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Di, 19:15 Uhr
13.06.2017
Umwandlungspläne für Nordhausen Nord

Mehr Stadt. Mehr Land. Mehr Siedlung.

Wie könnte sich die Stadt in Zukunft entwickeln? Seit Jahren steht die Stadtentwicklung auf der Agenda, Entwicklungskonzepte, Stadtgespräche und Workshops gab es viele in dieser Zeit, viel Gesprächsstoff aber wenig Greifbares. In Nordhausen Nord soll es nun ein wenig konkreter werden, am Nachmittag wurde ein erster Entwurf einer möglichen Entwicklung vorgestellt...

Nordhausen Nord neu gedacht (Foto: Angelo Glashagel) Nordhausen Nord neu gedacht (Foto: Angelo Glashagel)

Städte haben ihren eigenen Charakter, wie die Stadt selbst gewachsen über Jahrzehnte und Jahrhunderte. Ähnlich ihrer Bewohner können auch Städte gute und schlechte Charaktereigenschaften entwickeln, je nach Perspektive. Oft sind die schon in der Planung eines Quartiers angelegt.

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Nordhausen Nord sieht man seine einstige Funktion bis heute an. Das von Plattenbauten dominierte Quartier ist eine klassische Satellitenstadt aus sozialistischen Zeiten. Mit Kaufhalle, Kindergarten, Schule und Frisör in direkter Nachbarschaft waren die Blocksiedlungen so etwas wie kleine Städte für sich.

Die notwendigen Grundbedürfnisse der Arbeiterschaft bildeten den Rahmen, in dem geplant und gebaut wurde, kompakt, effizient, gut zu erreichen, gegossen in Asphalt und Beton. Aus heutiger Perspektive ist das wenig attraktiv. Zwar liegt die Wohnungsauslastung nach Auskunft von WBG und SWG bei nahezu hundert Prozent, ein Großteil der Mieter wohnt aber schon sehr lange hier. Man lebt in Nord, aber man zieht nicht nach Nord, wenn es sich vermeiden lässt.

Und da auch die Zeit der treuesten Bewohner endlich ist, macht man sich in Nordhausen seit geraumer Zeit Gedanken, wie sich die Stadt und ihre Bevölkerung auf die Veränderungen der nächsten Jahrtzehnte einstellen kann. In langen Gesprächsrunden wie dem Stadtentwicklungskonzept ISEK oder der "Zukunftsstadt" wurde gemeinsam mit vielen Bürgern der Stadt aus allen Lebenslagen darüber beraten, wie es weitergehen könnte.

Nordhausen Nord neu gedacht (Foto: Angelo Glashagel) Nordhausen Nord neu gedacht (Foto: Angelo Glashagel) Den vielen, vielen Worten sollen nun tatsächlich in absehbarer Zeit Taten folgen. Im "Nordhaus" stellte man heute einen ersten Plan vor. Im Rahmen der internationalen Bauaustellung IBA soll in Nordhausen Nord eine "klimagerechte Quartiersentwicklung" erprobt werden. Drei Vorschläge gab es, seit März hatten die Büros geplant, gezeichnet und ihre Ideen zu Papier gebracht, heute nun Entschied eine Jury aus Architekten, Stadtplanern und Vertretern der Stadt, der Wohnungsbaugesellschaften und der Anwohner über den Sieger dieses Wettbewerbes.

Das Konzept der Büros Teleinternetcafe und HWK LandschaftsArchitekten Knödler will vor allem über Um- und Neubauten im Hochbaubereich und eine bessere Erschließung der näheren Ergebung einen attraktiveren und lebenswerteren Stadtteil schaffen. "Das Gebiet soll seinen eigenen Charakter noch weiter entwickeln, über deutliche neue Architekturen aber auch Neuerungen am Bestand", erklärte Dr. Marta Doehler-Behzadi, Geschäftsführerin der IBA Thüringen, Nord solle so ein deutlich "städtischerer und lebendigerer" Teil Nordhausens werden.

Im weiteren Umfeld sollen neue Wege das Borntal und den bisherigen Wildwuchs zwischen Plattenbau und Gumpetal-Siedlung neu erschließen und für die Bewohner nutzbar machen, etwa über Wiesenbereiche, Sportflächen und gemeinschaftlich genutzte Räume wie die "Entschleunigungs-Datschen". Die Flachbauten, die heute zwischen den Plattenbauten verschwinden, könnten von neu zu errichtenden Wohnblöcken umschlossen werden um mehr Wohnfläche zu schaffen. Um den Kernbereich des Quartiers herum haben die Architekten eine Art gesondert gestalteten "Fußgänger Corso" erdacht. Die Garagen am Rande des Stadtteils könnten im vorliegenden Plan erhalten bleiben und als "Hobbyhimmel" zum Teil neuen Nutzungsweisen zugeführt werden.

Nordhausen Nord neu gedacht (Foto: Angelo Glashagel) Nordhausen Nord neu gedacht (Foto: Angelo Glashagel)

Mitgedacht werden soll dabei auch die energetische Sanierung, wobei die Ausgangslage schon heute die Schlechteste nicht ist. Gut 60% der Energie bezieht der Stadtteil aus erneuerbaren Quellen.

So richtig zu fassen ist das ganze noch nicht, die Planungen und Konzeptzeichnungen sind bewusst vage gehalten, man wolle "flexibel sein ohne beliebig zu werden", sagte IBA Chefin Doehler-Behzadi . Aus praktischen Gründen habe man sich bisher mit der Beteiligung der Bürger an dem Prozess zurückgehalten, erläuterte SWG-Chefin Inge Klaan. Immerhin: ein Vertreter der Anwohner war im Wettbewerb Stimmberechtigt, hatte sich mit der Materie auseinandergesetzt und sich für den nun gekürten Vorschlag ausgesprochen.

Im weiteren Verlauf will man weiter auf die Bürgerschaft zu gehen, erklärte Nordhausens Bürgermeisterin Jutta Krauth. Ab morgen werden Interessierte die eingereichten Vorschläge im Saal des Nordhaus selber einsehen und ihre Vorschläge und Anregungen vor Ort aufschreiben und abgeben können. Am Mittwoch kommender Woche, dem 21. Juni, wird im Nordhaus um 18 Uhr zudem ein Bürgergespräch stattfinden, bei dem die Pläne erläutert werden sollen.

Aus Sicht der Wohnungsbaugesellschaften ist der Schritt zur Modernisierung unvermeidbar. "Wir haben 600 Wohnungen im Stadtteil", erklärte Sven Dörrmann, Chef der WBG-Südharz, "wir sind natürlich daran interessiert unseren Bestand innovativ zu entwicklen und für unsere Mieter ein Umfeld mit besserer Lebens- und Wohnqualität zu bieten". Auch die Leiterin der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft, Inge Klaan sieht die Notwendigkeit den Stadtteil "Zukunftsfest" zu machen. Man habe sich lange um das Nordhäuser Zentrum gekümmert, jetzt sei Nord dran. "Im Kern steht die Frage: Wie verändert sich wohnen? Wie verändert sich die Stadt? Wir haben hier jetzt viel Spielraum um auszuprobieren, wie wir Quartiere vernetzen und zusammenwachsen lassen können".

Bis die ersten Bagger rollen könnte indes noch etwas Zeit ins Land gehen, in den nächsten Monaten will man Klarheit über die nächsten Planungsschritte erlangen, erläuterte Inge Klaan, es wird also erst einmal weiter geredet. In einem guten Jahr könnte dann der erste Spatenstich für ein Hochbauprojekt erfolgen.

Insgesamt könnte sich der Umbauprozess über Jahre und Jahrzehnte hinziehen. Der Plan, so wie er jetzt steht, ist nicht final und werde mit Sicherheit noch einige male geändert werden, versichterten die Architekten und Planer am Nachmittag. Deswegen brauche es auch einen offenen Austausch mit den Bewohnern, bekräftigte Bürgermeisterin Krauth, man sei weiterhin offen für alle Anregungen und hoffe auf rege Beteiligung am Bürgergespräch in der kommenden Woche.
Angelo Glashagel
Autor: red

Kommentare
Albert
13.06.2017, 23.16 Uhr
Der Beitrag wurde deaktiviert – Gehört nicht zum Thema des Beitrages
Wolfi65
14.06.2017, 08.06 Uhr
Der Beitrag wurde deaktiviert – Gehört nicht zum Thema des Beitrages
Bodo Schwarzberg
14.06.2017, 09.14 Uhr
Nordhausen Nord. Neue Versiegelung?
Darauf läuft es doch hinaus: Hinter den tollen Worten verbirgt sich eine Erweiterung des Stadtteils, im Klartext weiterer Landschaftsverbrauch und weitere Versiegelung. Die Planer haben erneut nichts von den Herausforderungen unserer Zeit verstanden, scheint es. Oder nur zum Teil. Einst ging es in NDH um die weitere "Erschließung" der Gumpe. Aber das ist dann vielleicht der nächste Schritt. Sollte es neue Bauten geben, sollten die ja so auf Nachhaltigkeit bedachten Klaans und Krauths zum Beweis dessen die neu versiegelte Fläche an anderer Stelle entsiegeln. Das würde auch Bundeszielen für einen geringeren Flächenverbrauch entsprechen.
N. Baxter
14.06.2017, 09.35 Uhr
Entsiegelung
keine Angst Herr Schwarzberg, in den nächsten Dekaden wird im ländlichen Raum, abseits der Ballungsgebiete und Speckgurtel, mit Hilfe der Natur von ganz allein entsiegelt. Ganze Dörfer werden dann offiziell von der Landkarte "verschwinden", die Ruinen und andere Hinterlassenschaften bleiben natürlich, zumin. bis zur vollständigen Zersetzung...
Paulinchen
14.06.2017, 19.42 Uhr
Nach meinem Kenntnisstand, ist das Wohngebiet NDH...
...Nord beliebter unter der Bevölkerung, wie das in Ost. Kann es sein, dass die geplanten Veränderungen nur ein Ziel haben, das da heißt: Mieterhöhung?

Denn wenn ich meinen Wohnungstandort nehme, so ist hier die Miete höher, weil sich die Lage "TOP-CITYLAGE" nennt. (Areal Mörgenröte, bis Weberstraße) Desweiteren stellt sich mir die Frage, was hat man gegen ein "lebensfähiges" Wohngebiet, in dem es mal eine Schule gab und eine Apotheke, der Anschluss an den örtlichen Nahverkehr perfekt ist. Auch die Einkaufsmöglichkeiten sind dort perfekt. Ach ja - in Sachen Begrünung gibt es meiner Meinung nach auch nichts auszusetzen. Über Geschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten, aber ein besonders gelungener Wurf der damaligen Architekten sind die Wohnungen in der Rautenstraße und rund um das Rathaus nun auch wieder nicht. Betrachte ich mir die Belegung der Geschäfte in der Rautenstraße, so sträubt sich mein Nackenfell. Von zum Bummmeln einladener Geschäfte, verstehe ich etwas völlig anderes. Um 18:00 Uhr gehen die Bürgersteige hoch!

Man sollte die vorgesehenden Gelder dafür nutzen, damit das Netz der Straßenbahn erweitert wird. Dann wären die relativ hohen Preise für die kurzen Abstände der Haltestellen vielleicht gerechtfertigt. Wie war das doch gleich mit den Dieselfahrzeugen? Sie bringen uns alle um. Also um so mehr spricht doch alles für die Erweiterung der "ELEKTRISCHEN" und weg mit den Bussen, sofern sie nicht mit Erdgas oder Elektroantrieb fahren.

Man könnte in Anbetracht der künftigen Kreisstadt Sondershausen aber auch sagen, stecken Sie das Geld in diese Stadt, damit sie annähernd dahin kommt, wo Nordhausen schon seit Jahren ist. Dort können sich die Planer mal so richtig auslassen und vielleicht kommen ja noch einige Millionen aus Erfurt dazu. nötig ist es dort auf jeden Fall.
atalante
15.06.2017, 08.22 Uhr
Die Luxussanierung zwecks Umprofilierung?
"In Nord lebt man, aber man zieht nicht hin, wenn es nicht sein muss?" So so. Erhebt sich angesichts der Beliebtheit des Viertels allein die Frage , wer hier von wem in wessen Namen spricht, denn jeder will nach Nord ziehen. Nord zeichnete sich schon immer durch Urbanität und Naturnähe aus. Freilich, die "Platten", deren Lebensqualität besser als ihr Ruf ist, könnten eine Verschönerung gut vertragen. Der Beitrag von Glashagel jedoch lässt vermuten, dass man sich der "Arbeiter-Altlasten" einstiger sozialistischer Sozialpolitik durch sanften Finanzdruck endgültig entledigen möchte, um Nord als Nobeladresse der Stadt für Gutbetuchte zu markieren. Die Vorgehensweise, die Glashagel seht schön und ohne Arg dargestellt hat, lässt tief blicken. "Aus praktischen Gründen" habe man das alle angehende Projekt "for eyes only" behandelt. Was könnte das Praktische daran sein? Eine rhetorische Frage angesichts eines modernen Demokratieverständnisses . Aber uns Betroffene interessieren weniger die "Entschleunigungsdatschen". Uns interessiert das soziale Profil des Viertels. Gegen Verschönerungen hat niemand etwas und auch moderate Mieterhöhungen sollten kein Thema sein. Soll hier etwa ein luxussaniertes Vorzeigeprojekt auf dem Rücken sozial Schwächerer ohne Lobby an den Start gehen? Oder ist auch an jene gedacht, deren Budget für Miete oberhalb der 500 Euronen einknicken muss? Ja, viele wohnen hier seit langem und alle wollen hier bleiben. Auch wenn das Herrn Glashagel offenbar unverständlich erscheint. Bleiben oder Rauswurf - Das wird hier die soziale Frage sein.
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