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Mi, 12:45 Uhr
08.11.2017
25 Jahre Lift

Das Kind ist in guten Händen

Was tut ein Lift? Er bringt Menschen von unten nach oben, oder umgekehrt. In welche Richtung es geht liegt am Passagier. Aus der Metapher wurde 1992 ein Verein der in den letzten 25 Jahren viele Spuren in Nordhausen hinterlassen hat...

Von links: Hannelore Haase, René Kübler, Loni Grünwald und Sophia Amthor (Foto: nnz) Von links: Hannelore Haase, René Kübler, Loni Grünwald und Sophia Amthor (Foto: nnz)
Zur viert sitzen sie an einem Tisch, die vier "Eltern" des Lift und blicken zurück auf ein Vierteljahrhundert soziales Engagement in Nordhausen. Sophia Amthor brachte das Kind zur Welt, Loni Grünwald half ihm laufen zu lernen, Hannelore Haase führte den Lift in die Jugend und René Kübler organisiert seit fünf Jahren die Zukunft des Lift.

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Anfang der 1990er Jahre habe Aufbruchstimmung geherrscht, erinnerte sich Sophia Amthor, auch wenn es keine einfache Zeit war. Viele Menschen hatte die Wende arbeitslos gemacht, Hilfe war dringend nötig. "Der Bedarf war da und die Mittel auch", sagte die Sozialpädagogin heute. Angefangen hatte alles mit 16 Abm-Kräften, die damals der Entwicklungsgesellschaft Nordhausen dabei halfen ein altes Betriebsgelände zu räumen. Einen Telefonanschluss gab es nicht, von einer Heizung ganz zu schweigen, aber man wollte arbeiten. "Wir wollten den Leuten eine Zukunft geben die über den Projektzeitraum hinausgehen sollte, wollten ihnen eine sinnvolle Beschäftigung geben", erklärte Amthor ihre damaligen Beweggründe.

Der ökologische Aspekt spielte schon damals eine Rolle, große Pläne habe man gehabt, wollte sich für alternative Energieformen stark machen, Turbinen bauen - Ideen die ihrer Zeit voraus aber letztlich zum scheitern verurteilt waren. Geblieben ist der ökologische Gartenbau, der einzige im ganzen Landkreis. Der Verein Horizont und die Lift GmbH, ehemalige Konkurrenten die vor gut fünf Jahren eine Symbiose eingegangen sind, pflanzen in Salza auch heute noch das Gemüse für ihre Großküchen an und beliefern verschiedene Betriebskantinen.

Ökologischer Landbau (Foto: LIFT gGmbH) Ökologischer Landbau (Foto: LIFT gGmbH)
Der grüne Gartenbau war ein Projekt der ersten Stunde. An zweiter Stelle kam die Hilfe speziell für Frauen. "Die Frauen waren für mich immer die eigentlichen Verlierer der Wende. Vorher haben sie gearbeitet, haben zum Einkommen der Familie beigetragen und wurden dann in Größenordnungen entlassen", sagte Loni Grünwald, die den Lift Verein zehn Jahre lang als Geschäftsführerin leitete.

Rund 80% Frauenanteil habe man damals in den Projekten gehabt, das sei zu der Zeit notwendig gewesen, meinte Grünwald, die das "Kind" nie aus den Augen verloren hat. Und Projekte gab es viele, man war in Ellrich, Heiligenstadt und Sondershausen vertreten, wurde als Verleger tätig, arbeite mit Universitäten zusammen, erstellte Unterlagen mit Blindenschrift, zog mehrfach um, gründete ein Kaufhaus für gebrauchte Möbel und betrieb eine Zeit lang mit dem "Dröder" sogar eine kleine Jazzkneipe. "Wir waren überall", meinte Grünwald.

Das "Stöbereck" gibt es bis heute. Wer bei schmalem Geldbeutel nach Einrichtungsgegenständen sucht ist hier richtig, und wer den Hartz IV Bescheid vorzeigen kann muss keine Umsatzsteuer zahlen. Auch in Heiligenstadt betreibt der Firmenverbund aus Lift und Horizont ein solches Haus. Man habe mit dem Lift viele "werthaltige Projekte" übernehmen können, so René Kübler, heute Geschäftsführer beider Einrichtungen. Gerade die Großküchen sichertem dem Lift eine stabile Einkommenssituation, die letztlich dem sozialen Bereich zu Gute kommen würde. "Es tut gut den einen oder anderen Euro zu verdienen", meinte Kübler.

Denn die Zeiten haben sich geändert. Früher erhielten Vereine wie der Lift "insitutionelle Förderung" - Gelder vom Land unabhängig von den laufenden Projekten. 150.000 Euro waren das einmal. Im Vergleich zu heute sei das ein Traum gewesen, erläuterte Hannelore Haase, die den Lift, nunmehr eine gemeinnützige GmbH, über zwölf Jahre hinweg leitete. Den eigentlichen Geburtshelfer des Lift, die EGN, hatte man Anno 2000 geschluckt und betreute damit in der Spitze rund 600 Teilnehmer in verschiedensten Bereichen. Aber die Zeiten ändern sich, wie immer. Die gesicherte Förderung kennt man im sozialen Bereich heute nicht mehr, "wir mussten anfangen alles über Einzelprojekte zu halten und in Jahresscheiben zu denken", erklärte Haase, damit einher ging auch die Stärkung der wirtschaftlichen Bereiche, ohne die man die nötigen Eigenbeteiligungen nicht hätte stemmen können.

Heute sind es noch knapp 40.000 Euro Unterstützung, die man von Kreis und Land erhält, keine Summen mit denen man Berge versetzen könnte. Die Gründe dafür sind derweil erfreulich, die Zahl derer die Hilfe nötig haben sinkt beständig. Von der Bundesagentur für Arbeit und dem Jobcenter werde man auch weiter gefördert, betonte René Kübler, aber eben mit geringeren Mitteln. Dafür engagiert man sich heute in anderen Bereichen. Seit 2007 betreibt der Lift das Mehrgenerationenhaus des Landkreises, ein Demenzprojekt, eine Freiwilligenagentur zur Förderung der Ehrenamtlichen Arbeit und Schulsozialarbeit gehören außerdem zu den sozialen Aufgabenfeldern.

Konkurrenten sind der Lift und der Horizont nun nicht mehr, man habe dort Bereiche zusammengelegt, wo es Sinn gemacht habe, sagte Kübler. Und es werde weiter gehen. Das Mehrgenerationenhaus des Lift zieht demnächst in das Haus der Kinder des Horizont Vereins. "Das Kind ist in guten Händen", so Kübler.
Angelo Glashagel
Autor: red

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