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Mo, 07:52 Uhr
20.02.2017
Friedrich Rückert in Limlingerode

Weltversöhnung durch Weltpoesie

Die Februarveranstaltung in Limlingerode widmet sich am kommenden Samstag ab 14:30 Uhr dem Weltpoeten Friedrich Rückert (1788-1866). „Daß ihr erkennt: Weltpoesie allein ist Weltversöhnung“. Poesie war für Rückert die Muttersprache des Menschengeschlechts...


Deshalb fühlte er dem inneren Erleben der Sprache des Denkens nach, um sie in einer Art Übersetzungstätigkeit in Verse aus Muttersprache zu gießen. Klopstock hatte in seinen Oden die Sprache als des „Gedankens Zwilling“ gepriesen.

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Mehr als 20 000 Gedichte umfasst Rückerts poetisches Werk. In seinem Jahrhundert galt er als ein Großer, der selbst die Konkurrenz der deutschen Dichterfürsten nicht zu scheuen brauche. Zeitgenössische Anthologien waren ohne ihn nicht vorstellbar. Heute ist das anders, heute verbinden in Nordhausen die meisten mit „Rückert“ nur noch eine Straßenbezeichnung. Und doch kennt fast jeder den Kinderkanon „Was mögen das für Bäume sein...“ oder die Redewendung „mein Freund und Kupferstecher“, freilich ohne Kenntnis des Urhebers.

Seine Wahrnehmungen, sein Fühlen und Denken fanden ihren Ausdruck in poetischen Sentenzen aller Art. Rückert erfühlte in der Musikalität von Sprache einen zu Klang gebrachten universellen Weltgesang. Mit der Poesie des Wortes, das kann man mit Fug und Recht behaupten, verband ihn zeitlebens eine innige und facettenreiche Liebesbeziehung.

Entsprechend umfassend und vielschichtig sind auch seine Themen, aus deren stofflichem Grund uns viele poetische Kostbarkeiten erwuchsen: Liebe, Natur, Politik und Gesellschaft, Revolution, Sprache, Völkerverständigung. Da viele zeitlose Gedanken im Werk des Dichters eine universell gültige Haltung transportieren, birgt seine Lyrik auch für unsere Zeit Schätze, die es neu zu entdecken gilt.

Friedrich Rückert (Foto: K. Kisker) Friedrich Rückert (Foto: K. Kisker) 2016 war ein Rückertjahr, denn am 31. Januar jährte sich sein 150. Todestag. Ein willkommener Anlass, dem Dichter in der Kunsthalle seiner Geburtsstadt Schweinfurt mit einer Ausstellung die längst überfällige Referenz zu erweisen: „Der Weltpoet. Friedrich Rückert“.

Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war eine Zeit der Unruhe und der Suche nach Vergewisserungen in einer sich im Umbruch befindenden Welt. Die Erde war geografisch weitgehend vermessen und nun brach man mehr und mehr auf, auch die dazugehörigen geistigen Horizonte zu ergründen.

Das neue Weltbild weitete die kulturell erfahrbaren Horizonte. Einst war es Luther, der mit seiner Bibelübersetzung Wissen verfügbar gemacht hatte. Nun beschäftigten sich viele Dichter und Wissenschaftler mit der Literatur anderer Völker und erkannten in deren Sprachkunst einen wertvollen Schatz zur Vervollkommnung des Eigenen.

Voß, Wieland, Herder, Schlegel, Tieck und viele mehr erforschten Sprache durch Übersetzungsarbeit, um allgemeingültige Inhalte einem breiten deutschsprachigen Publikum zugänglich zu machen. Schon Goethe öffnete übrigens mit seinem „West-östlichen Diwan“ seinen Lesern den Blick in die Ferne.
Nach einem einjährigen Romaufenthalt, wo Rückert intensive Kontakte zu der dort wirkenden Künstlergruppe der Nazarenern pflegte, begann er mit intensiven sprachwissenschaftlichen Studien, die ihm einerseits als Grundlage seiner Übersetzertätigkeit dienten, andererseits auch ein tieferes Fühlen für die Musikalität des eigenen Dichtens lieferten.

Aus 44 Sprachen mit 17 verschiedenen Schriftsystemen übersetzte Rückert bedeutende Werke der orientalischen Kulturen, die noch heute in der europäischen Sprachwissenschaft unangefochten Bestand haben. Auch der Koran in Auszügen gehört dazu. Seine Geisteshaltung und die damit verbundene Vision des weltläufigen Zeitkritikers, der über politische Grenzen mit Poesie weltversöhnend wirken wollte, musste im Zeitgeist der Mitte des 19. Jahrhunderts weitgehend unverstanden bleiben.

Rückert liebte auch die Frauen, wie aus der Gedichtsammlung „Liebesfrühling“ zu ersehen ist. Aus seiner Ehe mit Luise Wiethhaus-Fischer gehen zehn Kinder hervor, mit denen der Vater eine innige Beziehung pflegte. Als kurz hintereinander drei der Kleinen starben, veranlasste ihn dieses traumatische Ereignis, seine 563 „Kindertotenlieder“ zu Papier zu bringen, die durch Mahlers Vertonungen bis heute in den Konzertsälen der Welt zu Hause sind. Die sprachliche Virtuosität und Ausdruckskraft seiner Gedichte regte viele bedeutende Komponisten zu Vertonungen an.

Wer am Samstag mit uns und Rückert in den interkulturellen poetischen Dialog eintreten möchte, ist wie immer herzlich eingeladen. Und in der HausART leuchten in den Räumen die Farbradierungen und Ölmalereien der Ute Zyrus.
Karin Kisker
Autor: red

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