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Do, 11:15 Uhr
28.12.2017
Leichtathletin Erika Fisch hielt Europa- und Weltrekorde

Großer Sprung aus Osterode nach Olympia

„Ein kleines Fischlein macht große Sprünge“, so lautete die Überschrift meines Berichts über eine mehrmalige Olympia-Teilnehmerin aus Osterode vor mehr als 60 Jahren. Die Leichtathletin Erika Fisch zählte in den fünfziger und sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zur Weltspitze. An ihre Erfolge erinnert Martin Roland...

Erika Fisch überreicht 1965 den Rudolf-Harbig-Gedächtnispreis an Manfred Kinder, im Jahr davor hatte sie ihn selbst erhalten. (Foto: DJV Bildportal) Erika Fisch überreicht 1965 den Rudolf-Harbig-Gedächtnispreis an Manfred Kinder, im Jahr davor hatte sie ihn selbst erhalten. (Foto: DJV Bildportal)
Es war eine unschuldige Zeit im Amateursport ohne Doping (Ost) und Rekordprämien (West). Heute lebt die 83jährige in einem Alten- und Pflegeheim in Hannover. Sie leidet an Parkinson. Die flinke Athletin von einst ist in ihrer Bewegung stark eingeschränkt und auf Gehhilfe und Rollator angewiesen. So vergeht der Ruhm der Welt, würden Lateiner sagen, wenn darauf hingewiesen, dass die Geschäftsstelledes MTV Osterode bei einer Anfrage keine Ahnung von seiner prominenten Sportlerin hatte.

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Als Anerkennung ihrer herausragenden Leistungen und sportlichen Fairness verlieh ihr der Deutsche Leichtathletik-Verband 1964 den Rudolf-Harbig-Preis und würdigte sie damit als „Vorbild für die Jugend“. Die Stadt Hannover benannte 2009 die Mehrkampf-Anlage des Sportleistungszentrums neben dem Niedersachsen-Stadion ihr zu Ehren in Erika-Fisch-Stadion.

Nach Osterode kam die Familie Fisch, nachdem sie 1945 in Hannover ausge-bombt worden war. Die zierliche Erika – nur 1,57 cm groß mit bloß 48 kg, was ihr den Spitznamen „Fischlein“ eintrug – begann ihre bewundernswerte Karriere 1953 beim MTV Osterode. Drei Jahre später wechselte sie zum Großstadt-Ver-ein Hannover 96. Die Wettkampf-Karriere beendete sie nach der Hochzeit am 1. Mai 1964 mit dem Lehrer Günter Claus. Zuvor hatte die gelernte Industrie-Kauffrau noch ein Lehramtsstudium in Hannover absolviert. Erika Fisch war im Weitsprung, über 100 m und 80 m Hürden, im Fünfkampf sowie als Staffelläuferin erfolgreich. Die vielseitigste deutsche Leichtathletin gehörte in diesen Disziplinen zu den fünf Besten in der Welt. Ähnlich wie ihr Sprint-Freund Armin Hary galt sie als weltschnellste Starterin. Als „olympischer Pechvogel“ ging sie in die Sportgeschichte ein, weil sie bei drei Sommerspielen an Verletzungen laborierte.

Deutsche Rekorde erzielte sie 1956 über 100 m in 11,6 Sekunden, 1958 über 6,21 m im Weitsprung sowie 1962 über 80 m Hürden. Hinzu kamen zwei Europa-Rekorde in der Halle: 1955 und 1956 über 50 m. Übertroffen wurden sie von ihren Weltrekorden: 1954 Weitsprung (Halle) 5,95 m, 1955 50 m Hürden, 7,1 Sekunden, 1956 4 x 100 m in 45,1 Sekunden in einer gesamtdeutschen Auswahl mit drei ostdeutschen Läuferinnen in Dresden vor 110 000 Zuschauern – damals Besucher-Weltrekord. Weitere Spitzenleistungen gab es 1961, 1962, 1963 in der Halle über 50 bzw. 60 m Hürden.

Im Weitsprung, ihrer Paradedisziplin, landete das „Fischlein“ sowohl bei der Europa-Meisterschaft 1954 als auch bei den Olympischen Spielen 1958 auf dem „undankbaren“ vierten Platz. Bei nationalen Meisterschaften betrug ihre Aus-beute in Einzel-, Staffel- und Mannschafts-Wettbewerben stolze 21 Titel. Sie wurde 19 Mal in die deutsche Leichtathletik-Auswahl berufen und kam dabei zu 33 Einsätzen. „Entdeckt“ hatte sie der ehemalige Zehnkämpfer Willi Krause, den es nach dem Krieg aus Berlin nach Osterode verschlagen hatte. Er über-stürzte nichts, sondern baute seinen Schützling behutsam auf.

„Ich habe ganz klassisch mit Kinderturnen angefangen“, erinnerte sie sich. Sie nahm an Schwimm-Wettkämpfen teil („das war mir aber zu kalt, zwischendurch immer am Beckenrand rumzusitzen“), sie turnte („da kam ich aber irgendwann nicht mehr weiter“), bis schließlich bei den Bundesjugendspielen ihr Talent für Weitsprung entdeckt wurde. „Da ich wohl eine ein bisschen bessere Sprungkraft hatte, bin ich dabei geblieben.“ Schon 1955 flog sie nach Japan, um die Frauen-Auswahl dort anzuleiten.

„Das ging ja ganz gut, die hatten die gleiche Größe wie ich“, stellte sie schmunzelnd fest. „Im Vergleich zu den anderen Sportlern war ich zwar klein, aber es hat ja
immer irgendwie gereicht.“ Jungen Sportlern rät sie: „Immer begeistert dabei bleiben, nicht so schnell aufgeben – und vor allen Dingen auch von den Eltern
unterstützt werden.“ Martin Roland
Autor: red

Kommentare
geloescht.20221110
28.12.2017, 14.35 Uhr
Der Beitrag wurde deaktiviert – Gehört nicht zum Thema
geloescht.otto
28.12.2017, 15.37 Uhr
Der Beitrag wurde deaktiviert – Gehört nicht zum Thema
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