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Mo, 14:21 Uhr
02.03.2015

Alte Herren im Karate-Training

Sie sind alle schon über die 60, die älteren Herren, die sich jeden Freitagnachmittag in der Turnhalle neben dem Humboldt-Gymnasium in der Blasiistraße einfinden. Vor ihnen steht Karate-Meister Frank Pelny (6.Dan). Er gibt den Takt vor, erläutert Techniken. In Theorie und Praxis. Karate für Senioren...

Helmut Franke (links) und Neuling Gerd Knoche (Foto: Kurt Frank) Helmut Franke (links) und Neuling Gerd Knoche (Foto: Kurt Frank)
Abwehr- und Schlagtechniken üben Helmut Franke (links) und Neuling Gerd Knoche. Im Hintergrund üben Hans-Peter Mader und Paul Scheibe.

Nordhausen. Zwei Kämpfer stehen sich Auge in Auge gegenüber. Grundhaltung. Die eine Hand, zur Faust geballt, ausgestreckt, die andere, als Faust, an den Körper gezogen. Angriff, Stoß, Abwehr. Abwechselnd.

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Gerd Knoche, der ehemalige Nordbrand-Werbeleiter, der auch für die Öffentlichkeitsarbeit der Firma zuständig war, ist noch unerfahren. 68 Jahre alt. Ihm gegenüber steht Helmut Franke, sechs Jahre jünger. Der Maschinenbauer kommt aus Kelbra. Sein Weißgurt täuscht. Franke gibt sich bescheiden, ist aber schon Karate-Blaugurt-Träger. Kampfsport ist für ihn kein Buch mit sieben Siegeln mehr. Jahrelang ausgesetzt, startet er erneut.

Ex-Werbeleiter Knoche ist hingegen ein Neuling. Schon vor Jahren habe er Anlauf genommen. Doch schon beim ersten Training ereilte ihn das Unglück: Zerrung der Achillessehne. Das hielt den Pechvogel von gestern jetzt nicht von einem Neustart ab. Als Rentner suche er sich neue Herausforderungen. Die habe er hier gefunden. Tochter Stephanie motivierte den Vater zusätzlich. Sie wirkt seit über zwei Jahrzehnten im Karate-do-Kwai Nordhausen mit, errang bedeutsame sportliche Erfolge. Auch Mutter Karla ist dort Mitglied.

Wenige Meter von Franke und Knoche entfernt üben Paul Scheibe und Hans-Peter Mader. Ein ungleiches Paar. Wie David gegen Goliath. Mader, groß und kräftig, überragt seinen Gegenüber deutlich. Das bedeutet für kleinere Menschen nicht, im Ernstfall von vornherein gegen eine körperlich kompaktere Person unterlegen zu sein. Im Gegenteil. Körpermaße sind bei Karate, im Gegensatz zu anderen Sportarten, nicht entscheidend. Ob Alt oder Jung, Frau oder Mann, jeder kann die Karate-Kunst erlernen und ausüben.

Paul Scheibe, der Konstrukteur, kam vor vier Jahren von Bad Langensalza nach Nordhausen. Mit 71 derzeit der Ober-Senior. Ein erfahrener Kampfsportler. Den 2. Dan in Judo und den 1. Dan Ju-Jutsu hat er sich in einem jahrzehntelangen Training redlich erkämpft. Zwischendurch ist er zweimal in der Woche in der Saco-Gruppe (Selbstverteidigung) zu finden.

Karatemeister Frank Pelny (6.Dan) vor seinen Schützlingen  Gerd Knoche und Hans-Peter Mader (Foto: Kurt Frank) Karatemeister Frank Pelny (6.Dan) vor seinen Schützlingen Gerd Knoche und Hans-Peter Mader (Foto: Kurt Frank)
Karatemeister Frank Pelny (6.Dan) vor seinen Schützlingen Gerd Knoche und Hans-Peter Mader. Im Hintergrund Paul Scheibe, Träger des 2. Dan im Judo und des 1. Dan in Ju-Jutsu.

Ob ihn die Übungen mit den „Lehrlingen“ nicht langweilen? Ganz im Gegenteil, sagt er. Sie hielten ihn fit. Man wisse doch: Wer rastet, der rostet. Wenn da ein böser Bube meinen sollte, mit einem „Leichtgewicht“ in dunkler Nacht leichtes Spiel zu haben, ihn unter Drohungen zu bewegen, Geld rauszurücken, der hätte bei Paul ganz schlechte Karten.

Auch Hans-Peter Mader ist sportlich kein absoluter Neuling. Als 13/14-jähriger Junge habe er Judo betrieben, auch später bei der Armee. Danach war Schluss. Auch im Alter, ist der ehemalige Kundendienst-Monteur überzeugt, sollte man die Gesundheit stets im Blick haben. Karate für Senioren hält der 63-Jährige für die ideale Sportart, Kondition, Beweglichkeit und Selbstvertrauen zu fördern und zu stärken. Für ihn sei sie Balsam für Seele, Körper und Geist.

Karate, meinen Experten, erfordert keine besonderen Kräfte. Als Anfänger werden alle Techniken im erhobenen Stand ausgeführt. Die Komplexität der Bewegungen sei anfangs nicht groß und die Anforderungen an den Körper könne man individuell steuern. Erst mit der Zeit würden die Techniken schneller, der Stand tiefer, die Bewegungen komplexer, da sich die körperlichen Fähigkeiten durch das Training nachhaltig verbesserten.

Die Herren im fortgeschrittenen Alter, die sich wöchentlich einmal zum Training einfinden, sind überzeugt: Als von der Weltgesundheitsorganisation anerkannter Gesundheitssport fördert Karate mit seinen komplexen aber gelenkschonenden Bewegungsabläufen sowohl die physische als auch die psychische Fitness und eigne sich auch als Prophylaxe gegen viele altersbedingte Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Osteoporose und anderer Alterssyndrome wie die Neigung zu Stürzen. Einige Techniken finden sich auch in der Krankengymnastik wieder.

Das Training steigert sich in kleinen Schritten und stets individuell. Durch die Form des Trainings vollzieht sich ein langsamer, beständiger Muskelaufbau. Darauf bauen vor allem die Einsteiger. Die Geschwindigkeit legen die Senioren selbst fest, der Trainer hilft Grenzen zu erkennen. Karate, belegt auch eine Studie der Uni Regensburg, sei gerade für Senioren die Sportart, sich im Alter fit zu halten.

Der Autor dieses Beitrages übte sich einst selbst beim Meister in Selbstverteidigung (Saco). Er will auch wieder die Kampfszene betreten, wenn er ein derzeitiges Handicap überwinden sollte. Er kann aus Erfahrung nur bestätigen: Frank Pelny ist ein Trainer, wie man sich keinen besseren wünschen kann. Geduldig, individuelle Fähigkeiten berücksichtigend, erklärt er ein um das andere mal Techniken, führt sie anschaulich vor, bis sie jeder seiner Schützlinge auch erkannt und begriffen hat. Und stellt sich der eine oder andere auch mal wie ein „nasse Sack“ an, der Trainer findet immer ein aufmunterndes Wort und den richtigen Ton. Deshalb sind auch die alten Herren eifrig bei der Sache.

Männer und natürlich auch Frauen älterer Jahrgänge sind zum Senioren-Karate herzlich eingeladen: Jeden Freitag ab 16.15 Uhr in die Turnhalle Humboldt-Gymnasium, Blasiistraße 15/16. Nähere Informationen unter 03631/604736, E-Mail: info@karate-nordhausen.de, Website: www.karate-nordhausen.de
Kurt Frank
Autor: red

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