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Do, 06:28 Uhr
28.02.2013

Gefahr für vieles Gedruckte

In dem nnz-Artikel „Gefahr für Printmedien“ wird ausgehend von einer Veranstaltung der Zeitung „neues deutschland“ in Nordhausen über die Sorgen und Nöte im Zeitungswesen berichtet. Diese sind zweifellos sehr real, aber doch nur die Spitze des Eisberges, meint nnz-Leser Jürgen Wiethoff...


Seitens des Verfassers von „Gefahr für Printmedien“, der bekanntlich auch der Verantwortliche für die nnz ist, könnte man sich mit einem „Ätsch, ich habe es schon lange gewußt!“ gemütlich zurück lehnen. Aber man kann sowohl als langjähriger nnz-Leser als auch aufmerksamer Beobachter der Szene sicher sein, dass Peter-Stefan Greiner und seine Getreuen längst ein paar Schritte weiterdenken.

Nicht umsonst hatte ich in einem Diskussionsbeitrag bereits das e-book-freundliche Format der Nordthüringer Online-Medien gewürdigt. Alle anderen Zeitungen basteln in ihren Online-Ausgaben unentwegt an einem mehr oder weniger unbrauchbaren mobil-Format. Vergleichen Sie selbst, dann kommen Sie zur gleichen Erkenntnis.

Johannes Gutenberg gilt als Erfinder des Buchdrucks. Er wurde um 1400 geboren und hat inzwischen so viele Ehrungen erfahren, dass er dem Mainzer Karneval sicher verzeihen kann, Jahr für Jahr mit ebenso flotten wie sinnreichen Sprüchen vollkommen plagiatsfrei „zitiert“ zu werden. 1997 wurde Gutenbergs Buchdruck vom US-Magazin Time-Life zur bedeutendsten Erfindung des zweiten Jahrtausends gewählt und 1999 kürte das amerikanische A&E Network den Mainzer zum „Mann des Jahrtausends“. Dennoch: Seine Kunst wird Bestand haben – deren massenhafter Anwendung hat das letzte Stündlein geschlagen.

Bereits in „nnz-Forum: Wisch und Klick?“ (http://www.nnz-online.de/news/news_lang.php?ArtNr=122389) hatte ich das begründet. Das Bessere ist nun mal der Feind des Guten. Als Mensch, der gern liest, mag man das bedauern, aufhalten oder gar verhindern kann man die Entwicklung nicht. E-books und tablets in Buchgröße bedürfen nur noch geringfügiger Weiterentwicklungen, wie zum Beispiel längere Akkulaufzeit und normal auswechselbare Akkus.

Schüler der Unterstufe, ja, sogar „ABC-Schützen“ werden vor dem ersten Buchstaben die Bedienung eines entsprechenden Gerätes zu lernen haben. Handschrifterkennung haben die meisten Geräte dank sogenannter „Apps“ bereits heute schon. Mit ein bisschen Fantasie sehe ich vor der Klasse den LehrerIn, der mit einem Blick auf seinen/ihren Laptop auch den Streber in der letzten Reihe („Lümmel müssen vorne sitzen!“) auf saubere Handschrift kontrollieren und ggf. korrigieren kann. Noch vor Abgabe der Klassenarbeiten weiß der LehrerIn, wer von wem und wann abgeschrieben hat.

Überhaupt keine Fantasie brauche ich für strahlende Kinder-, Eltern- und Orthopädengesichter über einen samt Frühstücksbrot 3 bis 4 Pfund schweren Ranzen. Trotzdem fehlt auch bei plötzlichen Stundenplanänderungen kein einziges Buch.

Wer heute noch eine Zeitung kauft, hat entweder keinen Computer, will auch die Anzeigen lesen oder braucht Zeitungspapier. Alle anderen Gründe kann man vernachlässigen. Die Online-Ausgaben großer Tageszeitungen sind kostenlos und häufig bereits vor Drucklegung zu lesen. Werbeblocker halten die Werbeeinblendungen, mit denen man die Online-Ausgaben finanzieren will, auf Abstand. All das verschärft die Situation der Zeitungen. Auch die „Zeitung mit 4 Buchstaben und vielen bunten Bildchen“ braucht man nicht mehr durchzublättern nach dem einen Artikel, der an dem Tag einzigen Kolumne, die wirklich interessiert. Man gibt den Namen des gut beleumundeten Journalisten ein und hat das, was man lesen will, ohne auch nur einen Handgriff auf die Seiten mit der aldeka- oder lidto-Werbung zu verschwenden.

Eigentlich braucht man nur noch festzustellen und zu berechnen, was wer gelesen hat, um zur Gesundung der Branche beizutragen. Aber genau das ist ein sowohl technisches als auch rechtliches Problem. So kann im Moment noch der Verbraucher an dieser Stelle mal jubeln, aber ich fürchte, dass er nicht der ist, der auch zuletzt lacht.
Jürgen Wiethoff
Autor: red

Anmerkung der Redaktion:
Die im Forum dargestellten Äußerungen und Meinungen sind nicht unbedingt mit denen der Redaktion identisch. Für den Inhalt ist der Verfasser verantwortlich. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor.
Kommentare
Flitzpiepe
28.02.2013, 08.59 Uhr
2 Bemerkungen
zu dem guten Artikel.
Vergessen Sie wechselbare Akkus. Trotz EU-Vorschrift geht es genau in die andere Richtung. Um ein geringes Gewicht eines Gerätes zu erreichen, kann der Akku nicht wechselbar sein. Wenn der Akku schlapp macht, ist auch das Gerät bereits veraltet. Aber Laufzeiten werden sich hoffentlich noch erhöhen.

Ich sehe die Handschrift ganz verschwinden, weil sie nicht mehr notwendig ist. Schlimm, aber es ist so. Ich sehe es an mir. Das einzig Handschriftliche, was ich noch benötige, sind vielleicht noch Unterschriften.
Alles andere wird digital erfasst. Und zwar nicht über Handschriftenerkennung. Warum auch? Und weil ich kaum noch einen Stift in die Hand nehmen muss, bemerke ich bei mir bereits eine Verschlechterung des Schriftbildes, weil ich es gar nicht mehr gewöhnt bin.
Harzer_Wolf
28.02.2013, 09.51 Uhr
Gefahr für den Menschen
Sehr geehrter Herr Wiethoff, wollen wir mal hoffen, das es nicht so kommt ! Hier mal ein paar Argumente dagegen:

Bei noch mehr Bildschirmen, kleinen leuchtenden Displays usw. werden sich vorrangig die Augenärzte freuen. Eine Verschlechterung der Sehkraft durch zu langes Starren auf den PC, E-Books usw. ist wissenschaftlich erwiesen. Dann schreiben Sie, die Zeitungen stehen Online ohne Kosten im Netz. Vernachlässigen wir dann die Anschaffung der Geräte, das ständige Aufladen der Akkus usw. Oder kostet der Strom in der Zukunft nichts mehr? Und glauben Sie nicht, das die Industrie so clever ist, das bestimmte Geräte nach ein paar Jahren nicht mehr mit dem neusten Stand der Technik mithalten werden und Sie das neue Gerät kaufen müssen? Diese Erscheinungen haben wir doch heute schon. Heute gekaufte Spiele laufen schon auf Computern nicht mehr, die ein Betriebssystem aus 2011 haben. Unabhängig davon, das ich es bequemer und cooler finde eine gedruckte Zeitung beim Frühstück zu lesen, mit frisch gebrühtem Kaffee und einem leckeren Brötchen. Trotzdem finde ich es auch sehr gut, das es Medien wie die NNZ gibt.

Und noch einen Zusatz generell zum Strom. Strom wird immer teurer. Strom ist auch nicht unbegrenzt zu haben. Stromzufuhr kann unterbrochen werden. 5 Tage ohne Strom in einem Land würden dieses fast in die Steinzeit zurück bringen. Sie können kein Geld mehr abheben, sie können nicht mehr einkaufen, nicht mehr arbeiten. Sicherheitsanlagen fallen aus. Ein Szenario, das uns nach Expertenmeinung in naher Zukunft bevor steht.

Schauen Sie sich auch einmal an, was unsere Jugend in Bezug auf Grammatik und Orthografie zu bieten hat. Sie brauchen nicht weit zu schauen. Schon hier in der NNZ gibt es Kommentatoren, bei denen sträuben sich meine Haare, wenn man die Texte lesen muss. Von Beiträgen bei Facebook und Co. erwarte ich ja schon nicht mehr. Man sollte den Kindern in der Schule schon beibringen, wie man richtig schreibt. Das gehört für mich zu den menschlichen Werten. Auch das Argument mit der leichten Schultasche kann man anders sehen. Wissen Sie, wieviel man heute für eine DVD zahlt um die in der Schule zeigen zu können? Sie sind für einen 20-min Film ganz schnell mal mit 300 Euro dabei. Bei Onlinerechten verdoppelt oder verdreifacht sich das ganz schnell. Und wer soll das bezahlen?
gosalianer
28.02.2013, 12.39 Uhr
@Jürgen Wiethoff
Zweifelsohne birgt die Nutzung der digitalen Medien neue Chancen, die sich sicherlich weiterhin positiv auf den Erwerb von Information und Bildung auswirken werden. Dennoch müssen wir uns bewusst sein, dass für den Konsum digitaler Inhalte, eine entsprechende Hardware von Nöten ist. Um bspw. das Buch in der Schule zu ersetzen, muss die Technik dafür bedeutend günstiger angeboten werden. Außerdem sollte diese widerstandsfähiger sein und uneingeschränkt fehlerfrei laufen (100% bugfreie Software etc.). Hier ist die physische Informationsquelle weiterhin im Vorteil. Außerdem ist der Rohstoff für die Herstellung entsprechender Hardware endlich. Allen voran die seltenen Erden, die – wie der Name schon sagt - relativ selten vertreten sind und deren Erschließung hierzulande bisher nicht geplant ist, da der Import aus Asien, einen Abbau hier in Europa unattraktiv macht. Hinzu kommen unzählige Tonnen an Technikschrott, der nicht vollständig recycelt werden kann. Nicht zu vergessen die billige Arbeitskraft aus Asien, die nötig ist um einen E-Book-Reader, ein Tablet oder ähnliches gegenüber dem physischen Buch - preislich - attraktiv zu machen. Hinzu kommt der Aspekt, dass ein weiteres wirtschaftliches Wachstum im asiatischem Raum, gewaltige ökologische Gefahren birgt die uns alle betreffen (sollten). Wenn Sie die dies mit Ihrem Gewissen vereinbaren können und das Thema Nachhaltigkeit keine Rolle spielt, steht Ihrer digitalen Welt – vorerst – nichts im Wege.

Zu dem Thema „Gefahr für Printmedien“, bin ich der Meinung, dass hier aktuell eine Gesundschrumpfung und Marktbereinigung stattfindet. Mit Beginn des neuen Jahrtausends haben die Printmedien eine schwindelerregende Größe erreicht, dass eine Konsolidierung in diesem Markt, positiv bedingt durch die digitalen Medien, längst überfällig ist. Hier vollzieht sich etwas Ähnliches wie in der Musikindustrie Anfang des letzten Jahrzehnts.
Real Human
01.03.2013, 15.18 Uhr
„Schöne neue Cyberwelt“
Zunächst bedanke ich mich bei allen, die mit Artikeln und Kommentaren am öffentlichen Diskurs zu diesem Thema „Gefahr für Printmedien“ beigetragen haben. Es ist bis jetzt nicht unter den Top 10 der nnz zu finden. Die nnz ist ja auch eine lokale Onlinezeitung und damit eben mehr mit Themen beschäftigt, die örtliche Aufreger sind.

Es sind aber, wie wir wissen, oft gerade unmerkliche und hintergründige Veränderungen, die revolutionäre gesellschaftliche Veränderungen verursachen. Hier geht es mal wieder um etwas essenziell Menschliches, nämlich die Form, wie Menschen miteinander kommunizieren. Eigentlich um „alten Wein in neuen Schläuchen“. Aber es kommt eben nicht NUR auf den „Wein“ an, sondern auch auf die Gefäße in denen etwas aufbewahrt und transportiert wird. In diesem Fall handelt es sich um Information.

Bei uns Menschen begann die kulturelle Evolution zunächst mit einer den Tieren weit überlegenen Zeichen- und Lautsprache. Irgendwann wollte man sich gegen – auch scheinbares – Überhören und Vergessen absichern und erfand Tontäfelchen und Schriftrollen, mit denen man sich diesen allzu menschlichem Ausreden widersetzen konnte.

Jetzt wurde sehr wichtig, wer die Fähigkeit und Macht hatte solche Medien zu produzieren und das darauf Aufgezeichnete zu lesen. Wer schreiben und lesen konnte hatte langfristig mehr Einfluss auf die öffentliche Meinung als der begabteste Rhetoriker. Was z.B. Jesus wirklich gesagt hat, „wissen“ wir nur aus den schriftlichen Aufzeichnungen seiner Apostel. Jeder aber weiß, dass Papier sehr geduldig sein kann. Wer nicht einmal lesen konnte, war später auf die Lesart der Priester angewiesen und somit leicht manipulierbar.

Angefangen mit Gutenberg, wurden die Mönche als Herren über die Schriften schnell überflüssig. Jetzt kam es darauf an, wer Zugriff auf die immer moderneren Druckereien hatte. Danach spielten Telegrafenleitungen und drahtlose Sendeanlagen eine wichtige Rolle. Heute kann prinzipiell jeder mit jedem an fast jedem Ort weltweit kommunizieren.

Ja, und Verlage und Druckereien? Ob man es wahrhaben will oder nicht: Wir könnten ohne sie auskommen! Prinzipiell kann heute jeder Mensch seine eigene Webseite, seine eigenes Weblog, seine eigene Onlinezeitung und sogar seinen eigenen Onlinesender betreiben. Solche technologischen Innovationen haben und hatten für Machtstrukturen gewaltige Auswirkungen:

Ohne Internet, keine „Arabellion“, kein Wikileaks und auch kein „Zeitungssterben“. So, wie Maschinenstürmer nichts gegen Dampfmaschine und mechanischen Webstuhl ausrichten konnten, so werden heutige Meinungsmacher sich langfristig auch nicht gegen das Internet behaupten können.

Selbst wenn man die großen Provider mit ihren Serverfarmen kontrollieren wollte, pfiffige Informatiker könnten z.B. mit selbstgeschaffenen autonomen Netzwerken beachtlich dagegen kontern.

Der Bundestag hat heute ein „Leistungsschutzgesetz“ verabschiedet. Es sieht u.a. vor, dass Suchmaschinen in ihren Ergebnislisten nur noch „einzelne Wörter“ und „kleinste Textausschnitte“ lizenzfrei verwenden dürfen. (Es „google“ jeder selbst danach!)

Falls das Gesetz nach den Bundestagswahlen nicht ohnehin storniert wird, werden Abmahnanwälte sich vor Arbeitsangeboten kaum retten können, denn es wurde z.B. nicht festgelegt, was mit „kleinsten Textausschnitten“ gemeint ist. Das wird unweigerlich die junge „Intelligenzija“ gegen die Traditionalisten aller Parteien aufbringen. Auch wenn diese Bevölkerungsschicht immer eine Minderheit war, so zeigt die Geschichte (deshalb mein Exkurs am Beginn), dass sie sich nach historisch kurzer Zeit immer durchsetzt hat.

Wunschdenken wird langfristig nichts gegen die technologische Evolution/Revolution ausrichten können, trotz mancher durchaus berechtigter Bedenken. Die Cyberwelt in ihrem Lauf halten weder Lobby noch Bundestag auf!
Harzer_Wolf
04.03.2013, 11.51 Uhr
Schöne neue Cyberwelt?
Was meinen Sie denn damit, Herr Birkefeld?

Die vielen IBumms und IDumms die in China und anderen Ländern in Sklavenarbeit hergestellt werden?

Oder den Wahn, immer das neueste Teil zu haben? Bei jeder Gelegenheit, ob im Restaurant, der Straßenbahn oder im Theater up to date zu sein?

Oder die vielen Fake-Accounts bei Facebook und anderen Communitys mit denen man so schön andere Leute anonym dissen kann?

Oder diese Wunderwerke der Technik, das ein nicht Technik-geschasster Rentner nicht mal mehr eine Fahrkarte auf dem Bahnhof kaufen kann?

Die alle 6 Wochen erscheinenden neuesten Modelle, auf denen man dann komischerweise die alten Programme nicht mehr spielen kann?

Die per Knopfdruck gesteuerten Zielwaffen? Damit man Menschen von heimischen PC aus töten kann?

Unsere Jugend kann zum größten Teil kaum noch richtig schreiben, lesen oder rechnen. Was machen unsere Nachkommen, wenn mal ein paar Tage Stromausfall ist?

Ich habe definitiv nichts gegen Fortschritt. Wenn dieser Fortschritt allerdings schadhafte Züge bekommt, bin ich dagegen. Das fängt damit an, das man in dieser Stadt nicht einmal jedem eine Leitung garantieren kann, über die das Internet überhaupt normal läuft. Ich würde mir mal eine Woche Stromausfall wünschen. Eine Woche ohne Technik. Vielleicht kommen dann einige Menschen zur Besinnung?

Es wäre viel wichtiger die vorhandenen Ressourcen in andere Bereiche zu stecken. Zum Beispiel im Kampf gegen Krebs und andere heimtückische Krankheiten. Oder in den Kampf gegen Hungersnöte. In Indien, Bangladesh oder Somalia würden die Menschen bei der Wahl zwischen einem Technikgerät und einem Sack Mehl sicher das Mehl wählen. Ich finde es sogar ein Verbrechen, diesen Cyberfortschritt voran zu treiben, solange nicht jedes Kind auf dieser Welt etwas zu essen hat.
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