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Do, 14:30 Uhr
07.12.2017
nnz-Interview

Neuer OB - alles wie gehabt?

Vor rund zwei Monaten begann im Nordhäuser Rathaus eine neue Ära – mit Kai Buchmann bekleidet erstmals ein Oberbürgermeister ohne Parteibuch das höchste Amt der Stadt. Die nnz hat mit ihm jetzt über seine ersten Erfahrungen im Amt, weitere Veränderungen im Rathaus und die Herausforderungen der nächsten Zeit gesprochen...

Seit zwei Monaten im Amt: Oberbürgermeister Kai Buchmann (Foto: Angelo Glashagel) Seit zwei Monaten im Amt: Oberbürgermeister Kai Buchmann (Foto: Angelo Glashagel)

nnz: Herr Buchmann, haben Sie sich im neuen Job schon eingelebt?

Kai Buchmann: Ich bin jetzt seit zwei Monaten dabei, die Perspektive sind sechs Jahre, insofern lerne ich noch jeden Tag etwas Neues.

nnz: Werden sie von ihrer Familie schon vermisst?

Buchmann: Ich glaube ja. Es ist für alle schon ein hoher Preis, dass ich weniger Zeit für meine Familie habe.

nnz: Bisher haben Sie Politik und Verwaltung vor allem von außen beobachten können. Wie ist die Innenansicht?

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Buchmann: Einige Dinge waren komplizierter als ich zu Beginn gedacht habe. Vor allem die Einarbeitung in die Beteiligungsgesellschaften. Sich in jedes Unternehmen hineinzudenken, das war eine Herausforderung. Die Leitung von Aufsichtsratssitzungen und ähnlichen oder auch die Vorbereitung auf offizielle Veranstaltungen nehmen viel Zeit in Anspruch, das war mir in der Gänze so vorher nicht bewusst. Erst einmal steht man ziemlich alleine da, und die Erwartungen an den neuen Oberbürgermeister sind sehr hoch. Das gilt für das Rathaus genauso wie für die Zusammenarbeit mit dem Landesverwaltungsamt, den Ministerien oder auch den Beteiligungsgesellschaften. Es gibt da an fast allen Stellen die Erwartungshaltung, dass jetzt ad hoc Entscheidungen getroffen werden. Das ist mitunter schwierig. Ich werde keine Entscheidungen treffen, ohne eine vernünftige Faktengrundlage zu haben, Bauchentscheidungen sind nicht meine Art.

nnz: In der grundsätzlichen Verwaltungsstruktur hat sich bisher nicht viel geändert. Am auffälligsten war die Entscheidung den Posten des Leiters des OB-Büros neu zu besetzen.

Buchmann: Es wird in der Verwaltung viel Erfahrung vorausgesetzt, die braucht es auch. Aber nach zwei Monaten kann ich diese Erfahrung noch nicht haben. Mit Herrn Jaunich habe ich mir jemanden ins Boot geholt, der diese Erfahrung mitbringt. Im Stadtrat habe ich einen guten Draht zu Dr. Maximilian Schönfelder und auch die Arbeit von Peter Uhley und Manfred König ist fantastisch. Die Herren möchte ich ausdrücklich loben, sie machen mir die Arbeit im Stadtrat leichter.

nnz: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat abseits der Organisation? Wie erleben sie die Sitzungen als Oberbürgermeister?

Buchmann: Es gibt ein vernünftiges, kooperatives Miteinander. Kommende Woche haben wir die dritte Sitzung in 10 Wochen, mit den Vorbereitungen in den Ausschüssen und hier im Haus ist das ein sportliches Programm.

nnz: Wie geht es mit der Personalentwicklung in der Verwaltung weiter? Aktuell sind gleich drei Stellen im Controlling ausgeschrieben. Der Behördenapparat scheint anzuwachsen, sind das schon erste Weichenstellungen für die Zukunft?

Buchmann: Das täuscht. Eine unserer Mitarbeiterinnen geht in den Mutterschutz, eine weitere in Rente und eine Stelle war im Stellenplan bereits für eine Wiederbesetzung eingeplant. Eine Weichenstellung ist das nicht. Im Vergleich mit anderen Thüringer Gemeinden befinden wir uns personell im allgemeinen Durchschnitt. Heute arbeiten in der Verwaltung - die Friedhöfe, den Bauhof und die Grünpflege eingeschlossen - rund 100 Personen weniger als noch vor 20 Jahren, wir sind da inzwischen am unteren Limit angekommen. Bauen wir weiter Personal ab, dann stellt sich die Frage, ob wir als Rundum-Dienstleister überhaupt noch adäquat und nah am Bürger arbeiten können. Die Bürger haben ein Recht auf schnelle und kompetente Erledigung ihrer Anliegen – vom Personalausweis bis zur Baugenehmigung.

nnz: Wie schätzen sie das Potential durch Digitalisierung ein? Gibt es hier nicht vielleicht doch noch Kapazitäten?

Buchmann: Das Thema ist spannend und wird in Zukunft wichtiger werden. Das Nutzungsverhalten der Bürger ändert sich und Behördengänge können so erheblich vereinfacht werden. Personell wird sich das aber nicht stark auswirken, glaube ich. Am Ende muss immer noch jemand im Rathaus sitzen und Anträge bearbeiten und bescheiden. Optimierungspotenzial ist sicher immer noch da.

nnz: Herr Dr. Zeh hatte als Oberbürgermeister weitreichende Veränderungen in der allgemeinen Verwaltungsstruktur vorgenommen. Werden sie es ähnlich handhaben?

Buchmann: Die Struktur wird zum 1.1.2018 kaum verändert werden. Die Amtsleiter und die Ihnen zugeordneten Sachgebiete sind größtenteils die gleichen geblieben. Lediglich den Bereich Tourismus und Veranstaltungen habe ich dem Amt für Bildung und Kultur zugeordnet. Das war vor allem eine Reaktion auf den Stadtratsbeschluss zur Ausrichtung des Rolandsfestes 2018. Ich will auch personell sicherstellen, dass das Fest ordentlich und in sehr guter Qualität durchgeführt wird.

nnz: Also bleibt unter ihrer Führung fast alles beim Alten?

Buchmann: Die Stadt ist als Dienstleister für den Bürger zu wichtig, als dass man die Verwaltung ohne weiteren Plan einfach zerlegen könnte. Das heißt aber nicht, dass es nicht noch Veränderungen geben wird. Momentan ist das hier noch eine Art Ein-Mann-Show. Die soll es aber nicht bleiben. Ich will wieder ein Team im Rathaus schaffen, das auch gegenüber anderen Institutionen im Kreis und im Land eine eigene Schlagkraft hat. Dabei geht es mir aber um Inhalte und weniger um Schaufensterpolitik.

nnz: Ihnen stehen schwierige Aufgaben bevor. Erst letzte Woche wurde entschieden, dass der Betrieb des Theaters eine freiwillige Aufgabe darstellt. Wie soll es mit dem Theater weitergehen?

Buchmann: Es ist Konsens, dass die Stadt das Theater erhalten wird. Wenn ich das tun will, muss ich sanieren. Alleine wird die Stadt es aber nicht stemmen können. Seitens des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft will man uns da großzügig entgegenkommen. Das gilt auch für den Albert-Kuntz-Sportpark. Dafür werde ich mich mit Nachdruck auch einsetzen, und denke, dass dies auch nach wie vor Konsens im Stadtrat sein wird. Nordhausen ist die wichtigste Stadt im Norden Thüringens und nimmt dort eine Leuchtturmfunktion ein. Das weiß man auch in Erfurt, und darauf werde ich immer wieder deutlich hinweisen.

nnz: Bleibt die Frage, ob sich Nordhausen noch freiwillige Ausgaben leisten kann und will.

Buchmann: Die Frage ist nicht „ob“ wir freiwillige Aufgaben erfüllen, sondern „welche“. Das Landesverwaltungsamt sagt, dass der Anteil der freiwilligen Ausgaben im Haushalt zu hoch sei und der Anteil der Theaterfinanzierung daran ist sehr groß. Aber: Wenn wir das Theater nun schließen würden und der Zuschuss dann verfügbar wäre, bekämen wir auch keine Bedarfszuweisung mehr, weil wir nicht mehr als „notleidend“ gelten würden. Die Situation ist sehr unbefriedigend und es wird darüber noch zu reden sein. An der Theaterfinanzierung wird nicht gerüttelt, und wir benötigen weitere Mittel, um unseren freiwilligen Verpflichtungen nachzukommen. Noch weiter zu sparen – zum Beispiel in der Jugend- und Sozialförderung – ist kaum mehr möglich.

nnz: Haben Sie bei den vielen neuen Aufgaben denn noch Zeit für ihre Bürgersprechstunde?

Buchmann: Ja, die Bürgersprechstunde findet immer donnerstags von 15 bis 17 Uhr statt und wird gut angenommen. Die meisten Leute kommen angemeldet und gut vorbereitet, manche auch unangemeldet. Erst letzte Woche hatte ich einen Hausmeister hier, der über die Straßenbahnhaltestelle an der Töpferstraße sprechen wollte und absolut berechtigte Sorgen vorbringen konnte. Ich höre mir die Anliegen an und gebe sie dann an die zuständigen Ämter weiter, damit die Ideen und Anregungen in die Prozesse hier im Rathaus einfließen können. Mit dem Bürgerbeauftragten wird es darüber hinaus ab Januar eine neue und zentrale Anlaufstelle für alle Belange und deren Lösung der Bürgerinnen und Bürger geben, einschließlich jener der Ortsteile.

nnz: Herr Buchmann, wir danken für das Gespräch

Das Interview führte Angelo Glashagel
Autor: red

Kommentare
Herr Schröder
07.12.2017, 20.27 Uhr
Viel Erfolg!
Das grosszügige Entgegenkommen aus Erfurt bestand zuletzt meist aus Gegenwind! Gerade bei den angesprochenen Projekten erhoffe ich mir hauptsächlich Entgenkommen aus dem Finanzministerium! Vielleicht in Form von Fördermitteln ohne zwingenden Einsatz von Eigenkapital.
Andreas Dittmar
07.12.2017, 22.56 Uhr
Ich hätte da auch einen Wunsch
Grundlage für die Digitalisierung ist Breitband. Die Stadt Nordhausen selbst ist gut ausgebaut. Mit Vectoring sind da bald flächendeckend 100 Mbit/s möglich. Mit Hybrid und LTE 150 Mbit/s. Leider sieht es da in einigen Ortsteilen, speziell Rodishain und Stempeda anders aus. Die ersten Kunden bekommen schon Schreiben zur IP-Umstellung. Das heisst : Man darf dann mit down/up 384/220 kbit/s sogar telefonieren. Wer keine Vorstellung hat was das heißt : Wenn ich während eines Telefonats den Browser oder das E-Mail-Programm öffne, bricht das Telefongespräch unweigerlich zusammen. Das ist kein Breitband sondern eine Krankheit. Leider wird kein Anbieter an Sie herantreten und fragen, ob er hier Abhilfe schaffen darf. Das Land Thüringen allerdings stellt für den Breitbandausbau 450 Mio Euro zur Verfügung. Aus meiner Sicht kann man mit ca. 4 km Tiefbau oder Verbesserung der LTE-Versorgung Abhilfe schaffen. Man hat also hier eine solide Verhandlungsbasis. Wenn man das nicht tut, sollte man sich darüber im Klaren sein, das man mit der aktuellen Internetverbindung ein handelsübliches Betriebssystem mit erforderlicher Sicherheitssoftware NICHT betreiben kann. Das herunterladen der aktuellen Windows 10 Iso dauert 24 h . 15 min benötigt man für die tägliche Aktualisierung einer handelsüblichen Antivirensoftware. Das ist der Totschlag für jeden Gewerbetreibenden.
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