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So, 07:49 Uhr
10.12.2017
Nordhausen aus der Luft – vor und nach 1945

Bild-Atlas legt die Zerstörung der Stadt offen

Alte Nordhäuser kommen in nostalgisches Schwärmen, wenn sie den „Luftbild-Atlas Nordhausen 1935 – 1945“ aufschlagen. In großformatigen Fotos (DIN A4) lässt der Rockstuhl-Verlag in Bad Langensalza das historische Zentrum der ehemaligen Freien Reichsstadt vor der Zerstörung wiederauferstehen...

Luftbildaufnahme vom 8. April 1945 (Foto: Geodaten Thüringen) Luftbildaufnahme vom 8. April 1945 (Foto: Geodaten Thüringen) Deutlich erkennbar. Je weiter zum Zentrum, desto totaler die Zerstörung der Stadt durch die beiden Luftangriffe

Auf gegenüber liegenden Seiten „vorher und nachher“ werden die Einschläge der beiden britischen Luftangriffe zu Ostern 1945 schmerzlich deutlich. Wie auf einem Wimmelbild gleitet der Zeigefinger über die eindrucksvollen „Flieger-Aufnahmen“. Hier haben wir gewohnt, da die eine und dort die andere Oma.

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Nachvollziehbar der Weg aus der Unterstadt zum Kindergarten in der Spiegelstrasse oder später zu den Schulen in der Wiedigsburg, auf dem Petersberg und neben dem Dom. Gestochen scharf sind die Familien-Grabstätte auf dem Neuen Friedhof und der Schrebergarten zu erkennen. Die meisten Luftbilder aus den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg stammen von privaten Unternehmen. Von diesen kauften die örtlichen Buch-, Papier- und Schreibwaren-Handlungen die Ansichtskarten und hielten sie in ihrem Angebot, wie er Verlag erläutert. Ein großer Teil entstand bei der Aero Lloyd Luftbild Gesellschaft Berlin, die 1926 von der Lufthansa übernommen wurde und fortan als Hansa-Luftbild firmierte.

Nach den Angaben des Rockstuhl-Verlages begannen die Luftangriffe auf Nordhausen bereits am 25. August 1940 mit nächtlichem Bombenabwurf auf den Flugplatz. Es folgten weitere am 12. April 1944 sowie am 4. Juli 1944. Vor dem Inferno zu Ostern griffen dreißig US-Bomber am 22. Februar 1945 den Verschiebebahnhof an. Durch den Doppelschlag der Royal Air Force kamen mehr als 8 800 Einwohner, Evakuierte, Zwangsarbeiter und Häftlinge des KZ Dora in der Boelcke-Kaserne ums Leben.

Aufklärungsflüge der US Air Force fanden seit Februar 1944 in immer kürzeren Abständen statt, mindestens acht bis zum Jahresende. Nordhausen zum Ziel hatten dann die Aufklärer am 22. und 23. März sowie am 8. und 10. April 1945, als die US-Armee auf die Roland-Stadt vorrückte. Weitere US-Flüge wurden am 11. Mai und noch am 22. Juli registriert, als schon die sowjetische Besatzung ein gezogen war. Die Royal Air Force hatte im April „exzellente Aufnahmen“ von der zerstörten Innenstadt gemacht.

„Nordhausen vom Flugzeug aus“ im Jahre 1935 bietet einen Überblick über die vielen Grünanlagen – am Primarius-Graben vor der alten Stadtmauer, unterhalb der Petri-Kirche, an der Promenade und natürlich im Gehege. Greifbar nahe auf dem Bild Nr. 28015 von 1937 die Stadtmitte mit dem Dreieck von Altem Rathaus, Dom und Blasii-Kirche. Es war ein sonniger Tag; die meisten Geschäfte hatten ihre Markisen vor den Schaufenstern.

Von oben ging der Blick in die engsten Gassen und Winkel des alten Nordhausens. Pferde-Fuhrwerke und einzelne Passanten sind deutlich auszumachen wie
bekannte Sehenswürdigkeiten. Am 24. Februar 1944 lag Schnee, wie der US-Luftwaffe nicht entging. Und eine vorherige Aufnahme reichte vom Warttürmchen bis zum Stadion und an die Helme. Der Fliegerhorst ist schon 1944 durch Bombenkrater vernarbt.

Der Bildflug vom 30. Mai 1944 hat den Güterbahnhof im Fokus, nahm auch unserer Wohnhaus in der Reichsstraße, den Lagerplatz des Sägewerks Rathsfeld und das Zorge-Ufer auf, wo wir uns damals als Jungen herumtrieben. Dann beginnen in dem Heft die Gegenüberstellungen von Stadtteilen vor und nach den Luftangriffen. Am 8. Mai 1945 liegt noch Rauch über dem Stadtkern. Besonders erschreckend die beidseitige Aufnahme (Nr. 3008) von der totalen Zerstörung der Innenstadt.

Der Luftbild-Atlas Nordhausen ist eine stumme Mahnung, in Deutschland nie wieder ein Regime wie die NS-Diktatur mit den verheerenden Kriegsfolgen
zuzulassen. (ISBN 978-3-95966-283-3)
Manfred Neuber
Autor: red

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