In Harztor stürzt man sich dieser Tage an ein Großprojekt, das verbinden soll, was offiziell schon zusammen gehört. Bis zum Sommer wollen verschiedene Vereine aus Ilfeld und Niedersachswerfen ein Theaterstück auf die Beine stellen und zwischen den Resten der alten Ilfelder Burg präsentieren. Am ersten Probewochenende hat die Idee auch schon Freunde in Nordhausen und Neustadt gefunden...


Früher war alles besser. Weiß man ja. Die Farben waren satter, die Menschen netter und der Kuchen hat auch besser geschmeckt. Davon zumindest ist der mürrische Blechrecke Ritter Rost überzeugt. Zu seinem tausendsten Geburtstag will er so garnicht feiern und auch seine Freunde Feuerdrache Koks und Burgfräulein Bö schaffen es bei aller Fröhlichkeit nicht, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.

Anders als in der schnöden Realität steht den Kinderbuchhelden aber ein Zeitreisetaxi zur Verfügung und das Trio macht sich auf, einmal in die gute alte Zeit zurückzureisen, um zu sehen wie viel schöner, besser und toller es da war. Das ist nur eine von vielen Geschichten, die in den Büchern von Jörg Hilbert und Felix Janosa erzählt werden, immer garniert mit Musik und eingängigen Liedern, die Ohrwurmqualitäten haben und eigenwilligen, fast schon surrealen Illustrationen.

Dass die wilde Mischung auch am Rande des Südharzes viele Freunde gefunden hat, davon konnte man sich heute in Ilfeld überzeugen. In der Turnhalle der Neanderklinik fanden die ersten Proben für das Musical "Ritter Rost feiert Geburtstag" statt, zu denen der Verein "Zukunft Harztor" geladen hatte. Das Besondere daran: es spielen, singen und tanzen keine "Profis", sondern Laien, große und kleine Ritterfreunde aus verschiedenen Vereinen der vor vier Jahren zusammengelegten Gemeinden Ilfeld und Niedersachswerfen.

Christina Cyrus von Zukunft Harztor und Ulrike Tuschy - eine Großaufgabe, die zusammenbringen soll (Foto: Angelo Glashagel) Geboren wurde die Idee aus Überlegungen zu einem gemeinsamen "Fest der Vereine". Dass es nun ausgerechnet ein Kinderstück um einen mürrischen Blechritter sein soll, das die unterschiedlichen Verbände und Gemeinschaften in Harztor zusammenbringen soll, das hat man unter anderem auch Ulrike Tuschy zu verdanken. Zwischen den alten Steinen der einstigen Ilfelder Burg war sie auf den Gedanken gekommen wie schön es doch wäre, hier einmal Theater zu spielen. Der Ort würde gut zum "Ritter Rost" passen, meint Frau Tuschy, "er ist ebenso unvollkommen wie unser alter Burgberg". Kennengelernt hat sie die Geschichten, wie die meisten der vorrangig erwachsenen Schauspieler, über die eigenen Kinder.

"Früher war ich textsicher", meinte denn auch Sylvia Schelenhaus, die das Burgfräulein Bö geben wird. Auf langen Autofahrten seien nicht nur ihre Kinder, sondern die ganze Familie zu Rost-Fans geworden, erzählte Frau Schelenhaus und so dürfte es einigen hier gegangen sein. Die Idee der Harztorer hat es denn auch geschafft, Freunde von "außerhalb", sprich Nordhausen und Neustadt, anzulocken. Bibliotheksleiterin Hildegard Seidel etwa hatte Anschauungsmaterial aus der Bibliothek mitgebracht und kündigte schon einmal an, das man sich im Rahmen der Dienstagsgeschichten im Mai näher mit dem Ritter und seinen Geschichten auseinandersetzen will.


Die Hauptrolle des Ritter Rost übernimmt Dirk Wackerhagen, den Feuerdrachen Koks spielt, mit viel Elan und Improvisationstalent, Nelee Boer. Die Regie übernehmen Ulrike Tuschy und Konstantin Hammer aus Detmold, der schon Erfahrung mit ähnlichen Projekten sammeln konnte und zur ersten Probe zwischen Band, Chor und Schauspielern hin und her sprang. "Insgesamt werden am Ende rund 100 Leute auf der Bühne stehen", erzählte Ulrike Tuschy, eine Großaufgabe, die Respekt einflößt. Neben den jungen und erwachsenen Schauspielern in den Hauptrollen sind Vereine dabei, die jeder für sich bis zum Mai Lieder und Tänze proben.

Bis zur Aufführung auf dem Burgberg am 11. Juni ist noch viel Zeit, das alles zusammen zu bringen. Am Ende der Geschichte, soviel darf verraten werden, erweist sich die Vergangenheit als gar nicht so berauschend wie eigentlich gedacht und die drei Freunde schaffen es zurück zur Geburtstagsparty, wo der Kuchen schon wartet. Und auch für die Laienmannschaft hieß es nach diesem ersten Marathon-Probewochenende "Torte marsch! Torte marsch!"
Angelo Glashagel