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Sa, 18:42 Uhr
21.11.2015
GEDENKFEIER FÜR DIE OPFER IM STRASSENVERKEHR

Trost in schwerer Stunde

Wir saßen am Mittagstisch, wollten anschließend in die Pflaumen. Ich sah aus dem Fenster. Zwei Polizisten näherten sich unserem Anwesen. Vielleicht wollen die zum Nachbarn, dachte ich zunächst. Sie wollten zu uns. Ihnen folgte ein Herr. An seiner Kleidung stand so etwas wie Notfallseelsorge oder Krisenintervention. Ich wurde kreidebleich. Meine Hände begannen zu zitterten...

Die  Kerzen standen für die Anzahl der Menschen, die innerhalb eines Jahres starben. (Foto: Kurt Frank) Die Kerzen standen für die Anzahl der Menschen, die innerhalb eines Jahres starben. (Foto: Kurt Frank)
Nordhausen. So schilderte heute gegenüber nnz Ricarda Rößler aus einem Dorf in der Goldenen Aue eine Situation, die sie im September 2013 erlebte. Die Beamten überbrachten ihr die traurige Nachricht, dass ihr Sohn auf der B 4 vor Sondershausen tödlich verunglückte. Er wurde nur 24 Jahre alt.

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Jochen Seliger, es war der Mann mit der Aufschrift, versuchte einfühlsam, mich aufzufangen, Trost zu spenden, mich an die Hand zu nehmen in meinem Schmerz.

Jochen Seliger ist 1. Polizeihauptkommissar und im Verein „Notfallseelsorge und Krisenintervention“ tätig. Seit Jahren ist er das. Er erlebte vielfach Trauer und Schmerz. Und doch berührt es ihn jedes Mal, wenn er eine so schreckliche Nachricht erhält. Erst dieser Tage wieder.

In einem Aue-Dorf des Landkreises starb ein dreijähriges Kind. Der Vater habe sicherheitshalber eine Vorrichtung angebracht, damit das Kind nicht aus dem Bett falle. Man wähnte es sorglos im Mittagsschlaf. Die Tragik, die sich zwischenzeitlich im Zimmer des Kindes abspielte, blieb unbemerkt. Es habe wohl, sagt Selinger, den Kopf durch das Gatter gesteckt und sich nicht mehr daraus befreien können.

Jochen Seliger von der Notfallseelsorge unterhält sich mit dem nnz-Reporter. (Foto: Frank) Jochen Seliger von der Notfallseelsorge unterhält sich mit dem nnz-Reporter. (Foto: Frank)
Wir durchlaufen zwar für unsere Tätigkeit eine theoretische Grundausbildung, klärt Jochen Seliger auf. Zudem würden Rollenspiele geübt. Um im Falle eines Falles gut gewappnet zu sein. Menschen in schweren Stunden Trost zu spenden, einfühlsam sie in den Arm zu nehmen, den Schmerz lindern zu helfen – trotz aller Übungen und Theorie falle das immer wieder schwer. Zumal, wenn es Kinder betrifft.

Heute Nachmittag erfolgte im Festsaal der Kreismusikschule in der Freiherr-vom-Stein-Straße die Gedenkfeier für die Opfer im Straßenverkehr und anderer Unglücksfälle in den Landkreisen der Polizeiinspektion Nordhausen im Zeitraum Oktober 2014 bis Oktober diesen Jahres. Unangepasste Geschwindigkeit, Alkohol- und Drogeneinfluss und das Nichtgewehren der Vorfahrt wurden als Hauptursachen von Todesfällen auf Straßen genannt.

34 Kerzen standen symbolisch für 34 Todesfälle. Unter ihnen 20 Verkehrstote. 14 weitere Menschen verloren ihr Leben teils unter tragischen Umständen. Alle wurden namentlich verlesen. Die Worte des Pfarrers Friedemann Büttner von der Frauenbergkirche wirkten umso nachhaltiger, als er auf den Tod seiner Schwester zu sprechen kam. Die Mutter, die drei Kinder hinterließ, starb 41-jährig.

Vereinsvorsitzende Michaela Knoblauch im Gespräch mit Polizeibeamten. (Foto: Kurt Frank) Vereinsvorsitzende Michaela Knoblauch im Gespräch mit Polizeibeamten. (Foto: Kurt Frank)
Der Verein „Notfallseelsorge und Krisenintervention“ sei konfessionslos, sagte Vorsitzende Michaela Knoblauch, die ihn seit Mai des Jahrs leitet, in einem Gespräch mit unserer Zeitung. Sie dankte für alle Rettungsaktionen, die zu einem guten Ende führten, wo Menschen in Not geholfen werden konnte.

Ihr Dank schloss Rettungskräfte, Polizeibeamte, Feuerwehrleute und Pfarrer ein. Nicht zuletzt den Leiter der Kreismusikschule, der es ermöglicht, die Gedenkfeier traditionell jährlich im Festsaal seiner Einrichtung, die ihr eine festliche Umrahmung gab, stattfinden zu lassen.

Ricarda Rößler, die ihren Sohn verlor, wirkt jetzt im erwähnten Verein mit. Jochen Seliger hat mir in meiner schwersten Stunde Trost gespendet, ist sie überzeugt. Dieser Trost sei seinerzeit bei ihr angekommen.
Kurt Frank
Autor: red

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