriftlernen an. An vier Tagen lernen die Teilnehmer zwischen 9 und 13 Uhr die formgetreue und lesbare Schulausgangsschrift, das Mittagessen ist inklusive. Wer sein Kind dazu anmelden möchte, kann dies telefonisch unter 036331/ 4 78 70 oder per E-Mail unter eisfeld@zielsicherlernen.de tun.
Autor: red

Kommentare
ivy
17.01.2018, 07.03 Uhr
Super Sache!
Ganz viel Erfolg den Kindern beim zielgenauen Lernen, und Frau Eisfeld viel Glück in der Selbstständigkeit!
So können wertvolle Bildungsgüter wie zB die Schreibschrift doch weitergegeben werden! Toll.
Mueller13
17.01.2018, 11.00 Uhr
Die eigentliche Information dahinter
Unser Staat ist nicht mehr in der Lage ALLEN eine gute Bildung zukommen zu lassen.
Jahrelang wurde im Bildungssektor gespart (eine Grundschulklasse mit 25 Kindern ist eben nicht wirklich beschulbar). Mit Integration und Inklusion hat man dem Schulwesen den Rest verpasst.
Lehrer sind mittlerweile 75% des Unterrichts damit beschäftigt eine Lernumgebung zu schaffen (Verhaltensauffällige zu disziplinieren) und können ihrem Lernauftrag nicht mehr nachkommen.

Der Pädagogin alles Gute. Unser Staat sorgt für viel Kundschaft, hoffentlich bleibt die zahlungsfähig.
Fönix
17.01.2018, 14.18 Uhr
@Müller13
Ihre Wahrnehmung und Ihre Schlussfolgerungen teile ich nahezu uneingeschränkt. Alles Folgen des unseligen Treibens der Kultusministerkonferenz. Alle, die dieses fehlgeleitete Bildungs"un"wesen seit der Jahrtausendwende absolvieren mussten sowie wohl auch die nachfolgenden Generationen bekommen im Ergebnis gravierende Wettbewerbsnachteile im globalen Umfeld aufgebürdet.
In einem Punkt muss ich widersprechen: Wir waren von der ersten bis zur achten Klasse immer über dreißig, in der Spitze 37 Schüler in einer Klasse. Über 90 % davon stehen erfolgreich im Leben. Bei denen, die es nicht geschafft haben, sind überwiegend individuelle Lebensumstände oder Fehlentwicklungen in der Gesellschaft, nicht aber die erworbene Schulbildung als Ursache in Betracht zu ziehen. Wir haben vor 1990 effektiv und erfolgreich gelernt, engagierten Lehrern und einem überwiegend nach fachlichen Kriterien gut organisierten Bildungswesen sei dank. Staatsbürgerkunde, Pionierwesen und FDJ waren durchaus Störfaktoren, aber die meisten Schüler, Lehrer und Professoren sind damit clever umgegangen. Die Staatsdoktrin war so nur selten wirklich prägend, aber durchaus oft Anlass für die eine oder andere amüsante Begebenheit.
Als Erkenntnis aus diesen Erfahrungen behaupte ich, dass Struktur und Organisation des Bildungswesens unabhängig von politischen Zielstellungen (die es auch heute gibt) einen viel größeren Einfluss auf die Lernerfolge haben als die Klassen- bzw. Seminargruppenstärke. In unserem aktuellen so verkorksten System haben auch die engagiertesten Schüler und Lehrer nur sehr begrenzte Möglichkeiten, ihre Talente zu entfalten. Über Gruppendynamik und ihre möglichen positiven Effekte für die breite Masse der Schüler wage ich da gar nicht erst zu philosophieren. Und da leben wir hier in der tiefsten Provinz noch vergleichsweise friedlich, sprecht mal mit Lehrern aus unseren Ballungszentren ...

Frau Eisfeld wünsche ich viel Erfolg und danke ihr für den Mut, unkonventionelle Wege zu beschreiten. Viele Kinder sind heute unbedingt auf solche Alternativen angewiesen. Ich hoffe, ihre Initiative wird nicht missbraucht, um der Inklusion eine völlig unangemessene Absolution zu erteilen.
Mueller13
17.01.2018, 15.52 Uhr
@ Fönix - gelebte Realität
Ich spreche aus dem Umfeld täglicher Berichte. Ja, man kann auch 25 Schüler in einer Klasse erfolgreich unterrichten. Aber nicht, wenn 4 davon die Landessprache gar nicht sprechen, 2 (vorsichtig formuliert) verhaltensauffällig sind, 3 aus einem prekären Umfeld kommen und 5 unter der Kategorie "extrem lernschwach" zu führen sind. Dann ist man als Lehrer nur noch bemüht, die einen irgendetwas ausmalen zu lassen, die anderen davon abhalten die Mitschüler zu verkloppen, den anderen irgendwo einen Stift zukommen zu lassen und den Rest in der verbleibenden Zeit irgendwie mit dem Lernstoff zu versorgen. Richtig krass wird es, wenn man dann noch einen zu 100% geistig Behinderten in der Klasse hat, der ab und an mal laut dazwischengrunzt und am eine der Stunde gelobt werden muss, weil er es geschafft hat, 45min auf einem (Liege)Stuhl zu sitzen (alles aus erster Hand von Lehrern).

PS1: Die Lösung für diejenigen die 200Euro im Monat für ihren Zögling übrig haben, ist auch klar? Entweder Frau Eisfeld im Nachmittagsunterricht oder gleich an die private Schule - dort trifft man nämlich nicht auf zu Integrierende oder zu Inkludierende. Vielleicht nicht im Sinne des Vorhabens, aber gelebte Realität.

PS2: Welche Gruppen die besten Betreuungsschlüssel in diesem Spiel haben, ist klar? Kleine Hilfe: es sind nicht diejenigen, die später mal unseren Staat am Laufen halten sollen...
Fönix
18.01.2018, 12.41 Uhr
@Mueller13 die Zweite ...
Die Ihnen aus erster Hand vermittelten Informationen zur aktuellen Situation an unseren Schulen (u.a. Stichwort Lernatmosphäre !!) sind zu den Aussagen meiner Quellen, die die Zustände in verschiedenen verbrauchten und neuen Bundesländern abbilden, weitestgehend deckungsgleich. Deshalb sehe ich unsere Aussagen auch nicht im Widerspruch, sondern im Gleichklang. Es gab Zeiten in diesem schönen Land, da war zwar vieles im Argen, aber das Bildungswesen hat nicht nur gut funktioniert, sondern hinsichtlich der Lernerfolge bei Grund- und Fachwissen sogar Vorbildcharakter. Heutzutage liegen zwar andere Dinge im Argen, aber das Bildungswesen gehört leider dazu.
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