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Di, 10:00 Uhr
03.05.2016
Unterstützung für Sozialarbeiter an Petersbergschule

Und plötzlich ganz andere Probleme

Das Sozialarbeiter-Team an der Nordhäuser Petersbergschule hat Verstärkung bekommen. Katja Vopel kümmert sich jetzt als Integrationsbeauftragte vor allem um Schüler mit Migrationshintergrund und solche, deren schwierige Lebenslage sich auf einen erfolgreichen Schulabschluss behindernd auswirken kann…

Katja Vopel und ihr Kollege Dirk Seifert-Merschel im Büro der Sozialarbeiter (Foto: S. Schedwill) Katja Vopel und ihr Kollege Dirk Seifert-Merschel im Büro der Sozialarbeiter (Foto: S. Schedwill)
Katja Vopel und ihr Kollege Dirk Seifert-Merschel im Büro der Sozialarbeiter zu sehen.

Am Montagmorgen wurden drei neue Schüler an der Petersbergschule erwartet. Drei Flüchtlingskinder. „Alle drei leben in der Obergrasmühle“, weiß Katja Vopel nach einem kurzen Blick auf die Schreiben vom Schulamt. Die 26-Jährige hat die neuen Schüler in Empfang genommen, sie durch das Schulgebäude geführt und mit ihnen über die Hausregeln gesprochen. Sie hat jedem ein Hausaufgabenheft geschenkt. „Und ich zeige den Kindern auch wie man so ein Heft führt“, berichtet Vopel. So hat sie es bisher immer gehandhabt, wenn Flüchtlingskinder neu in die Petersbergschule kommen.

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Seit November vergangenen Jahres unterstützt Katja Vopel die beiden Schulsozialarbeiter Dirk Seifert-Merschel und Rüdiker Neitzke an der Bildungseinrichtung im Herzen von Nordhausen. Alle drei sind beim Jugendsozialwerk angestellt, das mit der Petersbergschule seit einigen Jahren kooperiert. Vopel arbeitet als Integrationsbeauftragte. Es ist ein gefördertes Projekt des Europäischen Sozialfonds unter dem Titel „Zur Senkung des Anteils von Schülerinnen und Schülern ohne Schulabschluss“.

Die Petersbergschule ist Stützpunktschule für Flüchtlinge in Nordhausen. Aktuell haben 72 Schüler einen Migrationshintergrund. Das sind knapp ein Drittel aller Schüler. Insgesamt lernen hier 262 Mädchen und Jungen. Nicht umsonst trägt die Bildungseinrichtung den Zusatztitel „Schule der Vielfalt“.

Die neue Integrationsbeauftragte entlastet ihre beiden Kollegen immens, deren Aufgaben mit der zunehmenden Zahl an Flüchtlingskindern bis zur Belastungsgrenze gestiegen waren. „Katja übernimmt die harten Fälle. Wir haben dadurch wieder mehr Zeit, uns um all die Schüler mit kleineren Problemen zu kümmern“, sagt Dik Seifert-Merschel. Liebeskummer, Streit unter Freundinnen, Ärger mit den Eltern, schlechte Zensuren. Um solche Dinge wird sich im Raum 205 gekümmert, dort werden die Probleme der Halbwüchsigen ernst genommen. „Außerdem haben wir jetzt auch wieder mehr Zeit für die Lehrer, die oft am Limit arbeiten“, erklärt Dirk Seifert-Merschel. Sie holen sich Tipps oder suchen oft einfach nur das Gespräch mit den Sozialarbeitern.

Doch mit den Flüchtlingskindern sind in der Petersbergschule plötzlich auch ganz andere Probleme eingezogen, um die sich die Sozialarbeiter kümmern müssen: „Viele Gespräche verlaufen sehr emotional“, berichtet Katja Vopel aus ihrer Arbeit. Sie erinnert sich an den Vater eines syrischen Schülers, der weinen musste, als sie von ihrer Flucht über das Mittelmeer berichteten. „Der Junge hat mir ein Video von seiner Heimatstadt Aleppo gezeigt, wie es dort jetzt aussieht“, erzählt die Sozialarbeiterin. Sie berichtet auch von Schülern, die plötzlich nicht mehr zur Schule kommen, weil ihre Familie abgeschoben wurde. „Im letzten halben Jahr wurden vermehrt Familien aus Albanien, Serbien und Mazedonien abgeschoben“, ergänzt ihr Kollege.

Ein solches Erlebnis traumatisiere oft die anderen Flüchtlingskinder, die mit den betroffenen Klassenkameraden in den Gemeinschaftsunterkünften leben und die Abschiebung miterlebt haben. Eine unerträgliche Situation sei eine Abschiebung auch für die deutschen Schüler in den betroffenen Klassen. „Wir erleben es häufig, dass aus dem anfänglichen Widerstand gegen die Migrantenkinder in der Klasse wenige Wochen später ein tiefer Zusammenhalt entstanden ist. Das zeigt sich in solchen Momenten sehr deutlich, wie sehr die Klasse trauert“, berichtet die 26 Jahre alte Sozialarbeiterin.

Das Sozialarbeiterteam hat die Erfahrung gemacht, dass die Flüchtlingskinder und deren Familien meist zu einem Zeitpunkt abgeschoben werden, wenn die Kinder schon recht gut integriert sind, sie die schulvorbereitenden Sprachklassen verlassen haben und Teil eines festen Klassenverbandes sind. Zwei Sprachklassen zu je 15 Schülern gibt es an der Petersbergschule. Neben Deutschunterricht, Landeskunde, Sport und gemeinsamen Kochkursen steht auch der wöchentliche Besuch der Bibliothek auf dem Stundenplan. Nur über eine Warteliste kann man in die Sprachklassen aufgenommen werden und Deutsch an der Petersbergschule lernen.

Neben der Arbeit mit den Migrantenkindern gibt es für Vopel noch mehr zu tun: Erst kürzlich hat sie in beiden fünften und beiden sechsten Klassen ein Anti-Mobbing-Projekt abgeschlossen. Derzeit plant sie gemeinsam mit der Polizei und der Suchtberatung ein gemeinsames Projekt zum Thema Drogen und Alkohol. Sie kümmert sich außerdem um die Sorgen und Nöte der Praxisklassenschüler und der 24 Schüler aus dem gemeinsamen Unterricht.

Schulschwänzer müssen sich bei ihr früh im Büro melden. Wenn es nötig ist, fährt sie auch schon einmal zu dem Schüler nach Hause und klingelt ihn aus dem Bett oder weckt ihn per Telefon. Sie arbeitet eng mit dem Jugendamt, der Polizei, dem Ordnungsamt und dem Familienzentrum zusammen. Hilfe bekommt sie auch von Dolmetschern und dem Verein Schrankenlos.
Darüber hinaus koordiniert und plant sie die neun verschiedenen kostenlosen Kurse für das offene Ganztagsangebot, die allen Schülern der Petersbergschule offen stehen. Gleiches gilt für die kostenlosen individuellen Förderstunden für die Hauptfächer, die für abschluss- und versetzungsgefährdete Schüler implementiert wurden und durch Studenten realisiert werden.
Susanne Schedwill
Autor: red

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