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Mo, 12:06 Uhr
06.10.2003

Auf's falsche Pferd gesetzt

Nordhausen(nnz). Es ist doch immer wieder etwas wunderbares zu sehen, wie sich die grüne Natur ihren Lebensraum zurückerobert. Für die Landesgartenschau im Jahr 2004 hat sich Nordhausen was ganz besonderes einfallen lassen, ein sogenanntes "Selbstsanierungsgebiet". Das könnte man jedenfalls denken, wenn man an dem Wohngebiet an der Darre vorbeifährt.


Gutsweg In seiner Freizeit widmet sich Manfred Ramthun edlen Pferden, aber in Nordhausen hatte er offensichtlich auf den falschen Gaul gesetzt. Der aus Bad Segeberg stammende Besitzer der Gebäude bot ein tolles Konzept für Sozialwohnungen, aber die Stadt teilte ihm mit, daß keine solchen Wohnungen mehr benötigt werden. Das störte den risikobereiten Unternehmer aus dem Westen offenbar nicht.

Die Wohnungsverwaltungs-
gesellschaft Gutsweg mbH kümmerte sich zumindest um die Pflege der Außenflächen sowie um kleinere Reparaturen in den noch vermieteten Wohnungen. Das reichte den Bewohnern nicht aus, eine richtige Sanierung hätte stattfinden müssen, denn die Wohnungen werden noch mit Kohleöfen beheizt, die Fenster sind undicht und in vielen Räumen bilden sich Schimmelpilze. Niemand möchte gemeinsam mit Mäusen und Ratten in einer kalten, zugigen Wohnung hausen, auch nicht, wenn die Miete gering ist. So zogen alle aus, die es sich irgendwie leisten konnten.

An eine Sanierung scheint nicht mehr zu denken zu sein, denn am 3. April diesen Jahres meldeten die Wohnungsgesellschaften des Herrn Ramthun Insolvenz an. Insolvenzverwalter wurde der Hamburger Anwalt Reinhardt Titz. Inzwischen ist auch er nicht mehr zuständig.
Das Büro der Hausverwaltung Hinter der Alten Mühle, im Frühjahr übrigens nochmal gründlich erneuert, wurde im August geschlossen. Die Mieter, welche zum Teil ihre Miete bar einzahlten, wußten nun nicht wohin damit. Wer seine Zahlungen abbuchen ließ, der bekam im August und September sein Geld zurück.

Einblick Toll, gratis wohnen, werden jetzt manche denken, aber so einfach ist das nicht. Was ist, wenn das Wasser abgestellt wird oder die Müllabfuhr nicht mehr kommt, weil keine Abgaben gezahlt wurden? Die Mieter sind irritiert, sie wollen ja zahlen, nur dürfen sie nicht. Viele wandten sich an die Stadt. Oberbürgermeisterin Barbara Rinke (SPD) bedauert die Lage der Bürger, aber machen kann sie nicht viel, da die Stadt nicht für die Grundstücke und Gebäude zuständig ist. Es ist in Arbeit ein Treuhandkonto bei der Sparkasse einzurichten, wo die Mieten eingezahlt werden können, damit wenigstens weiter Wasser fließt. Im Schreiben des Insolvenzverwalters ist nämlich bereits angemerkt, daß die Versorgung mit Wasser, Strom etc. nicht sicherzustellen sei. Aus den laufenden Mieteinnahmen könnte die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Objektes nicht erbracht werden und die Bank habe abgelehnt weitere Mittel zum Unterhalt oder der Sanierung bereitzustellen, heißt es dort.

Das unter den Mietern kursierende Gerücht, die SWG nähme die Häuser zurück, muß leider zerstreut werden. Da die Eigentumsverhältnisse nicht klar sind, geht das nicht so einfach. Die Stadtverwaltung ist mit der Situation auch nicht zufrieden, denn der Darrweg ist eine Zufahrt zur Stadt und damit zur Landesgartenschau im nächsten Jahr. Ein Demonstrationsobjekt für den Überlebenswillen der Natur sollte dieses Gebiet eigentlich nicht werden.

Ein "Selbstsanierungsgebiet" übrigens auch nicht, denn das ist ein Wohnviertel, was sich in Laufe der Zeit selbstständig und kostengünstig in eine Müllkippe umwandelt. Daß Leerstand von rund 90 Prozent für ein Gebäude nicht gut ist, das kann sich jeder denken. Und die Mieter können nur hoffen, daß es diesjahr einen milden Winter gibt, damit die Rohre nicht einfrieren.
Autor: wf

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