eic kyf msh nnz uhz tv nt
Di, 07:17 Uhr
01.11.2016
Auf dem Weg zur Inklusion

Gewerkschaft kontra Landesregierung?

Die rot-rot-grüne Landesregierung will - wie die Gebietsreform - auch die Inklusion an den Thüringer Schulen durchsetzen. Das stößt nicht nur bei Eltern auf wenig Gegenliebe, sondern vor allem bei den Lehrerinnen und Lehrern. Heute Abend soll in Nordhausen dazu diskutiert werden...


Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat in das Audimax am Nordhäuser Weinberg nicht nur ihre Mitglieder, sondern auch Thüringens Kultusministerin Birgit Klaubert eingeladen.

Anzeige symplr
Konkret soll Klaubert erklären, wie das Thüringer Schulgesetz und das Thüringer Förderschulgesetz zu einem inklusiven Schulgesetz zusammengeführt werden sollen. Bislang fühlen sich die Pädagogen da unzureichend informiert oder angehört.

Im Koalitionsvertrag von RotRotGrün heißt es im Kapitel Schule unter anderem: „Das Thüringer Schulgesetz und das Förderschulgesetz sollen zu einem inklusiven Schulgesetz zusammengeführt werden, um die personellen, sächlichen und räumlichen Rahmenbedingungen für inklusive Schulen weiter zu verbessern und Entwicklungsperspektiven für Förderschulen zu beschreiben.“

Mit Spannung erwarten die Gewerkschafter, wie das Bildungsministerium sich die Ausgestaltung dieses neuen Schulgesetzes vorstellt und wie die im Bildungswesen Beschäftigten in den Diskussionsprozess einbezogen werden sollen. Es gibt offenbar Arbeitskreise zu verschiedenen Themen, deren Ergebnisse mehr oder weniger zufällig bekannt werden, so z. B. das Eckpunktepapier des Beirats Inklusion, welches zu mehr Verwirrung als Aufklärung beigetragen hat.

Im Koalitionsvertrag heißt es weiter: „Schritt für Schritt soll durch multiprofessionelle Teams (Schulpsychologie, Schulsozialarbeit, Sonderpädagogik, Lehrkräfte) an Schulen, die Umsetzung der Inklusionsziele in Thüringen unterstützt werden. Die Grundlage hierfür bildet der Entwicklungsplan Inklusion.
Auf der Grundlage des „Entwicklungsplan Inklusion“ werden wir eine „Qualitätsoffensive Inklusion“ starten. Dazu gehört, die Ausbildungskapazitäten in Thüringen im Bereich Lehramt Förderschulen und Sonderpädagogische Fachkräfte auszubauen.“


Wohlklingende Ziele, von denen bislang jedoch kaum etwas umgesetzt ist. Hingegen steigt die Belastung der Kolleginnen und Kollegen stetig, mit zunehmend sichtbaren Folgen für ihre Gesundheit. Unter den jetzigen Bedingungen kann die GEW dem neuen Gesetz so nicht zustimmen.

Alle am Prozess der Gesetzgebung beteiligten, müssen akzeptieren, dass nicht jedes Kind inklusiv beschult werden kann. Deshalb ergeben sich vor der Inkraftsetzung ergänzende, wichtige Forderungen:
  • Schulen müssen eigenverantwortlich über ihren Weg zur Inklusion entscheiden können.
  • Neben der Begutachtung des Kindes, müssen auch die Fachlehrer besser in die Entscheidung zukünftiger Beschulungswege einbezogen werden.
  • Die Förderzentren müssen als Schulen erhalten bleiben und den Eltern bei entsprechender Beratung die Wahlmöglichkeit für ihr Kind juristisch zugesichert werden.
Die GEW sieht mindestens zehn Gelingensbedingungen für den Gemeinsamen Unterricht (dies ist kein abschließender Katalog!) vor:

1. Gemeinsamer Unterricht kann nur gelingen, wenn mit alle Beteiligten (Eltern, Schule, Behörden des Landes und der Kommune) ein Netzwerk von professionellen Beratungs- und Unterstützungssystemen aufgebaut wird.
2. Zur Umsetzung der Inklusion braucht jede Schule entsprechende professionelle fachliche Begleitung und Unterstützung. Die einfache Forderung, dass der GU nur mit entsprechender Fort- und Weiterbildung des pädagogischen Personals erreicht werden kann, ist falsch und führt in die Irre.
3. Für Teamberatung, Planung, Absprachen, Vor- und Nachbereitung für Lehrer*innen, SPF, Erzieher*innen und Förderschullehrer*innen muss ausreichend Zeit (neben den Unterrichtsstunden) nachweisbar zur Verfügung gestellt werden. Sozialarbeiter müssen an jeder Schule sein!
4. Die personelle Ausstattung der Schulen für den GU ist zurzeit in der Regel völlig unzureichend und muss dringend erheblich erhöht werden (z. B. Zweipädagogen*innensystem).
5. Neben den normalen Unterrichtsräumen müssen in allen Schulen zusätzliche Raumkapazitäten zwingend bereitgestellt werden.
6. Alle Schulen müssen ausreichend finanzielle und sächliche Mittel zur Unterrichtsgestaltung und evtl. notwendigen Therapieformen erhalten.
7. Für den GU sind angemessene Klassenstärken nötig, um alle Schüler*innen bedarfsgerecht zu integrieren (max. 17 Schüler*innen pro Klasse + max. zwei Schüler*innen mit sonderpädagogischen Gutachten) und alle Schüler*innen im Unterricht gleichberechtigt individuell fördern zu können.
8. Die Bereitstellung von Schulbegleitern*innen muss ausreichend und für alle Gebietskörperschaften gleich und gerecht vorbereitet und organisiert werden.
9. Förderzentren und DaZ-Zentren müssen ein wesentlicher Bestandteil des Thüringer Schulsystems sein und dürfen keine untergeordnete bzw. nur ergänzende Rolle spielen.
10. Allen Eltern von Kindern sonderpädagogischem Gutachten muss es (juristisch klar formuliert) gestattet sein, für ihr Kind entweder eine allgemeinbildende Schule oder ein Förderzentrum wählen zu können.

Daran hat sich laut GEW nichts geändert, und deren Mitglieder werden nicht aufhören, diese Forderungen zu unterstreichen. Im vergangenen Monat wurde bekannt, dass das neue Schulgesetzt jetzt „in Klausur“ geht und Mitte November dem Beirat „Inklusive Bildung“ vorgelegt werden soll. Das reicht jedoch aus unserer Sicht nicht aus, denn es geht beim Schulgesetz um weit mehr.

"Deswegen fordern wir jetzt vom Bildungsministerium, endlich seine Vorstellungen zur Schulgesetznovelle auf den Tisch zu legen und in einem transparenten Prozess mit allen am Bildungswesen Beteiligten offen zu diskutieren und insbesondere auf die Meinung der Pädagoginnen und Pädagogen zu hören. Damit das neue Schulgesetz kein Fehlstart wird, bedarf es eines breiten gesellschaftlichen Konsenses", so die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.

Heute, um 18.00 Uhr, Audimax der Hochschule nach Nordhausen.
Autor: red

Kommentare

Bisher gibt es keine Kommentare.

Kommentare sind zu diesem Artikel nicht möglich.
Es gibt kein Recht auf Veröffentlichung.
Beachten Sie, dass die Redaktion unpassende, inhaltlose oder beleidigende Kommentare entfernen kann und wird.
Anzeige symplr
Anzeige symplr